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»Sie riecht nach Kaninchen«, flüsterte einer der Bewohner. »So hungrig kann sie also nicht sein.«

»Sie denkt bestimmt, ein Häppchen Maus als Nachtisch kann nicht schaden«, stöhnte Frych.

Da die Füchsin witterte, daß ihre Beute ganz nah war, grub sie mit wachsender Begeisterung weiter.

Plötzlich schrie eine Maus etwas zu ihr hinaus: »Donata o oyobi dess ka?«

Die Füchsin hielt inne. Sie schien völlig verblüfft angesichts dieser unterirdischen Stimme, die ihre eigene Sprache beherrschte. »Donata-sama dess ka?« antwortete sie.

Auch die Bewohner der Löcher waren äußerst erstaunt, daß sich einer dieser Neuankömmlinge mit einer Füchsin unterhielt. Wie war er bloß nahe genug an diese schrecklichen Wesen herangekommen, um ihre Sprache zu erlernen? Sie waren erleichtert, daß die sich nicht auf einen Kampf mit diesen Eindringlingen eingelassen hatten. Die Fremdlinge durfte man offensichtlich nicht unterschätzen.

»Was hast du zu ihr gesagt?« wollte Trödler vom Kleinen Prinzen wissen.

»Ich habe gefragt, mit wem sie sprechen möchte.«

»Und was hat sie gesagt?«

»Sie wollte wissen, wer da in der Sprache der Hundeartigen mit ihr spricht.«

»Frage sie noch einmal, mit wem sie sprechen möchte.«

Der Kleine Prinz wiederholte seine Frage, und die Füchsin nannte daraufhin den Namen eines Freundes.

»Tut mir leid.« Der Kleine Prinz wagte sich bis zum Eingang vor, so daß ihn die Füchsin sehen konnte. »Dein Freund ist gerade nicht da. Moshi-wake gozai-asen ga gai-shuts chu dess. Ashta mo ichido odenwas itadake-masen ka. Komm morgen wieder.«

Die Füchsin stieß ein langgezogenes Bellen aus. »Du bist eine sehr komische Maus. Sehr komisch!« sagte sie dann. »Ich denke, ich lasse dich leben, ich bin nicht sehr hungrig. Ich komme morgen wieder. Ich mag Mäusegeschmack.«

»Das ging mir einmal genauso«, murmelte der Kleine Prinz, »aber ich habe es seither oft bereut.«

Es war kaum zu glauben, doch die Füchsin verzog sich.

Eine Welle der Erleichterung schwappte durchs Labyrinth. Trödler spürte förmlich, wie sich die Spannung löste. Offensichtlich hatte die Füchsin genug gefressen und wollte sich für ein paar Brocken Maus nicht die Pfoten schmutzig machen.

Trödler wandte sich an die Bewohner. »Ich schlage vor, ihr sucht euch morgen eine neue Bleibe. Sie wird euch sicher noch einen weiteren Besuch abstatten.«

»Vielen Dank auch!« brummte einer der Gastgeber sarkastisch. »Wie schön, daß ihr sie angelockt habt. Kommt doch noch mal auf ein Schwätzchen vorbei.«

Trödler entschuldigte sich und beorderte seine Kolonne aus den Löchern. Er war bestrebt, diesen Wald endlich hinter sich zu lassen. Draußen sprach er den Kleinen Prinzen an. »Ich habe gehört, was du da drinnen gesagt hast - von wegen bereuen. Meinst du das ehrlich? Tut es dir aufrichtig leid?«

»Ich hoffe, niemand außer dir hat es gehört. Ja, ich fühle mich jetzt gut und bin froh darüber. Du hast mir klargemacht, daß ich auch noch eine andere Seite habe. Ich verabscheue mein früheres Selbst, finde es abstoßend. Ich weiß zwar, daß ich niemals eine so gute Maus wie du werden kann, aber ich werde mein Bestes geben.«

Trödler schaute den Kleinen Prinzen an und fragte sich, ob das alles der Wahrheit entsprach. Das Gesicht des anderen schien wirkliche Scham auszudrücken, und in den Augen lag echte Reue.

»Ich glaube nicht, daß ich eine gute Maus bin, freue mich aber über deinen Sinneswandel«, meinte Trödler. »Das tröstet mich mehr als ein ganzer Haufen Tugendmäuse.«

Eine Stunde später erreichten sie den Waldrand und wanderten einen Abhang hinunter. Am Ende der Wiese, die vor ihnen lag, entdeckte Trödler eine Hecke. Instinktiv wußte er, daß sie dort ihr Nachtlager aufschlagen konnten. Sie mußten einfach wieder richtig schlafen. Der Weg zum Gelobten Haus war weit. Trödler wußte selbst nicht, wo genau sie es finden würden, doch die Stimmen der Vorfahren trieben ihn voran. Sie dienten ihm als einziger Wegweiser.

