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»Dann lasst ihn sofort ein«, antwortete Perenolde, der zum Stuhl ging und den Umhang ergriff und überstreifte. »Habt Ihr schon mit ihm gesprochen?«

»Ich weiß nur, wer ihn geschickt hat«, versicherte ihm Hath, »und dachte, dass Ihr seine Nachricht so schnell wie möglich hören wollt.« Der General war fast schon an der Tür des Kartenraums, als er das sagte. Einen Atemzug später winkte er denjenigen herein, der draußen wartete.

Ein junger Mann in verschmutzter Lederkleidung erschien und schaute nervös zu Boden.

»Euer Majestät«, sagte der junge Mann, sah kurz auf… und dann wieder weg. »Ich überbringe Euch Grüße und eine Nachricht von Fürst Anduin Lothar, dem Anführer der Allianz.«

Perenolde nickte und durchquerte den Raum, bis er neben dem jungen Mann stand. »Danke, General, das wäre dann alles für den Augenblick«, sagte er an Hath gewandt, der gehorsam den Raum verließ und die Tür hinter sich schloss. »Nun, junger Mann«, wandte Perenolde sich wieder dem Boten zu, »was für eine Botschaft habt Ihr denn für mich?«

»Fürst Lothar möchte, dass Ihr Eure Truppen nach Lordaeron führt«, antwortete der junge Mann nervös. »Die Horde wird wahrscheinlich die dortige Stadt angreifen, und Eure Streitkräfte werden für die Verteidigung benötigt.«

»Ich verstehe«, nickte Perenolde und rieb sich das Kinn. Er legte einen Arm um die Schulter des Boten. »Und erwartet er, dass Ihr ihm nach Eurer Rückkehr Bericht erstattet?«, fragte er.

Der Bote nickte.

»Ich verstehe«, sagte Perenolde wieder. »Es ist eine Schande.« Er wandte sich dem jungen Mann zu, sein Arm hielt ihn fest. Ruckartig zog er ihn sodann zu sich heran… und stach mit einem Dolch zu, den er inzwischen in der anderen Hand hielt. Die Klinge glitt zwischen die Rippen und drang in das Herz des jungen Mannes ein. Er zuckte, und Blut quoll aus seinem Mund. Dann brach er zusammen. Perenolde fing ihn auf, bevor er den Boden erreichte.

»Es wäre mir lieber gewesen, wenn die Botschaft schriftlich übersandt worden wäre«, sagte Perenolde sanft zu dem Toten, während er seinen Dolch an dem Leichnam abwischte und dann in die Falte seines Gewandes zurücksteckte. Er schleifte den Körper quer durch den Raum bis zum Müllschacht in der Ecke und warf ihn dort hinein. Er hörte die dumpfen Laute, mit denen der Tote auf dem Weg nach unten gegen die Wände schlug. Dann legte er den blutbespritzten Umhang ab und warf ihn hinterher.

Eine Schande, er hatte die Verzierungen daran sehr gemocht.

Nachdem er eine Minute gewartet hatte, schloss Perenolde das Tuch über dem Müllschacht und begab sich zurück in die Mitte des Raumes. Falls Hath noch draußen wartete, würde er ihm sagen, dass der Bote so eilig wieder wegmusste, dass er ihm erlaubt hatte, seinen Privatausgang zu nehmen. Ansonsten würde er den General beim nächsten Wiedersehen nur darüber informieren, dass der junge Mann zur Allianz zurückgekehrt sei. Und wenn er nach dem Inhalt der Botschaft gefragt wurde, würde er ausweichend antworten.

Perenolde lächelte, wusste er doch, dass kein Orc ihre Verteidigung durchbrechen würde. Solange aus der Verteidigung kein Angriff wurde…

Bradok zerrte an den Zügeln – aber nicht aus Furcht. Die hatte er bereits hinter sich gelassen, als sein Drache abgehoben und ihn hoch in die Lüfte getragen hatte.

Es war unglaublich gewesen, durch die Wolken zu stoßen. Bradok, der bis dahin ein zwar pflichtbewusster, aber auch immer unzufriedener Krieger gewesen war, hatte plötzlich wahres Glück entdeckt.

Er war dazu bestimmt, durch den Himmel zu segeln. Sein großer roter Drache schlug mit den Flügeln, und der Wind fuhr ihm durchs Haar. Er erinnerte sich an die Erregung, als er das erste Mal sah, wie die Flammen aus dem Maul des Drachens gezischt waren. Er hatte miterlebt, wie die Bäume zerplatzten, als sie von der plötzlichen Hitze berührt wurden.

Bradok schaute nach unten. Er sah einen silbernen Streifen in all dem Grün und Braun dieser üppigen Welt. Das war das Meer, das sie überquert hatten, nachdem sie jenes andere Königreich gebrandschatzt hatten.

Er trat dem Drachen mit seinen Absätzen in die Flanken und drängte ihn, niedriger zu fliegen. Der Drache gehorchte, faltete seine Schwingen zusammen und schoss in einem berauschenden Sturzflug hinab.

