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Außerdem rief jedes Wort ein vielfaches Echo hervor. Das rief unliebsame Erinnerungen an den Geistercanyon wach.

Je länger ihre Reise durch den Berg dauerte, desto mehr wurde Jacob von dem weitverzweigten Tunnelsystem in den Bann gezogen.

Jetzt konnte er verstehen, weshalb selten jemand den Weg durch den Berg ins Tal der heißen Wasser fand. Wer nur eine der vielen falschen Abzweigungen nahm, verirrte sich rettungslos in der unterirdischen Welt. Ohne einen kundigen Führer war eine Durchquerung des Berges aussichtslos.

Auch Jacob traute sich nicht zu, ohne Mondauges Hilfe den Weg zurück zu finden. Die Indianer im Tal konnten ganz beruhigt sein. Solange sie es den Auswanderern nicht erlaubten, würden sie das Tal nicht verlassen. Sie würden es einfach nicht können.

Als irgendwann ein heftiger Windstoß in Jacobs Gesicht blies, ahnte er, daß sie sich dem anderen Ende des Tunnels näherten. Der Wind war gar nicht so kalt wie auf der Seite, wo sie in den Tunnel eingetaucht waren. Je weiter sie kamen, desto wärmer wurde er. Die Reise durch den Berg hatte fast drei Stunden gedauert, und der Fackelvorrat ging bereits zur Neige.

Der Treck-Captain sprach Mondauge darauf an.

»Es stimmt, was der Adler sagt«, antwortete der Indianer. »Gleich kommen wir ans Ende des Berges.«

»Dann sind wir im Tal?«

»Ja. Sobald wir die Steinbrücke überquert haben.«

»Die Steinbrücke?«

»Die Freunde des Adlers werden vorsichtig sein müssen. Die Steinbrücke ist sehr schmal. Wenn die Wagen abrutschen, sind sie verloren.«

»Ist das die große Gefahr, von der Mondauge gesprochen hat?«

Der Indianer nickte.

Und dann sah Jacob die Gefahr, ohne sie allerdings gleich als solche wahrzunehmen. Zu überwältigt war er von dem Naturschauspiel, das sich vor den Auswanderern ausbreitete.

Der dunkle Himmel ließ sie das Tal der heißen Wasser in seinen Umrissen nur erahnen. Aber direkt unter ihnen, tief zu ihren Füßen, flackerte eine seltsame Helligkeit, die zugleich die Quelle der unnatürlichen Wärme war. Dort zischte, dampfte, sprudelte es in einem fort. Kleine Seen aus Feuer schienen dort zu liegen, die eine seltsame rötliche Helligkeit in die Nacht warfen.

Plötzlich ließ ein lautes Zischen die Auswanderer zusammenfahren. Einige bekreuzigten sich, als ihnen eine gewaltige Fontäne entgegensprang, fast bis an das hundertfünfzig Fuß hoch gelegene Plateau, an dem die Steinbrücke begann und auf dem jetzt die vordersten Wagen standen. Vier, fünf Minuten lang stand die Säule aus Dampf und heißem Wasser in der Luft. Dann brach sie so plötzlich in sich zusammen, wie sie sich erhoben hatte. Wie ein Spukwesen, das sich nur bei Nacht hervorwagte.

»Mein Gott, was war das?« flüsterte eine erschrockene Frauenstimme hinter Jacob.

»Das war der Feuergott, der euch willkommen hieß«, erklärte Mondauge. »Es war auch eine Warnung an euch, vorsichtig zu sein. Wenn eure Wagen von der Brücke stürzen, werden sie in dem heißen Wasser verbrennen.«

»Das sah aus wie ein kleiner Vulkan«, meinte Melvin Freeman, der mit Custis Hunter neben Jacob getreten war.

»Vulkan ist das passende Stichwort«, sagte Custis. »Genau damit haben wir es zu tun.«

»Du meinst, der Berg, durch den wir gefahren sind, war einmal ein Vulkan?« fragte sein schwarzer Freund.

»Nicht nur der Berg. Ich nehme an, das gesamte Tal ist der Krater eines längst verloschenen Vulkans.«

»So verloschen sieht mir das aber gar nicht aus«, brummte Melvin mit einem Blick nach unten in das, was aussah wie flüssiges Feuer. »Ein bißchen höher, und dieses Säule heißen Wassers hätte uns verbrüht wie zu hastig getrunkener Kaffee.«

»Ja«, gab Custis zu und schaute ebenfalls hinunter in das unablässige Zischen und Blubbern. »Eine ganz schöne Menge an Geysiren, Fumarolen und heißen Quellen. Aber ihnen verdankt Mondauges Stamm wohl seinen Lebensraum. Von hier aus führt ein Fluß durch das ganze Tal, wie es aussieht. Das warme Wasser sorgt dafür, daß es hier niemals richtig Winter wird.«

»Das reicht aus?« fragte Melvin ungläubig. »Das Tal sieht mächtig groß aus.«

»Ich nehme an, es gibt noch mehr heiße Quellen im Tal. Aber das hier scheint die größte zu sein. Vielleicht kommt noch Schmelzwasser von der Bergkuppe hinzu, das erwärmt wird.«

Immer mehr Menschen traten an den Rand des Plateaus und starrten hinunter. Ihre Gesichter wirkten alles andere als glücklich bei dem Gedanken, auf der schmalen Steinbrücke über die heißen Wasser hinwegrollen zu müssen.

