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»Katzen spielen auch mit Mäusen«, meinte Trödler. »Das habe ich im Graben an der Hecke erlebt.«

»Klar«, gab Furz zu, »aber sie sind nicht so hinterhältig wie dieser kleine Nacktling. Der ist echt clever. Unheimlich schlau. Verschlagen, gemein und zehnmal klüger als jede Katze.«

Trödler kam zu der Ansicht, daß die beiden Stinkmorcheln vermutlich übertrieben, um ihn zu beeindrucken. Was zählte, war, daß er nun das Funktionieren der Hauslichter durchschaute. Sie gingen ohne Vorwarnung an und aus, doch manchmal konnte man das durch Beobachtung der Nacktlinge vorhersagen. Bisher war er noch keinem begegnet. Er wartete mit Spannung darauf, denn sie schienen keinem ihm bekannten Tier zu gleichen. Sie standen die ganze Zeit in Nase-HochPosition und senkten die Nase nur zum Schlafen. Von Tinker hatte er erfahren, daß sie beim Schlafen ihre großen, plumpen Körper ausstreckten und dafür mehr Platz benötigten als ein Dutzend Katzen.

»Ich möchte eines dieser Wesen sehen«, erklärte er dem versammelten Stinkmorchel-Stamm. »Könntet ihr eine Besichtigung arrangieren?«

»Klaro, Meister«, antwortete Furz nach einem langen Blick auf Fusel. »Kommt bloß drauf an, was du für unsere Speisekammer spendest.«

»Wie soll das gehen? Soll ich etwa im Haus Futter beschaffen und es euch bringen?«

»So in der Richtung«, sagte Furz. »Obwohl ich mir bei dem Wort beschaffen nicht so sicher bin. Würde es um Futter kämpfen nennen. Was meinst du, Fusel?«

»Kämpfen«, bestätigte dieser.

»Ich soll um Futter kämpfen? Mit wem denn?«

Furz richtete sich auf und kratzte sich den flohgeplagten Bauch. »Mal sehen. Du könntest beim Buchfresser-Stamm anfangen - aber die haben keinen Käse, vergiß es. Sind die Schwächsten.«

»Nach uns«, unterbrach ihn Fusel stolz, wurde aber von seinem Anführer mit einem tadelnden Blick bedacht.

»Dann sind da noch die Unsichtbaren. Ist aber ein weiter Weg zum Dachboden hoch. Haben im übrigen auch keinen Käse. Könntest es mal bei den 13-K probieren.«

»Von denen habe ich bereits gehört«, erklärte Trödler.

»Dann ist da noch der Stamm der Wilden. An die würde ich mich nicht wagen, außer du kannst eine Katze töten. Eine Katze töten ist leichter als einen Zusammenstoß mit den Wilden überleben, ehrlich. Gorm würde dein Herz rausreißen und es an seine Jungen verfüttern.«

»Warum nennt man sie die Wilden?« fragte Trödler. »Ich weiß, sie sind wild, aber was ist der Grund dafür?«

»Sie haben viel zu beschützen«, seufzte Furz. »Haben die himmlische Speisekammer auf ihrem Gebiet. Das ist ein Raum, der immer voll ist und mit Käse drin. Wird niemals alle. Es ist wie - ich weiß nicht. Für einen wie dich ist es wie eine Ernte, die das ganze Jahr dauert.« Er rückte näher an Trödler heran und blies ihm wieder seinen stinkenden Atem ins Gesicht. »Solltest dich besser von den Wilden fernhalten, Meister. Im Wohnzimmer gibt's manchmal ein nettes Stück Kuchen oder Brot, sogar Käse und Keks, oder in der Bibliothek, wenn ein Nacktling drin war.«

»Da wir gerade von Futter sprechen«, Trödler schaute sich um, »gibt es hier etwas zu essen?«

Furz trat schnell einen Schritt zurück. »Ach so, jetzt willst du unser Essen? Wußte doch, daß du ein Schnorrer bist. Kommst rein, säufst unseren Stoff, und jetzt noch Futter? He, Fusel!«

»Verdammter Schnorrer«, bestätigte der treue Gefolgsmann.

Trödler schüttelte sich. Er hatte es satt, mit diesen verachtenswerten Kreaturen zu sprechen, und beschloß, sich selbst auf die Suche nach Futter zu machen. Irgendwo im Keller mußte es etwas zu fressen geben, und wenn es nur ein paar Samenkörner waren. Er schnüffelte den Boden ab, bis er etwas halbwegs Vielversprechendes aufgestöbert hatte. Er folgte dem Geruch und stieß auf einen geplatzten Kartoffelsack, der in einer Ecke lag. Damit konnte er als Landmäuserich gut leben.

Er fraß sich satt. Danach fühlte sich sein Magen schon viel besser an. Als er zu den Kellermäusen zurückkehrte, sahen sie ihn anklagend an.

»Schämst du dich nicht, unser Futter zu stehlen?« fragte Furz.

