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Armes Ding! Sie wollte noch mehr sagen, doch ihre Gefühle waren stärker als sie, und ihre Stimme brach in einem Seufzer. Und dabei schaute sie immer Walter an, nur Walter.

Er schien eine tödliche Wunde empfangen zu haben und wußte es nur noch nicht, daß er jetzt umfallen sollte. Emersons Gesicht war ausdruckslos wie der Fels hinter ihm. Aber nun wurde Walter plötzlich lebendig, und er fiel vor Evelyn auf die Knie.

»Sie sind das edelste Mädchen der Welt, das mutigste und schönste!« rief er. »Aber mein liebes, mein süßestes Mädchen, halten Sie so wenig von mir, daß Sie glauben, ich könnte Ihre tragische Geschichte nicht verstehen?« fragte er voll zärtlichen Vorwurfes. »Sie hätten mir doch vertrauen dürfen .«

Sie schaute ihn ungläubig an, dann seufzte sie, schloß die Augen und ließ ihren goldenen Kopf an seine Brust fallen. Walter drückte Evelyn fest an sich, und ich wischte mir die Tränen nicht ab, die mir über die Wangen liefen.

»Gott sei Dank, das wäre also erledigt«, meinte Emerson erleichtert. »Lange genug hat's gedauert. Komm, Walter, küß deine Braut, dann kehren wir ins Lager zurück. Ich bin halb verhungert und will essen.«

»Niemand wird Sie je der Sentimentalität beschuldigen«, hielt ich ihm zornig vor. »Wollen Sie etwa behaupten, daß Sie bereit sind, Ihren Bruder an ein armes Mädchen wegzuwerfen?«

»Nicht nur arm, nein, sogar ruiniert«, erwiderte Emerson fröhlich. »Aber wieso eigentlich ruiniert? Sie scheint in jeder Beziehung noch wie neu zu sein. Eine tüchtige Künstlerin ist eine wertvolle Ergänzung unserer Mannschaft. Ein Gehalt kann ich ihr allerdings nicht bezahlen. Stellen Sie sich doch vor, was ich damit spare!«

Ich erschrak, als ich Lucas' Stimme hinter mir hörte. »Emerson, das können Sie doch nicht auch noch unterstützen. Das meinen Sie doch gar nicht so.«

»Oh, Eure Lordschaft scheinen meinen Charakter miß-zuverstehen«, erwiderte Emerson samtglatt. »Wer bin ich, daß ich mich wahrer Liebe in den Weg stellen dürfte? Ich denke, das ist ganz ausgezeichnet für uns alle. Meinen Sie das nicht auch?«

»Vielleicht haben Sie recht«, antwortete Lucas nach einigem Zögern, und ich mußte ihn dafür bewundern. »Vielleicht war es so bestimmt.«

»Sehen Sie, jetzt benehmen Sie sich wie ein wahrer britischer Edelmann«, lobte ihn Emerson. »Wollen Sie Kohlen auf die Häupter der Verlobten sammeln, indem Sie uns helfen, einen Toast auf sie auszubringen? Komm, Walter, wach auf! Walter! Walterchen!«

Wie in Ekstase lief er gehorsam hinter seinem Bruder drein, und Evelyn konnte ihren verzückten Blick nicht von Walter lösen.

»Na, so edel bin ich auch wieder nicht«, meinte Lucas und lächelte dazu. »Entschuldige mich, Evelyn. Ich möchte ein bißchen allein sein.«

»Gott sei Dank«, sagte ich aus tiefstem Herzen, als er verschwunden war.

11. Kapitel

Später machte ich mir doch Sorgen um ihn. Walter und Evelyn waren in ihr Glück versunken, so daß Emerson und ich die ganze Unterhaltung allein bestreiten mußten.

»Peabody«, sagte Emerson schließlich, »ich glaube, von dem Lord haben wir zum letztenmal etwas gesehen. Hoffentlich. Allerdings meine ich, auch die Mumie war zum letztenmal da. Nein, Gefahr besteht keine mehr.«

»Unsinn«, erwiderte ich gereizt. »Lucas kann die Mumie gar nicht gewesen sein. Ich habe die beiden wiederholt zusammen gesehen.«

