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Deshalb trieb er seine Truppen immer weiter. Er würde froh sein, wenn sie die kalte Bergregion hinter sich gebracht hatten.

Es dauerte zwei volle Tage, die schneebedeckten Berge zu überqueren und in die Täler auf der anderen Seite zu gelangen. Während dieser Zeit sahen die Orcs keinen einzigen Menschen. Einige der Krieger beklagten sich sogar darüber, dass sie keine Gelegenheit bekamen, irgendjemanden während ihrer Reise zu töten. Aber ihre Häuptlinge versicherten ihnen, dass sie ihre Chance noch erhalten würden.

Am zweiten Tag stürmten die ersten Reihen der Horde die Berge hinab. Wie stets führte Doomhammer sie an. Irgendwann blieb er stehen, um die Szenerie vor sich zu genießen.

Jenseits der Hügel erstreckte sich ein riesiger See. Sein Wasser glitzerte silbern im frühen Morgenlicht. Auf der anderen Seite erhoben sich weitere Berge, die in einem leichten Winkel von Nord nach Süd verliefen.

Die Berge, die die Orcs gerade überquert hatten, waren ähnlich gewesen, nur dass sie sich nach Osten hin bogen. Diese neuen Gipfel neigten sich gen Westen, und zusammen bildeten die beiden Bergketten ein riesiges V mit dem See in seinem Zentrum. Auf der nördlichen Seite lag eine majestätische befestigte Stadt.

»Die Hauptstadt.« Doomhammer betrachtete sie eine Weile. Dann hob er seinen Hammer mit beiden Händen hoch über sich und brüllte einen Kriegsruf.

Die Kämpfer der Horde nahmen diesen Ruf auf, und bald schon hallte von den Hügeln ringsum ihre Wut, ihre Freude und ihr Blutdurst wider.

Doomhammer lachte. Die Stadt sollte ruhig wissen, dass er und seine Leute hier waren. Nach diesem Gebrüll würden ihre Bewohner erzittern. Und die Horde würde über sie gekommen sein, noch ehe sie sich davon wieder erholt hatten.

»Auf zur Stadt!«, rief Doomhammer und hob seinen Hammer erneut. »Wir werden sie zerstören – und damit das Herz des Widerstands! Vorwärts, Krieger. Lasst uns den Kampf zu ihnen tragen, noch während ihnen unser Kriegsruf in den Ohren schallt!«

Doomhammer stürmte die Hänge hinab. Und dabei behielt er die schwer befestigte Stadt unablässig im Blick.

16

»Sire! Sire, die Orcs greifen an!«

König Terenas blickte erschreckt auf, als Morev, der Kommandant der Wache, in den Thronsaal stürzte. »Was?« Er erhob sich, ignorierte die panischen Ausrufe der Adligen und Gemeinen, die um Audienz ersuchten, und winkte den Kommandanten zu sich. »Die Orcs? Hier?«

»Ja, Sire«, antwortete der Mann. Morev war ein erfahrener Veteran. Ein Krieger, den Terenas seit seiner frühesten Jugend kannte. Es war schockierend, ihn bleich und vor Angst schlotternd zu sehen. »Die Orcs müssen über die Berge gekommen sein – sie marschieren in diesem Moment auf der anderen Seite des Sees herbei.«

Terenas eilte an dem Kommandanten vorbei und lief aus dem Thronsaal. Schnell durchquerte er die Halle und stieg eine kleine Treppenflucht hinauf zum nächstliegenden Balkon, der sich im Malzimmer seiner Gattin befand. Lianne hielt sich dort mit ihrer Tochter Calaia und ihren Hofdamen auf. Sie schauten überrascht auf, als er an ihnen vorbei eilte, Morev im Gefolge.

Terenas riss die Fenster auf, trat auf den Balkon… und blieb wie gebannt stehen. Normalerweise hatte man von hier aus einen atemberaubenden Blick auf die Berge und den See. Das war auch heute so. Aber der grüne Streifen, der normalerweise zwischen Wasser und Bergen lag, war nun schwarz vor Orcs.

Der König sah, wie sie sich bewegten. Die Horde war wahrhaftig eingetroffen.