Die See wurde immer größer und erstreckte sich jetzt bis zum Horizont. Dort, wo das Meer auf das Küstenufer traf, konnte er dunkle Umrisse erkennen. Das mussten die Schiffe sein, die die Horde benutzt hatte, um von dem anderen Kontinent zu diesem zu gelangen.

Bradok hasste Schiffe. Generell hatte er nicht viel für Wasser übrig. Die Luft hingegen war etwas Wunderbares.

Er manövrierte seinen Drachen aus dem fast freien Fall und überflog die Schiffe. Er sah die armen Orcs auf den Bänken sitzen und an den langen Rudern schuften, die das Boot bewegten. Ein Oger stand zentral auf jedem Schiff und gab den Takt mit einer großen Trommel vor. Die Orcs handelten danach, ihre steten Ruderschläge ließen die dunklen Schiffe durchs Wasser gleiten.

Bradok machte eine Pause und ließ seinen Drachen eine Kurve für einen erneuten Überflug nehmen. Ja, er hatte beim ersten Mal richtig gesehen. Die Schiffe verließen die Küste und fuhren hinaus.

Aber sie sollten doch eigentlich hier ausharren, falls die Horde sie erneut brauchte. Warum fuhren sie dennoch davon?

Bradok sah sich um und erspähte eine vertraute Gestalt auf dem führenden Boot. Es war Gul’dan, der Hexenmeister. Früher hatte Bradok ihn gefürchtet, doch das war jetzt vorbei. Jetzt war er ein Drachenreiter. Wovor sollte er noch Angst haben?

Er lenkte seinen Drachen zum führenden Schiff. Gul’dan wandte sich ihm zu, als er ihn bemerkte.

»Warum nimmst du die Boote?«, rief Bradok und winkte mit seinem freien Arm, während sein Drache sich der Geschwindigkeit des Schiffes anpasste.

Der Hexenmeister blickte irritiert und hielt in seiner Verwirrung beide Hände hoch.

Bradok steuerte seinen Drachen näher heran. »Du musst wenden! Die Horde ist in Lordaeron, nicht jenseits des Meeres!«, rief er noch einmal.

Gul’dan machte ihm durch Gesten begreiflich, dass er ihn nicht verstand. Daraufhin steuerte Bradok seinen Drachen fast bis zur Spitze des Bootes und war damit keine fünf Schritte mehr von dem Hexenmeister entfernt. »Ich sagte -«

Plötzlich schossen Gul’dans Hände vor, und ein grüner Strahl traf Bradok mitten in die Brust. Er spürte einen starken Schmerz und merkte, dass sich seine Lunge zusammenzog und sein Herz raste. Dann schnappte er nach Luft, als beide Organe gleichzeitig ihre Funktion einstellten.

Die Welt wurde dunkel. Bradok kippte aus dem Sattel und stürzte knapp neben dem Schiff in die Wellen. Sein letzter Gedanke war, dass er immerhin einmal hatte fliegen dürfen.

Gul’dan lachte höhnisch, als er den Körper des Drachenreiters im Wasser verschwinden sah. Er hatte diesen Narren näher heranlocken müssen, damit er seine Magie zur Entfaltung bringen konnte. Außerdem musste er schnell genug handeln, damit der Kerl sich nicht mehr zur Wehr setzen konnte.

Er war auch besorgt, wie der Drache reagieren würde, nachdem sein Reiter umgekommen war, und beobachtete misstrauisch, wie die rote Bestie aufstieg, ihren Kopf zurückwarf und einen wilden Schrei ausstieß.

Doch dann schlug sie mit den Flügeln und schoss in den Himmel davon. Gul’dan schaute dem Drachen lange genug nach, um sicher gehen zu können, dass er nicht wendete und einen neuen Angriff startete.

Schließlich wandte er den Blick ab und betrachtete den Bug des Schiffes. So entging ihm die zweite Gestalt, die hoch über ihm kreiste.

Torgus war mit Bradok um die Wette geflogen, bevor sein Freund die Schiffe erspäht hatte. Torgus hatte alles beobachtet. Jetzt wendete er seinen Drachen und jagte zurück nach Quel’Thalas.

Zuluhed würde wissen wollen, was passiert war, und Torgus vermutete, dass er von ihm ausgeschickt werden würde, um dem Rest der Horde und vielleicht sogar Doomhammer persönlich darüber zu berichten.

Die Pässe waren völlig verlassen, und Doomhammer führte seine Krieger in schnellem Lauf hindurch. Er hatte gehofft, dass der vermummte Fremde sein Wort halten würde und war froh, dass seine Annahme sich bewahrheitete. Aber der Weg war immer noch gefährlich. Bei solch engen Pfaden zwischen Felshängen brauchte man nur eine Handvoll Krieger, um sie zu versperren. Und wenn sich erst ein paar Leichen auftürmten, wurde jeder Durchgang unmöglich.