»Nun, vielleicht irre ich mich« - sein Ton bestritt diese Möglichkeit ganz entschieden -, »und es gibt wirklich ein Grab in den Hügeln, das die Dorfbewohner plündern wollen. Aber, Peabody, dieser Plan stammt nicht von einem Ägypter. Nur ein Europäer oder ein Engländer, höchstens noch ein Amerikaner könnte sich so etwas ausgedacht haben, denn die haben ihre skrupellosen Sammler. Und es gibt genug gewissenlose Kollegen, die alles tun würden, um ein solches Grab zu finden. Ich habe die Konzession in Amarna, die mir nicht einmal Maspero wegnehmen könnte. Nicht, daß Maspero .«

»Das ist eine absurde Idee!«

»Und die Alternative? Ich habe keine Feinde.«

»Ha!«

»Nun, ein paar Individuen mögen mich kritisieren. Ja, ein paar. Vielleicht sogar mehrere. Aber es sind pro-fessionelle, keine persönlichen Feinde. Walter hat überhaupt keine Feinde. Sein Charakter ist viel zu gut dafür. Sind Sie sicher, daß Sie nicht von sitzengelassenen Liebhabern verfolgt werden?«

Diese Frage konnte ich keiner Antwort würdigen.

»Dann muß es wohl Miß Evelyn sein, die zu solchen Aktivitäten herausfordert. Dann dürften die Ereignisse des heutigen Abends die Frage geklärt haben. Der Lord ist verschwunden ...«

Ich erkannte den Schritt von Lucas, der sich uns näherte.

»Lucas, ich bin sehr erleichtert, Sie zu sehen, denn ich machte mir Sorgen«, erklärte ich ihm voll ungewohnter Herzlichkeit.

»Ach, wie freundlich von Ihnen«, antwortete er und spähte in den Schatten, wo Evelyn und Walter saßen, die ihn nicht zu sehen schienen. »Ich hatte das Bedürfnis, allein zu sein und zu laufen, und das habe ich getan. Sie glaubten doch hoffentlich nicht, daß ich Sie verlassen würde?«

»Nein, ganz gewiß nicht«, versicherte ich ihm.

»Morgen werde ich meinen Kummer in Arbeit ertränken, und für heute habe ich eine Flasche Wein mitgebracht, wie Emerson es vorschlug, um einen Toast auf meine Kusine auszubringen.«

Ich weiß nicht, weshalb es für mich eine Genugtuung war, daß Lucas sich wie ein Gentleman benahm, denn ich hatte ihn noch nie gemocht. Er brachte Gläser und öffnete die Flasche. »Ich kann es nicht wagen, Evelyn zu bitten. Wollen Sie das tun? Ich schäme mich nämlich meines Benehmens. Nun, ich war schon immer sehr leidenschaftlich.«

Ich rief also Evelyn, und sie kam und zog Walter mit sich. Ich muß zugeben, Lucas benahm sich großartig, als er den Toast ausbrachte. Auch Emerson nippte an seinem Glas, doch er zog eine Grimasse dabei, auch als noch ein Toast auf Walter folgte.

»Ich werde es nie vergessen, daß ich Ihnen mein Glück verdanke«, sagte da Walter zu mir. »Ich hoffe, daß ich mich dessen würdig erweise und Ihren Erwartungen entspreche. Und ich hoffe auch, daß Sie oft bei uns sind, um sich davon zu überzeugen, daß ich Evelyn glücklich mache.«

»Vielleicht nütze ich diese Einladung aus«, erwiderte ich lachend, und Emerson schaute dazu ergeben drein, obwohl er dann wieder vor sich hin brütete.

Lucas machte dann den Vorschlag, daß die drei Männer Wache halten sollten, um den Spuk endgültig zu vertreiben, und Emerson pflichtete ihm bei.

Man vereinbarte, daß Lucas die ersten drei Stunden übernehmen sollte, Emerson die folgenden drei, Walter den Rest der Nacht. Ich schleppte Evelyn in unsere Schlafkammer, und sie schlief auch fast sofort ein. Ich war ungeheuer müde, konnte jedoch nicht schlafen, fand aber auch den Grund für meine Unrast nicht. Ganz gewiß ging es jedoch nicht um die Mumienerscheinung, denn die machte mir keine großen Sorgen mehr. Es war eine andere Unruhe, und dabei hätte ich mich doch freuen sollen, weil ich der lieben Evelyn zu ihrem Glück verholfen hatte.

Da kam Lucas an meine Tür. »Miß Amelia!« rief er leise. »Ich höre, daß Sie wach sind. Darf ich Sie zu einem Glas Wein einladen? Ich finde heute einfach keine Ruhe.«