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»Hier Selene. Keine Veränderung.«

Das war alles. Pat Harris konnte es sich nicht leisten, seinen Atem zu verschwenden.

»Zehn Minuten«, sagte Spenser. »Man müsste sie doch schon sehen. Noch nichts auf dem Bildschirm?«

»Noch nichts«, erwiderte Jules. Er ließ die Kamera über den leeren Horizont schwenken.

»Da sind sie!«, brüllte Spenser. Er ließ das Fernglas sinken und warf einen Blick auf die Kamera. »Du bist zu weit rechts!«

Jules reagierte sofort. Auf dem Kontrollschirm zeigten sich zwei winzige, funkelnde Sterne an der Grenzlinie zwischen Meer und Weltraum.

Selbst mit der größten Brennweite der Gummilinse sahen sie klein und fern aus. Aber genauso wollte Jules sie haben. Sie mussten den Eindruck von Leere und Einsamkeit noch verstärken. Er warf einen Blick auf den großen Bildschirm der Auriga, der jetzt die Sendung der Interplanet News übernommen hatte. Jawohl, die große Schau lief.

Er griff in die Tasche, holte ein kleines Büchlein heraus und legte es auf die Kamera. Er öffnete den Umschlag und schob ihn in eine Schiene. Das Bild begann Farbe und Bewegung zu zeigen. Gleichzeitig erklärte ihm eine Stimme, dass es sich um ein Spezialprogramm der Interplanet News Agentur, Kanal 107, handele. »Wir schalten jetzt um zum Mond.«

Auf dem winzigen Schirm flimmerte das Bild, das seine Kamera aufnahm. Nein — nicht ganz. Dieses Bild hatte er schon vor zweieinhalb Sekunden aufgenommen. Es war in diesen zweieinhalb Millionen Mikrosekunden zum Sender der Auriga gelangt und von dort aus nach Lagrange II übertragen worden. Von dort aus wieder eilte es, hundertfach verstärkt, über mehrere Relaisstationen zur Erde. Hinab durch die Ionosphäre zum Interplanet-Gebäude, über die Kontrollschirme der Programmdirektoren und Bildtechniker — zurück über Lagrange II zum Mond. Zur Überbrückung der Handbreite zwischen Jules' Fernsehkamera und einem winzigen Taschenempfänger hatte dieses Bild eine Dreiviertelmillion Kilometer zurückgelegt.

Ob sich diese Mühe lohnte? Aber diese Frage hatten sich die Menschen schon seit Erfindung des Fernsehens gestellt.

21

Lawrence entdeckte die Auriga aus einer Entfernung von fünfzehn Kilometern.

Was, zum Teufel, ist denn das?, dachte er, gab sich aber sofort selbst die Antwort. Es war offensichtlich ein Raumschiff, und er glaubte sich dunkel entsinnen zu können, dass irgendeine Nachrichtenagentur einen Flug zum Gebirge gechartert hatte. Das ging ihn nichts an, obwohl er selbst einmal daran gedacht hatte, einen Teil der Ausrüstung dort landen zu lassen. Unglücklicherweise war dieser Plan undurchführbar. Eine sichere Landung in Meereshöhe schied aus. Jener Sims, auf dem Anson die Auriga abgesetzt hatte, befand sich so hoch oben, dass Lawrence nichts damit anfangen konnte.

Der Chefingenieur wusste nicht recht, was er davon halten sollte, dass jede Bewegung von den Kameras eingefangen wurde — aber er hätte nichts dagegen unternehmen können. Dann sah er aber ein, dass es vielleicht ganz nützlich war, ein Raumschiff in der Nähe zu haben. Man konnte es zur Beschaffung von Informationen verwenden und seine Dienste vielleicht auch anderweitig in Anspruch nehmen.

Wo war die Markierung? Sie musste doch längst zu sehen sein! Einen lähmenden Augenblick lang glaubte Lawrence, die Sonde sei umgefallen und im Staub versunken. Das würde sie natürlich nicht daran hindern, die Selene zu finden, aber die fünf- oder zehnminütige Verzögerung war vielleicht entscheidend.

Er seufzte erleichtert auf. Gegen den grellen Hintergrund der Berge hatte er den dünnen Stab übersehen. Sein Pilot steuerte jedoch bereits darauf zu.

Die Staubschlitten kamen zu beiden Seiten der Markierung zum Stillstand, und sofort begann sich eine rege Tätigkeit zu entfalten. Acht Gestalten in Raumanzügen luden mit großer Geschwindigkeit genau nach Plan Tonnen und große Bündel ab. Das Floß nahm mit Windeseile Gestalt an, als das Gerüst zusammengeschraubt und darüber der Fiberglasboden angebracht wurde.

