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Doomhammer ging auf und ab und bedachte die neuen Informationen. Er vertraute Kilroggs Einschätzung. Aber das bedeutete, dass sie nicht genügend Krieger gegen die Allianz würden aufbieten können.

»Bleib hier«, erklärte er Kilrogg schließlich. »Behalte so viele Krieger, wie du brauchst, um die Zwerge in Schach zu halten und die Menschen zu beschäftigen. Ich werde den Rest zur Festung Schwarzfelsspitze führen, wo wir uns hinter den Mauern verschanzen können.« Er schaute den älteren Häuptling an. »Wenn du kannst, bring danach deine Krieger dorthin. Oder du fällst den Menschen in den Rücken. Vielleicht tauchen doch noch ein paar versprengte Einheiten unseres Volkes auf. Entweder von der See her oder aus dem Dunklen Portal.« Er richtete sich auf. »Aber die Festung Schwarzfelsspitze ist unsere Zuflucht. Wenn wir die Menschen dort nicht schlagen können, können wir sie nirgendwo aufhalten, und dieser Krieg ist verloren.«

Kilrogg nickte. Eine Sekunde lang sah er den Kriegshäuptling der Horde an. Und als er sprach, tat er es sanfter, als Doomhammer den mürrischen alten Häuptling jemals zuvor gehört hatte. »Du hast die richtige Entscheidung getroffen«, versicherte ihm Kilrogg. »Ich weiß auch, wie tief Gul’dans Verrat reicht. Er hätte uns in die Tage zurückkatapultiert, bevor sich das Portal geöffnet hat – als wir fast wahnsinnig waren vor Wut, Hunger und Verzweiflung.« Er nickte. »Was immer auch geschieht, du hast unserem Volk die Ehre zurückgegeben.«

Doomhammer nickte ebenfalls. Er spürte plötzlichen Respekt und sogar Zuneigung für den einäugigen Häuptling, den er bislang immer gefürchtet und wenig geschätzt hatte. Stets hatte er Kilrogg für einen brutalen, barbarischen Krieger gehalten, der mehr an Ruhm als an Ehre interessiert war. Vielleicht hatte er sich all die Jahre getäuscht…

»Danke«, rann es ihm schließlich über die Lippen. Es gab nicht mehr zu sagen, deshalb ging er zurück zu seinem eigenen Clan. Er musste Befehle erteilen und einen weiteren Marsch organisieren.

Vielleicht den letzten.

20

»Turalyon!«

Turalyon blickte auf… und glaubte, seinen Augen nicht trauen zu dürfen. Ein Mann in voller Rüstung ritt auf ihn zu. Das Löwenabzeichen von Stormwind glitzerte golden auf seinem verbeulten Schild, und der Griff des großen Schwertes ragte ihm über die Schulter.

»Fürst Lothar?« Aufgeregt erhob Turalyon sich neben dem Lagerfeuer und schaute dem Helden von Stormwind und Kommandanten der Allianz entgegen.

Schließlich stieg der ältere Mann vom Pferd und schlug ihm auf die Schulter. »Schön, dich zu sehen, Junge!« Er spürte, dass Lothar es ernst meinte. »Man hat mir gesagt, dass ich dich hier finde!«

»Man?« Turalyon sah sich um, immer noch verwirrt von der unerwarteten Ankunft seines kahlköpfigen Mentors, der müde, aber zufrieden wirkte. »Ich habe Alleria, Theron und die anderen getroffen, als ich nach Norden ritt. Sie haben mir berichtet, was in der Hauptstadt geschehen ist, dass du den Rest der Armee hergebracht hast und verfolgst, was noch von der Horde übrig geblieben ist.« Er schlug ihm erneut auf die Schulter. »Gute Arbeit, mein Sohn!«

»Ich hatte viel Hilfe«, protestierte Turalyon, auf der einen Seite dankbar für das Lob, aber davon auch ein wenig aus der Fassung gebracht. »Um die Wahrheit zu sagen, ich bin mir nicht sicher, was genau geschehen ist.«

Er und Lothar setzten sich. Der alte Mann nahm dankbar etwas Essen und einen Weinschlauch von Khadgar an, während Turalyon es ihm erklärte. Er war so überrascht wie jeder andere gewesen, als sich das Gros der Horde von der Hauptstadt abgewandt hatte und eiligst Richtung Süden marschiert war. Dann hatte er einen Bericht von Proudmoore über die Seeschlacht und ihren Ausgang erhalten.

