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»Bei allen Gipfeln!«, murmelte Kurdran, beeindruckt. Was war das? Wie konnte es sich in der Luft halten, obwohl es derart riesig war? Es war fast so groß wie Sky’ree, und er hatte den Verdacht, dass es ihn noch weit überragte.

Jetzt konnte er die Gestalt besser erkennen: lang und schlank, mit einem ausgeprägtem Schwanz, einem Hals und großen Flügeln, die nur gelegentlich schlugen.

Das Ding glitt dahin! Es musste hoch fliegen, um derart auf dem Wind reiten zu können.

Kurdran spürte einen Schauder, als er erneut die Größe abschätzte. Er kannte nur eine fliegende Kreatur, die so riesig war, und er konnte sich nicht vorstellen, was eine von ihnen mit diesem Krieg zu tun haben sollte.

Aber dann verschwand die letzte Wolke, und die Sonnenstrahlen trafen das Wesen. Es leuchtete rot. Und da erkannte Kurdran mit letzter Gewissheit, dass er richtig gelegen hatte.

Es war ein Drache.

»Drachen!«, rief er. Die meisten seiner Krieger kämpften noch gegen die zweiköpfigen Oger. Aber der junge Murkhad blickte hoch und sah, wohin Kurdran wies. Der Dummkopf ließ seinen Greifen in einen schnellen Steilflug gehen. Das Tier hatte seine Flügel ausgebreitet, um an Höhe zu gewinnen.

»Was machst du denn, du Tölpel?«, schrie Kurdran. Aber wenn Murkhad ihn gehört hatte, gab er keine Antwort. Stattdessen trieb der junge Wildhammerzwerg seinen Greifen gegen den Drachen, der jetzt in den Sinkflug ging, und hob seinen Sturmhammer.

Mit einem wilden Schrei griff Murkhad den herabstürzenden Leviathan an… und verschwand völlig geräuschlos, als der Drache sein Maul öffnete und seine riesigen dreieckigen Zähne zeigte, die größer als ein Zwerg waren. Auch eine lange gespaltene Zunge von blutroter Farbe wurde sichtbar.

Den unglücklichen Zwerg und seinen Greif verschlang das Biest mit einem Biss.

Murkhad sah niemals das Bedauern in den riesigen goldenen Augen des Drachens oder die stämmige grünhäutige Gestalt, die auf seinem Rücken hockte und lange Lederriemen um eine Hand gewickelt hatte.

»Beim Licht!« Turalyon hatte ebenso wie die anderen auch gejubelt, als die Wildhammerzwerge aufgetaucht waren und Kurdran den ersten zweiköpfigen Oger tötete.

Er schaute wieder auf, als der schwache Kriegsschrei des Anführers der Wildhammerzwerge erklang. Deshalb bekam er mit, wie der wilde Drache sich auf einen der Greifenreiter stürzte und ihn wie eine kleine Zwischenmahlzeit mit einem Bissen verschlang.

Und nun stürzte dieser Drache sich auf sie, während weitere direkt hinter ihm erschienen – rote Streifen, die vom Himmel fielen.

Die roten Drachen hatten beinahe die Farbe von Feuer. Rauch stieg aus ihren Nüstern auf, und Funken stoben aus ihren Mäulern, wenn sie atmeten. Sie waren heller als das Sonnenlicht, das sich auf ihren Klauen spiegelte und auf ihren Flügeln und Schwänzen glitzerte. Der Rauch und die Funken wurden intensiver, je länger Turalyon darauf starrte.

Und plötzlich wusste er, was passieren würde.

»Zieht euch zurück!«, schrie er und schlug dabei auf Khadgars Schildarm, um dessen Aufmerksamkeit auf sich zu lenken. »Lass alle sich zurückziehen!« Er wirbelte mit seinem Hammer über dem Kopf und hoffte, dass er damit sowohl die Blicke seiner Männer auf sich ziehen als auch die der Orcs. »Zieht euch zurück! Weg vom Wald! Sofort!«

»Weg vom Wald?«, fragte Alleria scharf und blickte ihn an. Er hatte nicht einmal bemerkt gehabt, dass sie sich immer noch neben ihm befand. »Warum? Wir gewinnen!«

Turalyon setzte zu einer Erklärung an, dann erkannte er jedoch, dass dafür keine Zeit blieb. »Tu es einfach!«, brüllte er und sah Überraschung in ihren Augen aufflackern. »Sag deinen Leuten, sie sollen sich zu den Hügeln zurückziehen. Schnell

Etwas in seiner Stimme oder an seinem Gesichtsausdruck überzeugte sie. Sie nickte, hob ihren Bogen und versuchte den anderen Elfenkriegern Signale zu geben. Turalyon ließ sie gewähren. Er schnappte sich den ersten Allianzoffizier, dessen er habhaft wurde, und erteilte seine Befehle erneut. Der Mann nickte und begann die Befehle an die Truppen weiterzugeben, während er seine Kollegen aufforderte, es ihm gleichzutun.

