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Alleria nickte zaghaft, auch wenn sie immer noch erschüttert war. »Danke«, sagte sie leise. »Du hast Recht. Mein Tod würde zu gar nichts führen.«

Turalyon vermutete, dass sie sich mit diesen Worten selbst vom Wahrheitsgehalt ihrer Aussage überzeugen wollte. Sie sah, wie die Drachen an Höhe gewannen.

»Aber«, fuhr sie fort, »ihr Tod würde es. Der Untergang der Horde würde es. Ja, ganz besonders das Ende der Orcs könnte alles ändern.« Ihre grünen Augen zogen sich zusammen, und Turalyon bemerkte etwas, das er lange nicht mehr gesehen hatte: Hass.

»Sie haben Not, Tod und Zerstörung über uns gebracht«, zischte sie. »Und dafür will ich sie leiden sehen!«

»Das wollen wir alle.« Turalyon sah auf, als ein anderer Elf zu ihnen trat. Er trug seine volle Kriegsrüstung, die zwar schön und anmutig, aber eindeutig auch funktional… und mittlerweile mit Blut bedeckt war. Er führte ein Langschwert mit sich und hatte einen dunkelgrünen Umhang über den Schultern liegen. Den laubbedeckten Helm hatte der Elf abgesetzt. Seine dunkelbraunen Augen leuchteten unter dem glänzenden blonden Haar. Sein Gesichtsausdruck erinnerte an den von Alleria.

»Lor’themar Theron«, stellte Alleria ihn vor. »Einer unserer besten Waldläufer.« Dann lächelte sie kurz, als ein zweiter Elf sich näherte. Es war eine große Frau, mit einem Umhang und Gesichtszügen, die Allerias ähnelten, obwohl ihr Haar etwas dunkler war. »Und das ist meine Schwester Sylvanas Windläufer, Waldläufer-Generalin und Kommandantin unserer Streitkräfte. Sylvanas, Fürst Theron… das ist Sir Turalyon von der Silbernen Hand, stellvertretender Kommandant der Streitkräfte der Allianz. Und Khadgar von Dalaran, ein Magier.«

Turalyon nickte, und Theron erwiderte die Geste – Respekt unter Gleichgestellten.

»Die meisten meiner Krieger sind diesem Inferno entkommen«, sagte Theron. »Wir können die Flammen nicht durchbrechen. Deshalb sind wir davon eingeschlossen. Aber wir wissen jetzt, wie sich die Brände so schnell aus so vielen Richtungen durch den Wald ausbreiten konnten.« Seine Hand krallte sich um den Griff seines Schwertes. »Doch wir können uns nicht in solchen Gedanken verlieren«, verkündete er fest, seine Worte direkt an Alleria gerichtet und vielleicht auch an sich selbst. »Wir sind hier, und müssen tun, was wir können, um unserem Volk so schnell wie möglich zu helfen. Und das geht nur, indem wir die Kräfte vernichten, die uns bedrohen.«

»Euer Oberkommandierender, Anduin Lothar, hat uns schon einmal benachrichtigt und angefragt, ob wir uns an dieser Allianz beteiligen wollen«, stellte Sylvanas fest und sah Turalyon an. »Meine Kommandeure beschlossen, nicht darauf einzugehen und lediglich symbolische Unterstützung zu entsenden.« Ihr Blick wanderte zu Alleria hinüber, und so etwas wie ein Lächeln huschte über ihr Gesicht. »Obwohl einige unserer Waldläufer freiwillig Hilfe geleistet haben. Aber meine Vorgesetzten haben ihren Fehler erkannt, als die Trolle und Orcs in unser Land eingedrungen sind. Wenn Quel’Thalas davor nicht sicher ist, was dann? Sie haben mich beauftragt, all unsere Krieger zu sammeln und mich euch anzuschließen, um euch nach Kräften zu unterstützen.« Sie verneigte sich. »Wir wären stolz, wenn wir uns der Allianz anschließen dürften, Sir Turalyon. Und ich hoffe, unsere Taten werden unsere Verspätung beim Eintritt aufwiegen.«

Turalyon nickte und wünschte sich einmal mehr, Lothar wäre hier gewesen. Er hätte gewusst, was zu tun war. Aber er war nicht da, und deshalb musste Turalyon das Beste daraus machen.

»Ich danke Euch und Eurem Volk«, sagte er Sylvanas schließlich. »Wir heißen Euch willkommen in der Allianz. Gemeinsam werden wir die Horde von diesem Kontinent vertreiben, von Eurem Land und unserem, sodass wir danach in Frieden leben können.«

Alles, was er sonst noch sagen wollte, wurde von einem Schrei über ihnen und dem plötzlichen Flattern von Flügeln unterbrochen. Turalyon duckte sich, ebenso wie Khadgar es tat, und Theron griff nach seinem Schwert.

