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Also blieb Trödler im Haus und hungerte mit den anderen. Dafür wurde er geachtet. Sicher, er war eine Außenmaus und würde es immer bleiben, doch galt er als angesehene Außenmaus, die mit den Bewohnern durch dick und dünn ging.

Während dieser finsteren Zeit mußten Trödler und Leichtfuß nicht nur für sich selbst sorgen, sondern auch die Kreatur, die sie versteckten, durchfüttern. Der Kleine Prinz war ihnen nicht sonderlich dankbar für das Futter, das sie ihm brachten, sondern beklagte sich bitter über die unzureichende Ernährung. Weder Trödler noch Leichtfuß hatten Lust, sich mit ihm zu streiten. Ihnen fehlte einfach die Kraft dazu. Leichtfuß war der Meinung, der Kleine Prinz werde sich niemals ändern, obwohl Trödler noch immer auf eine Besserung hoffte. Doch im Augenblick sah es so aus, als habe der Kleine Prinz gleich zu Beginn seinen Vorrat an Höflichkeiten erschöpft. Im Lauf der Zeit wurde er halsstarrig, gereizt und verschwendete keinen Gedanken an andere.

Manchmal erschien die Entdeckung unvermeidlich.

Einmal knabberten Leichtfuß, Trödler und er an einem Stück Holzapfel. Wie üblich beschwerte sich die weiße Maus.

»Schmeckt wie nasse Pappe. Scheußlich! Und das nach dem köstlichen Futter, an das der Kleine Prinz immer gewöhnt war. Nicht das Fleisch - der Kleine Prinz will niemanden ärgern -, aber die Leckereien und Süßigkeiten, die ich immer bekommen habe. Warum habt ihr mich gerettet? Die Stämme hätten mich besser töten sollen.«

»Das läßt sich machen«, schnappte Trödler. »Ich hole Wisperer.«

Er tat, als gehe er zum Ausgang, doch der Kleine Prinz schrie: »Ja, das würdest du tun, nicht wahr? Du hast mich immer gehaßt!« Dann heulte er: »Keiner weiß, wie unglücklich ich bin ...«

»Noch ein Wort, und du bist todunglücklich«, drohte Leichtfuß. »Komm her, Trödler. Nimm noch etwas von dem Apfel, bevor dieser Gierschlund alles weggefressen hat.«

In diesem Augenblick erschien eine Maus am Eingang. Es war Ulf, der hagere, ausgemergelte Sohn Gorms des Alten. Der Anführer der jugendlichen Rebellen ließ sich ohne Begrüßung auf der Schwelle nieder. Im Nest wurde es dämmrig, da er die Türöffnung versperrte. »Hoffentlich störe ich nicht«, sagte er mit schwacher Stimme.

Der Kleine Prinz verschmolz mit den Schatten hinten im Nest. Er war noch immer so schmutzig wie bei seiner Ankunft auf dem Dachboden und konnte sich höchstens durch seine rotgeränderten Augen verraten. Außerdem war er, wie alle an-deren, abgemagert. Seine Wangen waren eingefallen, und die Rippen stachen unter dem Fell hervor.

»Nein, nein«, erwiderte Trödler mit klopfendem Herzen. »Überhaupt nicht, Ulf. Was kann ich für dich tun?«

»Ich dachte nur, du könntest mir eventuell sagen, wo du den Holzapfel gefunden hast. Vielleicht gibt es ja noch mehr. Ich habe heute das ganze Haus nach Futter abgesucht, Drenchie auch. Wir haben nichts mehr, gar nichts mehr.«

»Natürlich. Also, wenn du dich vom Klo aus in nördlicher Richtung hältst, kommst du zur Gartenmauer. Dort ragt ein Holzapfelzweig aus dem Wäldchen nebenan herüber. Du könntest es mal am Fuß der Mauer versuchen.«

»Hallo«, rief Ulf auf einmal. »Wer hockt denn da hinten in eurem Nest? Wir kennen uns nicht, oder doch?«

Der Kleine Prinz kauerte mit gesenkter Schnauze im Schatten. Leichtfuß sagte nichts. Trödler wollte zwar sprechen, doch ihm blieben die Worte im Hals stecken. Ulf wartete anscheinend darauf, daß der Fremdling sich äußerte. Die Sekunden schlichen quälend langsam dahin. Als der Kleine Prinz die Stille nicht mehr ertragen konnte, bewegte er sich ein wenig nach vorn und richtete sich auf. Trödler schluckte hart und schloß die Augen.