»Der Rest der Horde war zu schwach, um gegen uns zu bestehen. Besonders, als König Terenas sie jedes Mal attackierte, wenn sie in die Nähe der Stadtmauern kamen«, schloss er. »Und ihr Anführer muss es gewusst haben. Deshalb haben sie sich zurückgezogen. Seitdem verfolgen wir sie.«

»Vielleicht wartete er darauf, dass diese Orcs von der See zurückkehrten«, meinte Lothar und nagte an einem Stück Käse. »Als das nicht passierte, muss er geahnt haben, dass sie sich in Schwierigkeiten befinden.« Er grinste. »Außerdem hatte er keine Fluchtroute mehr, nachdem die Pässe in den Bergen blockiert wurden und von dort kein Nachschub zu erwarten war.«

Turalyon nickte. »Dann hast du von Perenolde gehört?«

»Allerdings.« Lothar machte ein ernstes Gesicht. »Wie ein Mann sich gegen sein eigenes Volk stellen kann, werde ich nie verstehen. Aber dank Trollbane müssen wir uns um Alterac nicht mehr sorgen.«

»Und das Hinterland?«, fragte Khadgar.

»Orcfrei«, antwortete Lothar. »Es dauerte eine Weile, bis wir alle fanden. Einige hatten sich tief eingegraben. Sie hatten sogar schon unterirdische Verstecke ausgehoben, in die sie verschwinden konnten, wenn wir sie jagten. Aber schließlich haben wir sie doch erwischt. Die Wildhammerzwerge patrouillieren dort immer noch.«

»Und die Elfen kehren heim nach Quel’Thalas, um auch dort aufzuräumen«, fügte Turalyon hinzu. »Die Orcs scheinen den Wald verlassen zu haben. Doch die Trolle treiben sich dort immer noch herum.« Er lächelte, als er an Alleria und ihre Artgenossen dachte und deren »Zuneigung« für Waldtrolle. »Ich möchte nicht in der Haut der Biester stecken, wenn sie erneut auf die Waldläufer treffen.« Er schaute sich um. »Aber wo sind Uther und die anderen Paladine?«

»Ich habe sie nach Lordaeron geschickt«, antwortete Lothar, leerte den Weinschlauch und legte ihn beiseite. »Die sorgen dafür, dass die Region sicher bleibt, und danach folgen sie uns.« Er lächelte karg. »Uther könnte beleidigt sein, wenn wir ihm niemanden zum Bekämpfen übrig lassen.«

Turalyon nickte und stellte sich vor, wie sein eifriger Paladinkollege darauf reagieren würde, wenn er das Ende des Krieges verpasste. Obwohl die Orcs noch durchaus zahlreich waren, fühlte es sich doch an, als neigte sich der Krieg dem Ende entgegen.

Er hatte befürchtet, die Schlacht um die Hauptstadt bereits verloren zu haben. Aber als das Gros der Horde das Schlachtfeld verließ, hatte sich alles geändert. Die Horde war jetzt kleiner – und verzweifelter denn je.

»Sie versuchen, sich in Khaz Modan einzuigeln«, sagte Khadgar, aber Turalyon schüttelte den Kopf. Er bemerkte mit Stolz, dass Lothar dasselbe tat.

»Dann bekommen sie es mit den Zwergen zu tun«, erklärte Lothar. »Eisenschmiede ist immer noch nicht erobert, und die Zwerge warten nur auf ihre Chance, um die Berge zurückzugewinnen.«

»Wir sollten ihnen dabei helfen«, erklärte Turalyon und unterbrach Khadgar und Lothar, die ihm nun ihre volle Aufmerksamkeit widmeten. »Wir könnten einen Abstecher nach Eisenschmiede machen, wenn die Orcs dort nicht von sich aus hingehen, und die Greifenreiter nutzen, um der Horde auf der Spur zu bleiben. Wenn wir die Zwerge befreien, können sie die Berge halten und somit verhindern, dass sich die Orcs dorthin zurückziehen. Außerdem jagen sie alle Grünhäute, die sich dort noch rumtreiben mögen.«

Lothar nickte. »Das ist ein guter Plan«, meinte er lächelnd. »Sagt es den Truppen, und wir marschieren am frühen Morgen los.« Er stand auf und streckte sich. »Ich brauche Schlaf, sagte er. »Es war ein langer Ritt, und ich bin auch nicht mehr der Jüngste.« Er warf Turalyon einen ernsten Blick zu. »Du hast dich gut geschlagen, während ich weg war. Aber das wusste ich ja vorher.« Lothar machte eine Pause und schaute ihn mit einer Mischung aus Trauer und Respekt an. »Liane«, sagte er sanft. »Du erinnerst mich an ihn. Du bist genauso tapfer.«