Während der ganzen Geschichte der Monderoberung war noch kein Bauvorhaben mit solcher Publizität bedacht worden. Aber die acht Männer auf den Schlitten vergaßen schon nach wenigen Augenblicken, dass ihnen Millionen Menschen über die Schultern sahen. Sie wollten jetzt nur das Floß vollenden und die Montagestelle aufbauen, mit denen die Bohrer zu ihrem Ziel gelenkt werden konnten.

Mindestens alle fünf Minuten rief Lawrence die Selene, um Pat und McKenzie über den Fortschritt der Arbeiten zu informieren. Die Tatsache, dass er eine ganze Welt informierte, kam ihm gar nicht zum Bewusstsein.

Endlich, nach unglaublich kurzen zwanzig Minuten stand der Miniaturbohrturm bereit, der erste Fünfmeterschaft wie eine Harpune gezielt. Aber diese Harpune sollte Leben, nicht den Tod bringen.

»Wir kommen hinunter«, sagte Lawrence. »Der erste Schaft wird eben hinabgelassen.«

»Beeilt euch«, flüsterte Pat, »ich kann mich nicht mehr lange halten.«

Er schien sich wie in einem Nebel zu bewegen. Abgesehen von dem dumpfen Schmerz in den Lungen, spürte er keine besonderen Beschwerden — er war nur unglaublich, unvorstellbar müde. Er glich einem Roboter, einer Beschäftigung hingegeben, deren Bedeutung er längst vergessen hatte. Er hielt einen Schraubenschlüssel in der Hand. Schon vor Stunden hatte er ihn der Werkzeugkiste entnommen, weil er wusste, dass er ihn brauchen würde. Vielleicht fiel es ihm wieder ein, wenn es so weit war. Aus weiter Entfernung hörte er Gesprächsfetzen, die nicht für ihn bestimmt schienen. Man hatte vergessen, die Frequenz zu wechseln.

»Wir hätten es so einrichten sollen, dass man das Bohrstück von hier oben aus abschrauben kann. Wenn er nun so schwach ist, dass er es nicht mehr schafft?«

»Dieses Risiko mussten wir eingehen. Der Umbau hätte mindestens eine weitere Stunde erfordert. Geben Sie mir …«

Dann brach das Gespräch ab. Aber Pat hatte genug gehört. Er war wütend — so wütend jedenfalls, wie man es in seinem Zustand sein konnte. Er würde es ihnen schon zeigen — er und sein guter Freund Dr. Mc — Mc –? Er konnte sich nicht mehr an den Namen erinnern.

Er drehte sich langsam mit seinem Sessel und starrte in die Kabine. Zuerst konnte er den Physiker nicht finden; dann bemerkte er, dass der Australier neben Mrs. Williams kniete. McKenzie hielt ihr die Sauerstoffmaske vors Gesicht, ohne dahinterzukommen, dass die Oxygenflasche längst leer war.

»Wir sind schon fast unten«, tönte es aus dem Funkgerät. »Jeden Augenblick müssen wir euch erreicht haben.«

So schnell geht das?, dachte Pat. Aber natürlich, ein schweres Rohr musste ja beinahe widerstandslos durch den Staub gleiten. Wie klug er war, dass er das zu erkennen vermochte.

Peng! Auf dem Dach stieß etwas an. Aber wo?

»Ich kann euch hören«, flüsterte er. »Ihr habt uns erreicht.«

»Das wissen wir«, erwiderte die Stimme. »Es lässt sich von oben aus fühlen. Aber das Übrige ist Ihre Sache. Können Sie erkennen, wo der Bohrer ungefähr aufsitzt? Er darf nicht über den elektrischen Leitungen liegen. Wir versetzen das Bohrstück ein paarmal, damit Sie sich leichter tun.«

Pat war beleidigt. Es kam ihm ziemlich unfair vor, dass er eine so komplizierte Frage entscheiden sollte.

Das Bohrstück hämmerte ein paar Mal gegen das Dach. Er konnte die Stelle einfach nicht ausmachen. Nun ja, sie hatten nichts zu verlieren …

»Nur los«, murmelte er. »Es geht schon.« Er musste es zweimal wiederholen, bevor sie ihn verstanden.

Augenblicklich begann sich der Bohrer in die äußere Hülle hineinzufressen. Er konnte das Geräusch deutlich hören. Es erschien ihm schöner als jede Musik.

In nicht ganz einer Minute hatte das Bohreisen das erste Hindernis überwunden. Der Motor wurde abgeschaltet. Der Schaft senkte sich ein paar Zentimeter zur inneren Wandung hinab, und der Bohrer begann von neuem zu surren. Das Geräusch war jetzt wesentlich lauter, und die Stelle ließ sich genau bezeichnen. In der Mitte des Daches, ganz in der Nähe des Hauptkabels. Wenn es von dem Bohrer durchschnitten wurde …