Dann hörte er die unverständlichen Worte: »Konichi wa! Go-schiso-sama deshta, totemo oish-kat-ta dess. Chiz-keki, mmmmmm!«

»Wie bitte?« fragte Ulf blinzelnd.

»Hajime-mashte, dozo yoroshku!« brüllte der Kleine Prinz und fügte ein Kichern hinzu, als habe Ulf einen guten Witz erzählt.

Der 13-K-Chef runzelte die Stirn und wandte sich an Trödler. »Wer ist das denn? Wovon redet er? Das ist doch die Sprache der Hunde und Füchse.«

»Hm, ja«, murmelte Trödler. »Er wirkte so verloren, also haben wir ihn mitgenommen. Ich - hm - habe ihn im Garten ge-funden. Soweit ich ihn verstehen konnte, wurde er - hm -steckte er in einer dieser Kisten, in der die Nacktlinge die Möbel weggebracht haben. Muß eine exotische Kiste gewesen sein! Der arme Kerl spricht nicht eine Silbe der Nagetiersprache. Kommt wohl daher, vermute ich, daß er einige seltsame Bücher gefressen hat.«

Ulf spähte in das dämmrige Nest. »Müssen wirklich seltsam gewesen sein, wenn er darüber seine Muttersprache vergessen hat.«

»Ja«, erwiderte Trödler, der allmählich Gefallen an der Geschichte fand. »Trägt sogar einen Hundenamen, Eh-he. So nennt er sich selbst.«

Ulf wandte sich dem Kleinen Prinzen zu. »Hm - sugoi!« Dann sagte er zu Trödler: »Ist das einzige Hundewort, das ich kenne. Heißt so viel wie >herzlich willkommene.«

»At-chi e it-te, Shukurim«, jubelte der Kleine Prinz.

Ulf starrte die Maus weiter an. »Sieht komisch aus, oder nicht? Was ist mit seinem Fell passiert?«

»Er hat - äh - Skorbut«, erklärte Trödler. »Aufgrund des Mangels an Gemüse und Obst in der Kiste. Dabei entfärbt sich das Fell.«

Ulf schien das Nest nur ungern zu verlassen. »Na ja, ich muß wieder los. Vielleicht finde ich einen Holzapfel, bevor ich auch Skorbut kriege. Bis später.«

»Sajonara!« flötete der Kleine Prinz.

Als Ulf verschwunden war, drehte sich Leichtfuß zu den beiden Männchen um. »Klasse! Ihr habt eine Geschichte erfunden, die innerhalb der nächsten Stunde im ganzen Haus die Runde machen wird. Seid ihr von allen guten Geistern verlassen? Konntet ihr euch nicht wenigstens etwas Einfaches ausdenken, bei dem sich alle zu Tode langweilen? Statt dessen haben wir jetzt die exotischste Geschichte, seit eine Wassermaus aus dem Brunnen draußen auftauchte und uns weismachen wollte, sie sei ein Zwerg-Nutria.« »Sei nicht böse auf den Kleinen Prinzen - er ist in Panik geraten«, bat die weiße Maus.

»Was sollte das Kauderwelsch eigentlich heißen?« erkundigte sich Trödler. »War es wirklich Hundesprache?«

»Ich habe es von Hirnlos gelernt«, erwiderte der Kleine Prinz stolz. »Bevor er dann senil wurde. Als Ulf mich begrüßte, habe ich >Hau ab, du Windbeutel< gesagt.«

»Tatsächlich?« rief Trödler erfreut.

»Ja.«

Leichtfuß unterbrach ihre Unterhaltung. »Du sagst, du hättest Hirnlos gekannt, als er noch nicht senil war. Wie alt bist du denn?«

»Der Kleine Prinz ist eintausendundfünfundzwanzig Nächte alt.«

»Über tausend Nächte? Das kann nicht sein«, meinte Trödler fassungslos. »Mäuse leben nur fünfhundert, höchstens sechshundert Nächte. Du siehst nicht einmal so alt aus.«

»Zahme Mäuse leben länger als wilde«, entgegnete der Kleine Prinz voller Stolz. »Ihr wilden Kreaturen sterbt wie die Fliegen. Es gibt zahme Mäuse, die zweitausendfünfhundert Nächte alt geworden sind. Schaut euch nur Ulug Beg an ...«

»Ulug Beg ist eine zahme Maus?« stieß Leichtfuß verwundert hervor.

»Ulug Beg ist meine Mutter«, sagte der Kleine Prinz leise.