Mehr konnte Turalyon nicht tun. Er riss sein Pferd herum und trieb es im Galopp den Hügel hinunter. Dann hörte er ein merkwürdiges Geräusch, das wie aufkommender Wind oder das laute Ausatmen eines Menschen klang, und blickte über seine Schulter.

Der erste Drache war herabgeflogen, hatte die Flügel gespreizt und öffnete nun weit das Maul, aus dem Flammen schlugen, riesige Wellen von Feuer, die sofort auf den Wald übersprangen.

Die Hitze war unglaublich und verdampfte augenblicklich alle Flüssigkeit, mit der sie in Berührung kam. Der Wald schien wie eine Fata Morgana im grellen Sonnenlicht zu wabern. Bäume wurden binnen einer Sekunde schwarz und zerfielen zu Asche, obwohl sie noch Minuten zuvor mit Wasser vollgesogen waren. Rauch stieg von ihnen auf. Dichter schwarzer Qualm, der die Sonne zu verfinstern drohte. Die Flammen erstarben nicht, im Gegenteil – an einigen Stellen hatten sie auch weiter zurückstehende Bäume erreicht, die dadurch entzündet worden waren. Und diese Feuer breiteten sich jetzt aus. Es war fast schon hypnotisch mit anzusehen, wie sie von Baum zu Baum übersprangen.

Turalyon musste sich zwingen, sich abzuwenden und dorthin zu schauen, wohin sein Pferd sich bewegte. Bald darauf hatte er den Fuß der Hügel erreicht und konnte die Katastrophe eingehend beobachten.

»Tu doch etwas!«, brüllte Alleria, die neben ihm erschien und gegen das Licht und die Hitze blinzelte. Sie trommelte mit ihren Fäusten gegen sein Bein. »Tu irgendetwas!«

»Ich kann nichts dagegen machen«, erklärte Turalyon, und es brach ihm das Herz angesichts des Kummers in ihrer Stimme. »Ich wünschte, ich könnte es!«

»Dann unternimm wenigstens du etwas«, verlangte die elfische Waldläuferin von Khadgar, der neben ihnen ritt. »Setze deine Magie ein! Lösche die Flammen!«

Aber der alt wirkende Magier schüttelte traurig den Kopf. »Es ist zu viel Feuer, als dass ich es komplett ersticken könnte«, erklärte er sanft. »Ich habe mich bereits verausgabt, als ich den Sturm herbeirief.«

Seine Stimme klang bitter, und Turalyon fühlte mit seinem Freund. Es war nicht Khadgars Fehler, dass er die erste Feuerwelle gelöscht hatte… nur um jetzt mitzuerleben, dass diese hier noch viel schlimmer wütete.

»Ich muss unbedingt nach Silbermond«, sagte Alleria mehr zu sich selbst. »Meine Eltern sind dort – und unsere Ältesten. Ich muss ihnen helfen!«

»Und was willst du tun?«, fragte Turalyon. Seine Worte klangen harscher, als es gemeint war, aber immerhin rissen sie sie lange genug aus ihrer Trübsal, sodass sie ihn ansah. »Weißt du denn, wie wir die Flammen bekämpfen könnten?«

Er wies auf den Wald, auf den die Drachen sich stürzten und über dem sie wie spielende Fledermäuse kreisten. Dabei verteilten sie bei jedem Überflug weitere Feuer. So weit das Auge reichte, brannte Quel’Thalas. Der Rauch schien eine dichte graue Wand über der Heimat der Elfen zu bilden. Und sein Schatten erreichte sie selbst am Fuß der Hügel und erzeugte Finsternis hinter ihnen, über den Bergen. Turalyon war sicher, dass man die Folgen des Brandes auch noch in der Hauptstadt zu spüren bekam.

Alleria schüttelte den Kopf, und er sah, dass Tränen ihre Wangen herabliefen. »Aber ich muss etwas unternehmen«, weinte sie. Ihre normalerweise so schön klingende Stimme war nun rau vor Wut und Schmerz. »Meine Heimat stirbt!«

»Ich weiß. Und ich verstehe dich.« Er legte eine Hand auf ihre Schulter und drückte sie leicht. »Selbst wenn du es bis zum Fluss schaffst, kocht der bestimmt angesichts der Hitze. Du würdest sterben, und das würde niemandem nützen.«

Sie sah ihn an. »Meine Familie, meine Fürsten… wie mag es ihnen ergehen?« Er konnte die Verzweiflung in ihrer Stimme hören. Sie brauchte etwas, an das sie glauben konnte, einen Hoffnungsschimmer.

»Sie sind mächtige Magier«, merkte Khadgar an. »Und obwohl ich ihn selbst noch nie gesehen habe, ist der Sonnenbrunnen eine Quelle großer Macht. Er wird die Stadt abschirmen. Selbst die Drachen werden sie nicht berühren können.« Er klang völlig überzeugt, obwohl Turalyon sah, wie er ihm zuzwinkerte als wollte er sagen: »Zumindest hoffe ich das.«