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»Ganz meine Meinung«, sagte unerwartet Professor Jayawardene. »Es ist unsere einzige Chance. Miss Wilkins — würden Sie mir eins von den Dingern geben?«

»Wir wollen keine Zeit mehr verschwenden«, sagte Pat laut. »Wie Sie sehen können, ist das Ganze völlig schmerzlos. In jedem Zylinder befindet sich eine Mikrospritze. Sie werden nicht einmal einen Stich fühlen.«

Sue Wilkins teilte die kleinen Röhrchen bereits aus, und mehrere Passagiere bedienten sich sofort. Dort schliefen die Schusters und der rätselhafte Mr. Radley. Also noch fünfzehn. Wer kam als Nächster?

Jetzt hatte Sue Miss Morley erreicht. Wenn sie immer noch Schwierigkeiten macht …

»Ich dachte, ich hätte klargestellt, dass ich so etwas nicht akzeptiere. Nehmen Sie es weg.«

Robert Bryan schlich sich langsam an — aber David Barrett schaffte es mit einer Bemerkung.

»Miss Morley befürchtet offensichtlich, dass Sie ihre Hilflosigkeit ausnutzen und sich ihr nähern werden, Captain«, meinte er sarkastisch.

Miss Morley konnte vor Wut nicht sprechen. Das Blut schoss ihr ins Gesicht.

»Ich bin noch nie so beleidigt worden …«, begann sie.

»Ich auch nicht, gnädiges Fräulein«, warf Pat ein und gab ihr damit den Rest. Sie begriff, dass es nur noch einen Ausweg gab. Als sie auf ihrem Platz erschlaffte, seufzte Pat erleichtert. Jetzt konnte nichts mehr schiefgehen. Dann bemerkte er, dass Mrs. Williams, deren Geburtstag erst vor wenigen Stunden gefeiert worden war, den Zylinder entsetzt anstarrte. Die arme Frau konnte offensichtlich nicht mehr. Ihr Mann schlief bereits. Ein wenig ungalant, dachte Pat, sich einfach nicht um seine Frau zu kümmern. Bevor er irgendetwas unternehmen konnte, handelte Sue.

»Entschuldigen Sie, Mrs. Williams — ich habe einen Fehler gemacht — der Zylinder ist leer. Geben Sie ihn mir bitte zurück.«

Es lief wie am Schnürchen. Sue nahm Mrs. Williams das Röhrchen aus der Hand, schien aber dabei etwas zu schwanken. Mrs. Williams spürte nichts; sie verlor das Bewusstsein.

Die Hälfte der Passagiere war bereits eingeschlafen. Im Ganzen gesehen hatte es ziemlich wenig Ärger gegeben. Commodore Hansteen war eben ein Pessimist.

Aber er musste seine Meinung sehr bald ändern. Es sah aus, als hätte der Commodore wieder einmal recht gehabt. Außer Miss Morley machte also noch jemand Schwierigkeiten.

Lawrence hatte sich mindestens zwei Jahre lang nicht mehr in einem Iglu aufgehalten. Als junger Ingenieur war er es gewohnt gewesen. Seit dieser Zeit hatten sich viele Verbesserungen durchgesetzt.

Es war eines der neuesten Modelle und konnte sechs Männer praktisch auf unbegrenzte Zeit beherbergen, solange sie mit Strom, Wasser, Nahrung und Sauerstoff versorgt waren. Alles andere lieferte der Iglu — sogar Unterhaltung, denn er besaß eine eingebaute Mikrobibliothek, die durchaus nicht als Luxus galt. Im Weltraum konnte Langeweile tödlich wirken.

Lawrence bückte sich ein wenig, als er die Luftschleuse betrat. Bei den älteren Modellen hatte man auf allen vieren hineinkriechen müssen. Er wartete, bis das Schild mit der Aufschrift »Druckausgleich« aufleuchtete, dann betrat er den halbkugelförmigen Hauptraum.

Man glaubte sich in einen Ballon versetzt; eigentlich war es auch nichts anderes. Er konnte nur einen Teil des Inneren sehen, weil man es durch verschiebbare Wände aufgeteilt hatte. Oben, drei Meter über dem Boden, befanden sich die Lampen und die Klimaanlage. An der gewölbten Wand standen Metallregale. Hinter einer anderen Wand hörte man, wie eine Liste verlesen wurde.

Lawrence ging hinüber. Dieses Abteil diente als Schlafraum. Die Doppelbetten waren nicht ganz aufgebaut. Man wollte lediglich erreichen, dass sich alles an seinem Platz befand. Nach Beendigung der Inventur sollte alles verpackt und sofort zur Unglücksstelle transportiert werden.