Zum Glück war die Wiese im Herbst gemäht worden. Viele Tierpfade schlängelten sich durch das kurzgeschnittene Gras. Die Mäuse marschierten einfach hindurch, setzten Pfote vor Pfote, viel zu müde, um die herrliche, freie Natur zu genießen. Fast glaubten sie, die Stimme des naturliebenden Stone zu hören, der seine Litanei über die Rückkehr zu den Wurzeln herunterbetete. Die Muskeln schmerzten die Mäuse unerträglich, ihre Beine fühlten sich bleischwer und watteweich zugleich an, die Schwänze ließen sie achtlos über den Boden schleifen. Manche konnten kaum noch die Augen offenhalten und verließen sich auf ihre Vorderleute, die den Weg finden sollten, und auf die Mäuse hinter ihnen, die ihnen dann und wann einen Schubs versetzten. Gerüchte kursierten, nach denen die Ver-treibung der Nacktlinge vielleicht nur ein Traum gewesen war.

Der Himmel bewölkte sich, die Sterne verschwanden. Als sie die Wiese zur Hälfte durchquert hatten, begann es zu regnen. Es war ein eisiger Graupelschauer, der auf ihre Felle trommelte.

Obwohl Trödler nicht mitten auf der Wiese anhalten wollte, da sie ihnen keinen Schutz vor Räubern bot, erkannte er, daß seine Mäuse dringend einen Unterschlupf benötigten. »Sucht euch irgendeine Deckung«, sagte er. »Sobald es zu regnen aufhört, marschieren wir weiter.«

Sie fanden Ampfer und andere großblättrige Pflanzen, die sie vor dem Regen schützten. Einige fragten, ob hier vielleicht auch Rhabarber mit seinen dicken, riesigen Schirmblättern wachse, aber Trödler erklärte ihnen, daß Rhabarber nicht auf Wiesen vorkomme.

»Wieso nicht?« wollte Gruffydd Grünzahn wissen. »Draußen vor dem Haus gab es Rhabarber.«

»Ich habe ihn bisher nur in Hausgärten gesehen«, antwortete Trödler. »Vielleicht findet ihr Hirschzunge oder Braunwurz, die erfüllen auch ihren Zweck.«

»Werde ich wohl kaum finden, wenn ich nicht weiß, wie sie aussehen«, meckerte Gruffydd. »Hätte ich bloß ein Buch über breitblättrige Pflanzen gefressen, bevor ich die Bibliothek verließ!«

Früher hatten sie den Regen nur gehört, wenn er auf das Dach des Hauses trommelte. Sie wußten zwar, daß er naß war, aber die Dachziegel hatten sie davor geschützt. Das Geräusch wirkte damals beinahe tröstlich. Nun lernten sie die andere Seite des Regens kennen. Sie wunderten sich über die donnernden Laute, mit denen das Wasser auf die Blätter prasselte und sie herabdrückte. Manche Blätter trugen an der Unterseite kleine Stacheln, Haken oder Haare, die die Haut reizten. Wer sich deswegen aus dem Schutz der Pflanze wagte, wurde von den harten Regentropfen getroffen.

Der Wolkenbruch dauerte eine halbe Stunde, die den heimatlosen Mäusen wie eine Ewigkeit erschien.

Trödler rief wieder: »Marschieren!«

»Oder sterben!« fügte Gunhild grimmig hinzu.

Die lange Wanderung wurde fortgesetzt. Plötzlich stieß Thorkils Dreibein einen Schrei aus.

»Der Kleine Prinz! Der Kleine Prinz ist mitten unter uns! Er hat sich unter dem Namen Eh-he eingeschlichen!«

Die ganze Kolonne hielt an und versammelte sich um die zitternde weiße Maus, »Es war der Regen, meine Lieben. Er hat den Schmutz von eurem süßen Kleinen Prinzen gewaschen. Keine Sorge, ich tue euch nichts. Ich bin jetzt ein gutes Mäuschen, nicht wahr, Trödler? Trödler, wo bist du?«

Der Anführer war schon unterwegs, um zu verhindern, daß der Kleine Prinz überwältigt und totgebissen wurde.

Gorm der Alte schrie: »Du willst uns nichts tun? Natürlich nicht! Ich habe das Recht auf den ersten Biß in diese Kreatur!«

»Ich auf den zweiten!« rief Furz.

»Wie ungezogen«, flüsterte der Kleine Prinz. »Aber was sein muß, muß sein. Hier ist meine Kehle. Zerreißt sie.«

Gorm nahm die Einladung sofort an und trat vor.

»Warte! Halt!« rief Trödler und drängte sich durch die Menge. Als er neben dem Kleinen Prinzen stand, sagte er: »Diese Maus hat uns soeben aus der Patsche geholfen. Ohne sie hätte uns die Füchsin gefressen. Wollt ihr jemand töten, der euch das Leben gerettet hat?«