Aber die herabschwebende Kreatur war kleiner als ein Drache, mit Federn bedeckt und einem Fell statt Schuppen.

»Tut mir leid, Kamerad«, sagte Kurdran Wildhammer, als er mit Sky’ree hinter ihnen landete. Die Pferde schnaubten und stampften mit den Füßen. »Wir haben es versucht. Aber diese Drachen sind einfach zu groß und mächtig für uns paar Zwerge. Gebt uns etwas Zeit, und wir werden einen Weg finden, mit ihnen in den Lüften fertig zu werden. Doch im Moment haben sie die Oberhand.«

Turalyon nickte. »Ich danke Euch für Eure Anstrengungen«, sagte er dem Zwergenanführer. »Und für Eure Hilfe davor. Sie hat vielen das Leben gerettet.« Er sah sich um, musterte der Reihe nach jeden: Khadgar, Alleria, Sylvanas, Lor’themar Theron und Kurdran Wildhammer. Alles gute Leute.

Plötzlich fühlte er sich nicht mehr so allein. Mit ihnen an seiner Seite konnte er ihr Anführer sein – zumindest bis Lothar zurückkam.

»Wir müssen unsere Leute hier rausbekommen«, sagte er nach einem Moment. »Später werden wir wiederkehren und Quel’Thalas von der Horde zurückerobern. Aber zuerst müssen wir uns neu formieren und abwarten. Ich vermute, die Horde wird hier nicht lange bleiben. Sie hat ein ganz anderes Ziel im Auge.«

Nur welches?, fragte er sich. Sie hatten den Wald erobert und die Elfen aus ihrer Heimat vertrieben. Sie hatten den Nistgipfel angegriffen und Khaz Modan zerstört. Wo würden sie als nächstes zuschlagen?

Er versuchte, wie ein Orc an die Frage heranzugehen. Wenn er sie wäre, wo würde er von hier aus hingehen? Was war die letzte große Bedrohung?

Da fiel es ihm wie Schuppen von den Augen: Die größte Bedrohung war das Herz der Allianz. Der Ort, wo alles angefangen hatte.

Er schaute zu Khadgar, der nickte und offensichtlich auf dieselbe Idee gekommen war.

»Die Hauptstadt!«

Von Silbermond aus, das an der nördlichsten Ecke von Quel’Thalas lag, konnten die Orcs über die Berge direkt nach Lordaeron einmarschieren. Sie kämen nah am Lordamere-See vorbei. In der Stadt gab es nur noch wenige Verteidiger. König Terenas hatte die meisten seiner Männer mit der Allianz geschickt.

Glücklicherweise bedeutete der Marsch über die Berge, dass die Orcs zuerst durch Alterac mussten. Und obwohl Perenolde nicht das treueste Mitglied der Allianz war, würde er seine Streitkräfte gewiss bei der drohenden Invasion seines eigenen Herrschaftsbereichs zusammenziehen.

Aber die Orcs konnten Alterac allein aufgrund ihrer zahlenmäßigen Überlegenheit überrennen. Und dann würde es ein Leichtes für sie sein, im Anschluss über die Hauptstadt herzufallen.

»Von Lordaeron aus könnten sie sich über den Rest des Kontinents ausbreiten«, führte Alleria aus. »Und wenn sie dort Streitkräfte positionieren, haben sie zwei Ausbreitungsrichtungen. Sie könnten das Land binnen weniger Wochen erobern.«

Turalyon nickte. »Jetzt wissen wir, was sie vorhaben«, sagte er und war sicher, dass sie Recht hatten. »Das bedeutet, dass wir einen Weg finden müssen, um sie aufzuhalten.« Er betrachtete die wütenden Brände. »Aber nicht hier. Zieht Euch mit den Männern in die Berge zurück. Dort treffen wir uns und besprechen die Lage.«

Damit riss er sein Pferd herum und ließ, ohne sich noch einmal umzusehen, den Wald hinter sich. Zum einen vertraute er darauf, dass seine Offiziere seine Befehle geflissentlich ausführten, und zum anderen wollte er die majestätischen Berge, die hinter ihm in Flammen standen, auch nicht mehr anschauen.

15

»Los geht’s«, brüllte Doomhammer. »Schnappt euch eure Sachen, und dann Bewegung!« Er beobachtete die Krieger einen Moment lang, sah zu, wie seine Häuptlinge sie riefen, schoben und schubsten, damit sie sich in Bewegung setzten. Dann wandte er sich wieder an Gul’dan, der geduldig neben ihm wartete. »Was ist?«, wollte er wissen.