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Langsam und unsicher stand er auf, taumelte in die Kabine hinaus. Er hatte die Stelle eben erreicht, als Staub von der Decke fiel, ein Blitz am Dach entlangzuckte — und die Lampen erloschen.

Glücklicherweise brannte die Notbeleuchtung noch. Pat brauchte ein paar Sekunden, um seine Augen an das schwache rötliche Glimmen zu gewöhnen. Dann sah er, dass eine Metallröhre durch das Dach herabglitt. Sie drang etwa einen halben Meter in die Kabine und kam dann zum Stillstand.

Im Hintergrund tönte eine Stimme aus dem Funkgerät. Sie erklärte ihm etwas, das sehr wichtig sein musste. Er versuchte sich darüber klarzuwerden, als er den Schraubenschlüssel über den Bohrkopf schob und ihn festklemmte.

»Schrauben Sie das Bohrstück erst ab, wenn wir es Ihnen sagen«, verkündete die Stimme. »Wir hatten nicht die Zeit, ein Sicherheitsventil einzubauen — die Röhre endet hier oben im Vakuum. Wir teilen Ihnen mit, sobald wir bereit sind. Ich wiederhole — schrauben Sie das Bohrstück nicht ab, bis wir es ausdrücklich genehmigen.«

Pat ärgerte sich darüber, dass ihn die Stimme störte. Er wusste genau, was er zu tun hatte. Wenn er sich mit ganzer Kraft gegen den Schraubenschlüssel stemmte — so wie jetzt — würde sich das Bohrstück lösen, und er konnte wieder atmen.

Warum rührte es sich nicht? Er versuchte es noch einmal.

»Mein Gott«, sagte die Stimme. »Aufhören! Wir sind noch nicht so weit! Ihre ganze Luft wird abgesaugt!«

Einen Augenblick, dachte Pat, ohne auf die Worte zu reagieren. Irgendetwas stimmt hier nicht. Vielleicht drehe ich in der falschen Richtung?

Es war furchtbar kompliziert. Er starrte die rechte Hand, dann die linke an. Es schien nichts zu helfen. Na ja, er würde es andersherum probieren. Vielleicht war es besser.

Würdevoll marschierte er einmal um die Röhre herum. Als er den Schraubenschlüssel von der anderen Seite her erreichte, packte er ihn mit beiden Händen, um nicht zusammenzubrechen. Einen Augenblick lang ruhte er sich aus.

»Periskop ausfahren«, murmelte er. Was sollte denn das heißen? Er wusste es nicht, aber irgendwie schienen die Worte zu passen. Er machte sich immer noch Gedanken darüber, als das Bohrstück unter seinem Gewicht nachgab. Er begann es abzuschrauben.

Fünfzehn Meter darüber waren Chefingenieur Lawrence und seine Leute einen Augenblick starr vor Entsetzen. Kein Mensch hatte an diese Möglichkeit gedacht. An hundert andere Unfälle ja, aber nicht an diesen …

»Coleman, Matsui!«, schrie Lawrence. »Sofort die Sauerstoffleitung anschließen, um Himmels willen!«

Aber er wusste, dass es schon zu spät sein würde. Bevor die Sauerstoffzuleitung funktionierte, mussten noch zwei Anschlüsse aneinandergeschraubt werden.

Pat lief im Kreis um das Rohr herum, den Schraubenschlüssel vor sich herschiebend. Das Bohrstück hatte sich bereits zwei Zentimeter weit abschrauben lassen — noch ein paar Sekunden, dann …

Ah — fast geschafft. Er hörte ein schwaches Zischen, das rasch an Lautstärke zunahm. Der Sauerstoff natürlich. In ein paar Sekunden würde er wieder atmen können, und alle Sorgen waren vorbei.

Aus dem Zischen wurde ein unheimliches Pfeifen, und zum ersten Mal begann sich Pat zu fragen, ob er wirklich alles richtig machte. Er hielt inne, starrte den Schraubenschlüssel nachdenklich an und kratzte sich am Kopf. Wenn ihm das Funkgerät jetzt Befehle erteilt hätte, wäre er folgsam gewesen, aber es schwieg.

Nun zurück an die Arbeit. Seit Jahren hatte er nicht mehr einen solchen Katzenjammer gehabt. Er stemmte sich noch einmal gegen den Schraubenschlüssel — und stürzte zu Boden, als sich das Bohrstück löste.

Im selben Augenblick begann es in der Kabine zu dröhnen, und ein orkanartiger Wind fegte alle losen Blätter umher. Ein weißlicher Kondensnebel bildete sich, als die Luft durch ihre plötzliche Ausdehnung Feuchtigkeit abgab. Pat drehte sich auf den Rücken. Der Nebel wurde so dicht, dass er kaum noch sehen konnte. Zum ersten Mal begriff er, was geschehen war.

