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Dann sah Alleria ein silbernes Band vor sich. Der Fluss! Sie beschleunigte noch einmal, um ein noch höheres Tempo zu erreichen.

Vereesa holte sie ein, und gemeinsam brachen sie zwischen den Bäumen hervor, traten auf eine flussnahe Lichtung.

Alleria hörte, wie hinter ihr erst einer und dann mehrere Trolle aus den Baumkronen sprangen. Die Kerle wussten, dass sie sie erwischen mussten, bevor sie durch das tiefe Wasser in Sicherheit schwimmen konnten.

Trolle verabscheuten Wasser.

»Nette Jagd, Bleichgesicht«, knurrte eine der Kreaturen hinter ihnen. »Aber jetzt wirst du sterben!«

Hände griffen nach Alleria, lange Klauen kratzten über ihre Haut, fassten in ihr Haar… doch sie riss sich wieder los und entging dem Griff. Sie wirbelte herum und hob das Schwert, bereit so lange zu kämpfen, wie sie konnte…

… und sah, wie sich der Troll plötzlich versteifte und umfiel. Ein langer Schaft ragte aus seinem Hals.

Ähnliche Pfeile töteten die anderen Trolle, bevor sie die Sicherheit der Bäume erreichen konnten.

Als sie sich zum Fluss umwandte, entdeckte Alleria mehrere Waldläufer am anderen Ufer. Ihre Bögen zitterten noch. Einer von ihnen, eine junge Frau, trug einen langen grünen Umhang und eine geschmückte Tunika. Sie hatte langes blondes Haar, etwas dunkler als Allerias, ansonsten aber glichen sie einander.

Die Augen ihres Gegenübers waren eher grau als grün oder blau. Doch sie hatten dieselbe Form wie die von Alleria und Vereesa. Die Waldläufer bauten sich um sie herum auf, während die Elfe lachte und ihren Bogen zum Gruß erhob.

»Willkommen daheim, Alleria!«, rief Sylvanas. »Was für einen Ärger bringst du denn da mit?«

Selbst über den Fluss war ihre unglaubliche Ausstrahlung zu spüren.

Alleria lachte bei der Begrüßung durch ihre Schwester. Sylvanas, Waldläuferin und Oberkommandierende aller Streitkräfte von Quel’Thalas, trat so selbstbewusst auf wie immer.

Alleria schüttelte den Kopf. »Ich hatte gehofft, dass wir den Biestern entkommen«, antwortete sie ehrlich. »Aber ich komme nicht mit leeren Händen.« Sie schaute sich die toten Trolle an. Dann blickte sie zu Vereesa, die leicht wankte. Ihr Gesicht war bleich, und sie mied den Anblick der Leichen. »Ich muss mit dem Rat sprechen. Dringend

»Ich weiß nicht, ob man dir zuhören wird«, warnte Sylvanas sie. »Sie sind zu beschäftigt mit diesem Feuerproblem. So wie ich auch. Die Brände entstehen überall im Wald, ohne einem erkennbaren Muster zu folgen.« Sie sah zu den toten Trollen hinüber. »Und jetzt muss ich mich auch noch darum kümmern.«

Alleria schnitt eine Grimasse und schaute nach unten. »Sie werden mir zuhören«, versprach sie. »Ich lasse ihnen gar keine andere Wahl.«

»Was soll das heißen?«, fragte Anasterian Sonnenreiter. Er und der Rat von Silbermond diskutierten die Ereignisse in ernstem, besonnenem Ton, als Alleria unangekündigt eintrat. Mehrere Herrscher der Hochelfen erhoben sich von ihren Sitzen, überrascht von ihrem Erscheinen, doch Alleria ignorierte sie. Sie konzentrierte sich allein auf Anasterian.

Der König der Hochelfen war selbst für einen Elfen alt. Sein Haar war schon vor langer Zeit weiß geworden, seine Haut dünn wie Pergament und faltig wie knorrige Rinde. Er war nicht mehr nur schlank, sondern wirkte gebrechlich, aber seine blauen Augen blitzten immer noch durchdringend, und seine Stimme, obwohl dünn geworden, unterstrich im Tonfall dennoch seine Autorität. Alleria schreckte angesichts seiner Wut instinktiv zurück, dann aber erinnerte sie sich daran, warum sie hier war und straffte sich.

