Ich glaube, meine Antwort genügte ihm, denn er lachte schallend, als er wieder zu Atem kam. »Die Archäologie ist schon eine feine Sache, Peabody«, versicherte er mir. »Man kann ja nicht Tag und Nacht arbeiten. Wir werden viel Spaß haben!«
Emerson hatte, wie gewöhnlich, recht. Wir haben viel Spaß. Nächstes Jahr werden wir in Gizeh graben. Hier gibt es zwar noch viel zu tun, aber aus praktischen Gründen wollen wir näher bei Kairo sein. Dort will auch Petrie arbeiten, der zu den wenigen Archäologen gehört, die Emerson sehr hoch schätzt, obwohl sie erbittert miteinander streiten, wenn sie sich begegnen. Petrie ist ein sehr netter junger Mann, doch mit Tonscherben weiß er nichts anzufangen.
Der wahre Grund, in der Nähe von Kairo zu sein, ist ein anderer: Emerson ist überaus vorsichtig, doch ich fühle mich sehr wohl. Man behauptet, ein erstes Kind in meinem Alter sei keine einfache Sache. Emerson glaubt das, obwohl ich keine Bedenken habe. Ich habe dieses Kind sorgfältig geplant. Es paßt genau zwischen zwei
Ausgrabungsperioden. Von Evelyn erwarten wir täglich die Nachricht, daß ihr zweites Kind zur Welt gekommen ist. Sie hat schon einen blonden Jungen, ein reizendes Kind, das schon jetzt in Schlammpfützen und Sandbergen herumtummelt - sicher ein Erbe von den archäologischen Vorfahren. Ich bin seine Patin und werde als parteiisch gescholten, doch ich glaube nicht, daß ich die Schönheit, Intelligenz und den Charme des Jungen übertreibe.
Walter studiert derzeit in England Hieroglyphen und verspricht einer der größten Wissenschaftler auf diesem Gebiet zu werden. Seine Bibliothek auf Ellesmere Castle ist mit Büchern und Manuskripten gefüllt, und wenn wir die jüngeren Emersons im Sommer und Herbst dort besuchen, dann streiten die beiden Brüder über die Übersetzungen.
Und Lucas? Wir wissen nicht, wo er ist. Ohne das Geld kann er mit seinem Titel in England nichts anfangen. Ich wollte ja diesen Schuft so verfolgen lassen, wie es ihm gehört hätte, aber Baring riet mir ab. Er war uns eine große Hilfe, als wir mit unserer Bootsladung von Verbrechern in Kairo ankamen. Tatsächlich fand Evelyn unter Büchern und anderen Dingen in einer Kiste ihres Großvaters Nottestament, und es war der Beweis für Lucas' Schurkerei. Da er keine Gefahr mehr für Evelyn darstellte, ließen wir ihn auf Barings Rat hin laufen. Ich glaube, er lebt irgendwo auf dem Kontinent, und wenn er sich nicht zu Tode trinkt, wird ihn wohl einmal ein wütender Ehemann erschießen.
Alberto sehe ich jedesmal, wenn ich durch Kairo reise. Ich habe ihn einmal gewarnt, daß die ägyptischen Gefängnisse sehr ungemütlich und ungesund seien, und davor hat er große Angst.
Michael hat eben zum Mittagsimbiß geläutet, und Emerson kommt auf mich zu. Ich habe mit ihm ein
Hühnchen zu rupfen, denn ich glaube nicht, daß er ein Relief am Kopf des häretischen Pharaos richtig gedeutet hat. Ich halte ihn für den jungen Tutenchamun, Khuena-tens Schwiegersohn.
Noch etwas muß ich hier anfügen. Ich denke oft an den Tag in Rom, da ich ein ohnmächtiges Mädchen im Forum rettete. Wie seltsam sind doch die Wege des Schicksals! In meinen wildesten Träumen hätte ich nicht daran zu denken gewagt, daß diese einfache, selbstverständliche Tat mich mit einer lieben, schwesterlichen Freundin belohnen würde, mit einem Leben voll faszinierender Arbeit und .
Evelyn hatte recht. Mit dem richtigen Mann und unter den richtigen Umständen ist es eine großartige Sache!