Er musste etwas Flaches finden, das er über das Loch schieben konnte — irgendetwas, wenn es nur stark genug war.

Seine Augen wanderten hilflos hin und her. Der rötlich durchglühte Nebel wurde bereits dünner, während die Luft in das Vakuum hinausschoss. Der Lärm war ohrenbetäubend. Es schien unglaublich, dass aus einer so kleinen Röhre ein derart brüllendes Geräusch dringen konnte.

Er taumelte zwischen den bewusstlosen Passagieren hin und her, schleppte sich von Sitz zu Sitz. Er wollte die Hoffnung schon aufgeben, da — ein dickes Buch — dort auf dem Boden. So durfte man mit Büchern eigentlich nicht umgehen, dachte er, aber er war froh, dass jemand so schlampig gewesen war, sonst hätte er es nie gesehen.

Als er die Öffnung erreichte, durch die kreischend die Luft aus dem Kreuzer entwich, wurde ihm das Buch aus der Hand gerissen. Es klatschte gegen das Rohrende. Sofort erstarb das Geräusch, der Wind legte sich. Einen Augenblick lang schwankte Pat wie ein Betrunkener. Dann knickte er in den Knien ein und stürzte auf den Boden.

22

Die wirklich unvergesslichen Augenblicke im Fernsehen waren stets diejenigen, mit denen kein Mensch rechnete und auf die weder die Kameras noch die Kommentatoren vorbereitet waren. Während der letzten dreißig Minuten hatte man auf dem Floß fieberhaft, aber planvoll gearbeitet — und dann, ohne jede Warnung, brach das Unheil los.

Es schien — so unglaublich es klingen mochte –, als hätte sich ein Geiser im Meer des Durstes aufgetan. Automatisch verfolgte Jules die zu den Sternen emporstrebende Nebelsäule. Sie breitete sich wie eine seltsame, hagere Pflanze aus, ja, sie glich in ihren Umrissen jener pilzförmigen Wolke, die zum Schreckbild zweier Menschengenerationen geworden war.

Es dauerte nur ein paar Sekunden, aber Millionen erstarrten vor den Bildschirmen bei der Frage, wie eine Wasserfontäne aus diesem trockenen Meer schießen konnte. Dann fiel der Geiser in sich zusammen und erstarb, ebenso geräuschlos, wie er emporgeschossen war.

Auch die Männer auf dem Floß hörten nicht, aber sie spürten die Vibration der Luftfontäne, als sie sich bemühten, die letzte Verbindung zustande zu bringen. Es wäre ihnen früher oder später selbst dann gelungen, wenn Pat das Rohr nicht verschlossen hätte. Aber »später« wäre vielleicht zu spät gewesen. Oder hatten sie sich tatsächlich umsonst eingesetzt …

»Achtung, Selene! Achtung, Selene!«, brüllte Lawrence. »Könnt ihr mich hören?«

Keine Antwort. Der Sender des Staubkreuzers schwieg.

»Die Zuleitung ist fertig, Sir«, sagte Coleman. »Soll ich den Sauerstoffgenerator anschalten?«

Wird gar nichts nützen, dachte Lawrence, wenn es Harris gelungen ist, das verdammte Bohrstück wieder anzuschrauben. Ich kann nur hoffen, dass er irgendetwas in das Rohr gestopft hat und dass wir's hinausblasen können.

»Okay«, sagte er. »Also los — aber möglichst viel Druck dahinter.«

Mit einem Knall wurde der dicke Band »Orange und Apfel« vom Rohr fortgeblasen. Durch die Öffnung schoss der Sauerstoff in die Kabine. Er war so kalt, dass sich der Wasserdampf in Nebelwirbeln niederschlug.

Ein paar Minuten lang zeigte sich keine Wirkung. Dann begann sich Pat zu rühren. Er versuchte, aufzustehen, wurde aber von dem Gasstrahl wieder umgeblasen. Er hatte noch nicht allzu viel Kraft.

Er lag am Boden, ließ das eisige Gas über sein Gesicht fauchen und genoss die erfrischende Kühle. Ein paar Sekunden später war er wieder völlig wach. Nur die Kopfschmerzen schienen beinahe unerträglich. Er erinnerte sich an alles, was in der vergangenen halben Stunde geschehen war.

Er fiel beinahe noch einmal in Ohnmacht, als er daran dachte, wie er das Bohrstück abgeschraubt und mit dem tödlichen Geiser gekämpft hatte. Aber jetzt war nicht die Zeit, über seine Fehler nachzudenken. Jetzt kam es nur noch darauf an, dass er lebte — und mit ein bisschen Glück am Leben bleiben würde.