»Ich bin Alleria Windläufer«, verkündete sie, obwohl sie wusste, dass die meisten Ratsmitglieder sie bereits kannten. »Ich war außerhalb unserer Grenzen und habe zusammen mit den Menschen in ihrem Krieg gekämpft. Ich bin zurückgekommen, um Euch schlimme Kunde zu überbringen. Nicht nur für die Menschen, sondern auch für uns.« Sie furchte die Stirn und musterte jetzt doch die Männer und Frauen vor sich. »Die Horde, vor der uns die Menschen gewarnt haben, ist real, und sie ist gewaltig. Der Hauptteil ihrer Streitkräfte besteht aus Orcs, aber es mischen sich auch andere Kreaturen darunter. Waldtrolle zum Beispiel.«

Diese Aussage löste aufgebrachtes Gemurmel aus. Keiner der anwesenden Hochelfen ahnte, was ein Orc war. Alleria hatte es auch nicht gewusst – bis sie die Monster in den Hügellanden bekämpft hatte. Aber sie alle kannten die Trolle. Einige, Anasterian eingeschlossen, hatten vor langer Zeit in den Trollkriegen gegen sie gekämpft. Viertausend Jahre bevor Quel’Thalas gegründet wurde.

»Du behauptest, der Horde gehören auch Trolle an«, sagte einer der Fürsten. »Nun gut, aber was geht uns das an? Lass doch die Trolle diesen merkwürdigen Kreaturen folgen, von denen du sprichst, und hoffentlich gehen sie dann einfach mit ihnen weg von hier. Oder vielleicht tun uns die Menschen einen Gefallen und töten sie für uns!«

Mehrere Elfen lachten scheu und nickten.

»Ihr versteht nicht«, antwortete Alleria wütend. »Die Horde ist nicht irgendein weit entferntes Problem, das wir ignorieren können! Sie will ganz Lordaeron erobern, von einer Küste zur anderen – und das schließt uns hier in Quel’Thalas mit ein!«

»Lasst sie doch kommen!«, meinte ein Elfenmagier namens Dar’kahn, »Unser Land ist gut gesichert, keiner kommt an den Runensteinen vorbei und überlebt es.«

»Ach, bist du dir da sicher?«, zischte Alleria. »Bist du dir wirklich sicher? Denn die Trolle sind bereits in unseren Wald eingedrungen. Sie durchstreifen in diesem Moment unser Gebiet, töten unsere Leute. Und die Orcs sind nicht weit dahinter. Sie sind etwas schwächer als die Trolle, aber sie sind so zahlreich wie Heuschrecken. Sie werden unser Land überrollen. Und sie sind bereits da.«

»Wie?«, rief Anasterian. »Unmöglich.«

Als Antwort schleuderte Alleria ein Objekt von sich, das sie bei sich trug, seit sie und Vereesa geflohen waren. Der Kopf des Trolls flog durch die Luft, ein Windhauch strich durch sein kurzes dunkles Haar, die Sonne schien auf die Hauer… und er landete genau vor Anasterians Füßen.

»Der hier hat Vereesa und mich angegriffen«, erklärte Alleria. »An einer Stelle, keine Stunde von der Flussmündung entfernt. Mehrere andere verfolgten uns dort. Ihre Leichen liegen immer noch am anderen Ufer, wenn Sylvanas und ihre Gruppe sie nicht schon weggeräumt haben.« Sie bemerkte, dass keinem der Fürsten mehr zum Lachen zumute war. »Sie sind hier«, wiederholte sie. »Die Trolle sind in unserem Wald und töten unsere Leute. Und die Orcs brennen die Grenzen zum Immersangwald nieder!«

»Unglaublich!« Dieses Mal war Anasterians Zorn nicht gegen sie gerichtet. Der König der Elfen trat gegen den Kopf des Trolls, der unter den Stuhl eines anderen Fürsten rollte. Anasterians Augen blitzten zornig, er zog eine Augenbraue hoch. Als er sich wieder zu Alleria umdrehte, konnte sie die Kraft und Zielstrebigkeit erkennen, die ihn schon seit Jahren zu einem großartigen König machten. Alle Hinweise auf Schwäche waren verschwunden, beiseite geschoben worden von der aktuellen Krise.

»Diese Kreaturen wagen es, in unsere Heimat einzudringen?«, knurrte Anasterian. »Oh ja, sie wagen es offenbar tatsächlich!« Er sah auf, und sein Gesicht wirkte, als braue sich darauf ein Unwetter zusammen. »Wir werden sie lehren, sich hierher zu trauen! Sammelt unsere Krieger! Ruft unsere Waldläufer! Wir greifen die Trolle an und vertreiben sie aus unserem Wald, auf dass sie niemals wiederkehren mögen!«

Alleria freute sich, ihren König derart resolut zu erleben. Sie stimmte ihm voll und ganz zu, schüttelte aber trotzdem den Kopf. »Die Trolle sind nur ein Teil der Gefahr«, erinnerte sie Anasterian. »Die Horde ist reich an Zahl, jenseits aller Vorstellungskraft reich. Und die Orcs sind stark, hartgesotten und überaus zielstrebig in ihrem Vorgehen…« Plötzlich umspielte ein Lächeln ihre Lippen. »Glücklicherweise bin ich nicht allein gekommen.«