Diese Brücke war nicht von Menschenhand erbaut, sondern ein bizarrer Einfall der Natur. Sie führte schräg abwärts ins Tal hinein, war einmal gerade so breit wie ein Planwagen und durchmaß dann wieder das Doppelte. Ihre Stützpfeiler waren schlanke, hochaufragende Felsen, die direkt aus dem weiten Feld der Quellen, Geysire und Fumarolen herauswuchsen. Nur eins hatte die Natur bei ihrer Konstruktion vergessen: das Brückengeländer, das die Menschen vor dem heißen Tod bewahrte.

»Steht hier nicht herum!« fuhr Jacob die Leute mit ungewohnter Schärfe an. »Macht, daß ihr zu euren Wagen zurückkommt. Wir müssen weiter!«

Dahinter steckte ein doppelter Grund. Zum einen kam es für Martin auf jede Minute an. Zum anderen wollte er verhindern, daß sich die Menschen zu viele Gedanken über den höllischen Abgrund machten. Je länger sie in die Tiefe starrten, desto nervöser würden sie werden. Und desto mehr Fehler würden sie machen beim Überqueren der Steinbrücke.

Er brüllte seine Befehle. Die Reiter sollten von den Pferden steigen. Die erfahrensten Männer sollten die Wagen lenken. Niemand sonst sollte sich in ihnen aufhalten; eine Vorsichtsmaßnahme für den Fall, daß einer der Prärieschoner abrutschte und in die Tiefe stürzte.

Dann ging es los.

Mondauge, Jacob und Billy Calhoun schritten voran. Die beiden letzteren führten ihre Pferde am Zügel.

Ihnen folgte der erste Wagen, in dem Martin lag. Ihn hatten sie nicht herausholen können; er war so schwach, daß er nicht einmal ansprechbar war. Custis Hunter hatte auf dem Bock Platz genommen. Irene, den kleinen Jamie in den Armen, und Urilla folgten ihrem Wagen. Sam Kelleys dreizehnjähriger Sohn George hatte es übernommen, das vordere Ochsenjoch zu führen, um einem Fehltritt der Tiere vorzubeugen.

So ging es weiter. Jedes Wagengespann wurde von einem Auswanderer geführt. Den Wagen folgten die dazugehörigen Familien. Ganz am Schluß trieben einige Männer und Jungen die unwillige Viehherde auf die Brücke.

Die Tiere scheuten immer wieder zurück vor der Tiefe, den heißen Dämpfen und den ungewohnten Geräuschen. Die Treiber mußten sie mit lauten Schreien und Peitschenhieben zum Weitergehen zwingen. Der Verlust einiger Tiere schien unvermeidlich. Jacob hatte ihn einkalkuliert. Das Leben von ein paar Rindern, Mulis oder Pferden war verzichtbar, aber nicht das eines Menschen.

Nicht Martins Leben!

Aber dann schien es doch ein Mensch zu sein, den sich der Feuergott als Opfer auserkoren hatte. Es geschah, als der gesamte Treck bereits auf der Brücke war und die Auswanderer daran zu glauben begannen, daß sie den schwierigen Abstieg heil überstehen würden.

An der Stelle, wo sich die Treckspitze befand, schoß eine jener unberechenbaren Fontänen in die Höhe, wie sie die Auswanderer schon beim Erreichen des Tunnelendes erlebt hatten. Die Fontäne aus Gas, Dampf und Wasser war höher als die Brücke. Der Wind trieb die heiße Gischt auf die Menschen und Tiere zu.

Zuerst scheuten Jacobs Grauschimmel und Billys kleiner Piebald.

Das Halbblut beruhigte sein Tier mit ein paar indianischen Zurufen.

Doch der erregte Graue stieg mit den Vorderbeinen in die Luft. Um ein Haar hätten seine wirbelnden Hufe Jacob getroffen und in die Tiefe geschleudert. Der Treck-Captain konnte gerade noch zur Seite ausweichen.

Es gelang ihm, das Zaumzeug des Pferdes zu fassen. Er versuchte den Kopf des Tieres zu sich heranzuziehen und redete beruhigend auf den Grauen ein. Es wirkte. Allmählich beruhigte sich das Pferd wieder.