»Wovon redet ihr überhaupt? Von diesen Kartoffeln kann eine ganze Armee von Feldmäusen monatelang leben. Ihr werdet das bißchen gar nicht vermissen. Bei mir zu Hause gehört einem das Futter übrigens erst dann, wenn man es in den Pfoten hält. Wer zuerst kommt, frißt zuerst.«

»Hier unten ist es aber anders«, erwiderte Furz. »Wirst du bald merken. Hier unten gehört das Futter dem Stamm, in dessen Gebiet es liegt. Hier ist Stinkmorchel-Gebiet, und du hast unser Futter gefressen.«

»Nimm es zurück oder bestrafe mich dafür.« Trödler war dieses ganze Besitzergetue allmählich leid.

»Wir könnten ihn zur Stinkmorchel ernennen«, schlug Fusel vor. »Dann wär's doch legal, oder nicht?«

»Ich will aber keine Stinkmorchel sein!« entgegnete Trödler nachdrücklich. »Lieber werfe ich mich vor einen Fuchs, als eine vergammelte Stinkmorchel zu werden.«

In diesem Augenblick ertönte aus dem Nebenraum ein Donnern. Trödler sprang vor Schreck in die Luft. Der schreckliche Lärm hielt ein paar Sekunden an. Unter der Tür zum Nebenraum quollen schwarze Rauchwolken hervor.

Trödler zitterte. Sein Herz klopfte bis zum Hals. Seine Beine zuckten unentschlossen.

Furz und Fusel standen vor ihm und betrachteten in aller Ruhe seine nervösen Zuckungen.

»Mannomann, schau ihn dir an«, kicherte Fusel. »Macht jeden Augenblick auf den Boden.«

Trödler zwinkerte hilflos. Was war hier los? Plötzlich ertönte wieder der Donner, noch lauter als zuvor.

»He, he!« lachte Furz. »Nächstes Mal trifft er die Decke.«

Das Donnern verklang, die schwarzen Wolken drangen wieder unter der Tür hindurch.

»Was ist das?« kreischte Trödler.

Furz grinste. »Kohle, rutscht über die Schütte nebenan. Die Nacktlinge füllen den Kohlenkeller für den nächsten Winter. Angst gehabt, Meister?«

»Und ich dachte, er wär' ein harter Bursche, nicht wahr, Furz?« grinste Fusel. »Dachte, mit ihm wäre nicht zu spaßen. Und jetzt hat er Angst vor ein bißchen Kohle ...«

Trödler machte einen Schritt auf die beiden Mäuse zu, die daraufhin die Flucht ergriffen. Er jagte sie durch den Keller und die Treppe hinauf. Auf halbem Weg öffnete sich die Tür, und das Licht ging an. Trödler sah, wie zwei ungeheuer große Füße die Stufen herunterkamen. Er schaute nicht hoch, sondern rannte immer weiter, überholte die beiden Mäuse und schoß zur Tür hinaus.

Im nächsten Augenblick fiel die Tür hinter ihnen zu. Sie befanden sich nun in einem langen Raum mit glattpoliertem Boden, auf dem ihre Krallen ständig abrutschten. Anstatt die anderen zu jagen, lief Trödler hinter ihnen her, alle drei auf der Suche nach einer dunklen Ecke. Schließlich drängten sie sich in den Schatten der Fußleiste. Trödler überwand seine Abneigung und preßte sich an ihr verlaustes Fell.

Die drei Mäuse japsten nach Luft. Am schlimmsten erging es den Stinkmorcheln, denen die Augen beinahe aus dem Kopf quollen und deren Lungen kurz vor dem Zerplatzen standen.

Als sie wieder zu Atem gekommen waren, sagte Fusel zu Trödler: »Wirklich toll. Jetzt hängen wir hier in der Halle rum, und das Gwenllian-Loch ist meilenweit entfernt.« Er starrte ihn wütend an. »Jeden Augenblick kann die Katze um die Ecke kommen oder ein Haufen Wilder oder der verdammte Kopfjäger mit einer seiner teuflischen Fallen. Das haben wir nur dir zu verdanken, Vollidiot.«

Cheddar

In der Fußleiste hinter der Garderobe befand sich das Rajang-Loch, das nach seinem Erbauer Rajang dem Friedvollen, einem längst verstorbenen spirituellen Krieger des TotenkopfStamms, benannt war. Das Rajang-Loch - und einige weitere Löcher - kannten nur die Totenköpfe. Es war so geschickt zwischen Licht und Schatten angelegt, daß man es von keiner Seite der Garderobe aus erkennen konnte. Um es zu entdecken, mußte eine Maus schon unmittelbar davor stehen. Seine genaue Lage kennzeichnete eine getarnte Kerbe in der unteren Zierleiste am Rande der Tapete. Aus dem Loch, das nicht mehr war als ein Schlupfwinkel in der Täfelung, tauchte eine Maus namens Skrang auf. Sie gehörte zu den Totenköpfen und war Anhängerin der Lehre von Unn, einem Gelbhals, und hingebungsvolle Beschützerin von I-kucheng, dem ältesten Totenkopf. Jede richterliche Entscheidung befriedigt eine Partei gewöhnlich mehr als die andere. I-kucheng jedoch hatte durch seine Urteilssprüche so viele Mäuse gegen sich aufgebracht, daß er zur Zielscheibe zahlreicher Attentatsversuche wurde. Skrang hatte ihm oftmals, und ohne daß er es wußte, das Leben gerettet.