Als die beiden Lagerhausangestellten mit der Liste zu Ende waren, fragte Lawrence: »Ist dieser Iglu das größte verfügbare Modell?«

»Wir haben noch einen Zwölfmanniglu, aber er befindet sich in Reparatur.«

»Wie lange wird sie dauern?«

»Nur ein paar Minuten. Aber dann muss er noch zwölf Stunden lang getestet werden, bevor wir ihn ausgeben dürfen.«

»Wir können nicht warten. Führen Sie die Reparatur aus und messen Sie den Innendruck. Wenn er sich im Toleranzbereich bewegt, soll er sofort abtransportiert werden. Ich stehe dafür gerade.«

Das Risiko war gering, und es konnte durchaus sein, dass er den großen Iglu dringend brauchte. Irgendwie musste er ja einen Schutzraum für die zweiundzwanzig Männer und Frauen der Selene beschaffen. Sie konnten nicht alle Raumanzüge tragen, bis sie von der Selene nach Port Roris zurückgebracht wurden.

Sein Funkempfänger begann zu summen. Er drückte auf eine Taste und meldete sich. »Hier Lawrence.«

»Eine Nachricht von der Selene, Sir«, sagte eine Stimme. »Sehr dringend — sie sind in ernsten Schwierigkeiten.«

19

Bisher war Pat der Mann, der mit verschränkten Armen auf dem Fensterplatz 3D saß, kaum aufgefallen. Er musste scharf nachdenken, bis ihm sein Name einfiel. Wie hieß er doch gleich — Builder — nein, Baldur, Hans Baldur. Er hatte das Aussehen des typischen Touristen, mit dem es nie Ärger gab.

Aber das war ein Irrtum — er lehnte es offensichtlich ab, sich des Zylinders zu bedienen. Auf den ersten Blick schien er alles um sich her zu ignorieren, aber das Zucken eines Backenmuskels verriet seine Erregung.

»Worauf warten Sie noch, Mr. Baldur?«, fragte Pat mit erzwungener Gelassenheit. Er war sehr froh, dass er sich auf die Männer neben ihm verlassen konnte. Baldur wirkte nicht besonders stark, aber Pat war schließlich auf dem Mond geboren und hätte es nie mit ihm aufnehmen können.

Baldur schüttelte den Kopf und starrte zum Fenster hinaus, als könne er dort außer seinem Spiegelbild etwas sehen.

»Sie können mich nicht zwingen«, erklärte er.

»Ich habe gar nicht die Absicht«, erwiderte Pat. »Aber sehen Sie denn nicht ein, dass es zu Ihrem eigenen — und zum Vorteil der anderen ist? Welche Einwände könnten Sie denn haben?«

Baldur zögerte und schien nach Worten zu suchen. »Es ist — es ist gegen meine Prinzipien«, sagte er. »Jawohl, genau das. Mein Glaube erlaubt mir nicht, dass ich mich einer Injektion unterziehe.«

Pat wusste, dass es Menschen mit solchen Skrupeln gab. Aber Baldur gehörte sicherlich nicht zu ihnen. Er log. Warum?

»Darf ich mich einmischen?«, sagte eine Stimme hinter Pat.

»Selbstverständlich, Mr. Harding«, erwiderte er.

»Sie sagen, dass Sie jede Injektion ablehnen, Mr. Baldur«, fuhr Harding scharf fort. »Aber ich sehe, dass Sie nicht auf dem Mond geboren sind. Jeder Reisende hat die Quarantänestation zu passieren — wie sind Sie also hergekommen, ohne die üblichen Spritzen zu bekommen?«

»Das geht Sie gar nichts an«, fauchte Baldur.

»Richtig«, meinte Harding freundlich. »Ich möchte Ihnen ja nur behilflich sein.« Er trat zu ihm und streckte die linke Hand aus. »Könnten Sie mir mal Ihr Impfzeugnis zeigen?«

Eine reichlich seltsame Bitte, dachte Pat. Kein Mensch konnte die verschlüsselten Informationen auf einem solchen Attest lesen. Ob Baldur daran denken würde?

Aber Baldur hatte keine Zeit mehr, nachzudenken. Er starrte immer noch überrascht Hardings Hand an, als dessen anderer Arm nach vorne zuckte. Mit der Handkante traf er Baldur an der Halsschlagader.

»Das reicht mal für einige Zeit«, meinte Harding sachlich, als Baldur zusammensackte. »Könnten Sie mir eins von den Röhrchen geben? Danke.« Er presste den Zylinder gegen den Arm des Bewusstlosen. Eine zusätzliche Wirkung war jedoch nicht zu bemerken.

»Was soll denn das?«, fragte Pat erstaunt.

Harding rollte Baldurs linken Ärmel hoch. Der Unterarm war mit Hunderten von kleinen Einstichpunkten übersät. »Wissen Sie, was das ist?«, fragte er ruhig.