»Wie konnte das passieren?«, wollte er von Morev wissen, der ebenfalls herausgetreten war und sich das Spektakel offenen Mundes ansah. »Die Horde ist offensichtlich über Alterac gekommen – warum hat Perenolde sie nicht aufgehalten?«

»Sie müssen ihn ausgeschaltet haben, Sire«, antwortete Morev. Seine Meinung von Alteracs König und Soldaten war nicht sonderlich hoch. »Die Bergpässe sind schmal, und ein fähiger Trupp könnte die Horde aufhalten – aber nicht, wenn sie den Befehlen eines Narren gehorchen müssen.«

Terenas runzelte die Stirn und schüttelte den Kopf. Er teilte Morevs Ansichten, er hatte Perenolde nie ausstehen können. Der Herrscher von Alterac war selbstsüchtig und durchtrieben. Aber Hath, Perenoldes General, war ein fähiger Kommandeur und hervorragender Krieger. Er war in der Lage, eine solide Verteidigung aufzubauen. Wenn Perenolde ihm dies jedoch verbot, würde Hath gehorchen.

»Schickt einen Boten nach Alterac«, sagte er schließlich. »Und einen zur Armee der Allianz. Lasst sie wissen, wie es um uns steht. Wir werden später herausfinden, was passiert ist«, befahl Terenas, verschwieg aber wohlweislich, dass seine Entscheidung ihr Überleben voraussetzte. »Wir haben jetzt Wichtigeres zu erledigen. Zieht die Wachen zusammen, schlagt Alarm und holt jedermann hinter die Tore.« Er spähte erneut über den See, wo sich die finstere Orc-Horde bereits längs des Wassers am Strand entlangzog.

Nein, viel Zeit blieb ihnen wahrlich nicht mehr.

Brieftauben wurden zu den anderen Anführern der Allianz und zur letzten bekannten Position der Armee im Zwergenkönigreich entsandt. Eine dieser Tauben flog geradewegs nach Stromgarde, und ihre Botschaft wurde sofort zu Thoras Trollbane gebracht, dem bärbeißigen Herrscher.

»Was?«, rief er, als er die Botschaft gelesen hatte. Er trank Bier aus einem schweren hölzernen Krug und warf diesen jetzt an die gegenüberliegende Wand, wo er zerbrach. Bierreste und Holzsplitter blieben an der Wand zurück. »Dieser Dummkopf! Warum hat er die Bande denn durchgelassen?«

Trollbane mochte Perenolde nicht. Nicht nur, weil sie als Nachbarn des öfteren Grenzstreitigkeiten hatten, sondern weil er ihn ganz persönlich nicht ausstehen konnte. Er war ihm viel zu ölig und zu glatt.

Aber selbst ein arroganter, eitler Schnösel wie Perenolde hätte die einmarschierende Armee aufhalten können! Vielleicht wäre der Vormarsch nicht vollständig zum Erliegen gekommen, wenn die Horde wirklich so zahlreich war, wie Lothar behauptete und wie ein Bericht es bestätigt hatte. Die Orcs konnten sich ihren Weg wahrscheinlich freikämpfen. Aber Alterac hätte sie zumindest deutlich bremsen und schweren Schaden unter ihnen anrichten müssen. Außerdem hätten sie Lordaeron rechtzeitig warnen können…

Jetzt aber war es zu spät. Die Orcs befanden sich bereits am See. Terenas konnte nicht viel mehr tun als die Tore schließen und darauf hoffen, den ersten Ansturm zu überstehen.

Trollbane stand auf. Er ging auf und ab, die Botschaft hielt er immer noch in seinen Händen. Er wollte seinem Freund zu Hilfe eilen, war sich aber nicht sicher, ob das wirklich die bestmögliche Reaktion war. Terenas war ein ausgezeichneter Stratege, und seine Krieger gehörten zu den besten des Landes. Seine Tore und Mauern waren stark und dick.

Trollbane war fest davon überzeugt, dass Lordaeron der ersten Angriffswelle standhalten konnte. Allerdings drohte die Gefahr, dass die Horde die Hauptstadt einfach überrennen würde.

»Verdammter Bastard!« Trollbane schlug mit seiner Faust gegen die Lehne seines schweren Stuhls. »Perenolde hätte sie aufhalten müssen! Er hätte uns zumindest warnen müssen! Nicht einmal er kann so inkompetent sein…«

Plötzlich kam ihm ein Verdacht. Perenolde war nie ein großer Verfechter der Allianz gewesen. Er und Graymane waren die Einzigen gewesen, die gegen den Bund gewesen waren, wie Trollbane sich erinnerte. Er dachte an das Treffen in der Hauptstadt zurück, mit Lothar, Terenas und den anderen.

Graymane war zwar auch dagegen gewesen, aber wohl hauptsächlich, weil er damit prahlte, Gilneas würde jedermann umbringen, der dumm genug war, dort einzumarschieren.