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»Bist du dort eine Art Militärberater?«

Ich nickte.

»Kannst du mir den Ort nennen?«

Ich schüttelte den Kopf.

»Tut mir leid.«

»Das kann ich schon irgendwie verstehen«, sagte er. »Der Arzt hat mir mitgeteilt, was deinen Worten zufolge gestern abend passiert ist. Unter uns gesagt – hat das irgendwie mit den Dingen zu tun, die du in der Zwischenzeit getan hast?«

Wieder nickte ich.

»Das läßt das Bild ein bißchen klarer erscheinen«, sagte er. »Nicht viel, doch es reicht. Ich will dich gar nicht fragen, mit welcher Behörde, wenn überhaupt, du zu tun hast. Ich habe dich stets als Gentleman gekannt, als einen vernünftigen Menschen. Deshalb interessierte mich dein damaliges Verschwinden auch so, deshalb habe ich mich seinerzeit um die Sache gekümmert. Ich kam mir zwischendurch ein bißchen arg aufdringlich vor, doch dein rechtlicher Status war etwas rätselhaft, und ich wollte wissen, was geschehen war. In erster Linie, weil ich mir Sorgen um dich machte. Ich hoffe nicht, daß dich das stört.«

»Mich stören?« fragte ich. »Es gibt nicht viele Menschen, die sich darum scheren, was aus mir wird. Ich bin dir dankbar! Außerdem interessiert mich, was du herausgefunden hast. Ich selbst hatte nämlich keine Zeit, der Sache nachzugehen und alles zu regeln. Wie wär´s, wenn du mir sagtest, was du in Erfahrung bringen konntest?«

Er öffnete die Aktentasche und zog einen braunen Umschlag heraus, den er sich auf die Knie legte. Er brachte mehrere Blatt gelbes Papier zum Vorschein, die mit seiner sauberen Handschrift vollgeschrieben waren. Er hob das erste Blatt hoch, starrte einen Augenblick lang auf den Text und sagte: »Nachdem du aus dem Krankenhaus in Albany geflohen warst und deinen Unfall hattest, ist Brandon offenbar verschwunden, und . . .«

»Halt!« sagte ich, hob die Hand und versuchte mich aufzurichten.

»Was?« fragte er.

»Du hast die Reihenfolge durcheinandergebracht, und auch der Ort stimmt nicht«, sagte ich. »Erst kam der Unfall, außerdem liegt Greenwood nicht in Albany.«

»Das weiß ich«, sagte er. »Ich meinte ja auch das Porter-Sanatorium, in dem du zwei Tage verbrachtest, ehe du verschwandest. Noch am gleichen Tag hattest du den Unfall und wurdest anschließend hierhergebracht. Dann erschien deine Schwester Evelyn auf der Bildfläche. Sie ließ dich nach Greenwood verlegen, wo du einige Wochen zubrachtest, ehe du erneut verduftet bist. Richtig?«

»Teilweise ja«, sagte ich. »Besonders der letzte Teil. Wie ich dem Arzt vorhin schon sagte, setzt mein Erinnerungsvermögen einige Tage vor dem Unfall aus. Das Institut in Albany erinnert mich allerdings an etwas, doch es ist alles noch sehr vage. Weißt du Einzelheiten?«

»O ja«, sagte er. »Und das hat vielleicht sogar mit dem Zustand deines Gedächtnisses zu tun. Du wurdest wegen Unzurechnungsfähigkeit eingeliefert . . .«

»Durch wen?«

Er schüttelte das Blatt Papier und kniff die Augen zusammen.

»Bruder Brandon Corey; zuständiger Arzt: Hillary B. Rand, Psychiater«, las er vor. »Weckt das weitere Erinnerungen?«

»Möglich«, sagte ich. »Und?«

»Nun, auf dieser Grundlage wurdest du für unzurechnungsfähig erklärt, in Gewahrsam genommen und eingeliefert. Was nun dein Gedächtnis angeht . . .«

»Ja?«

»Ich weiß nicht besonders viel über diese Behandlung und ihre Wirkung auf das Gedächtnis – jedenfalls wurdest du in Porter einer Elektroschock-Behandlung unterzogen. Dort – meine Unterlagen deuten jedenfalls darauf hin – bist du am dritten Tag ausgerückt. Anscheinend holtest du von einem nicht genannten Ort deinen Wagen und warst unterwegs nach hierher, worauf du den Unfall hattest.«

»Das scheint zu stimmen«, sagte ich. »Wirklich.« Als er zu sprechen begann, hatte ich einen Augenblick lang das verrückte Gefühl, in den falschen Schatten zurückgekehrt zu sein – in einen Schatten, da alles ähnlich, doch nicht kongruent war. Inzwischen glaubte ich das nicht mehr. Irgend etwas in mir sprach auf seine Geschichte an.

»Nun zu der Verfügung«, sagte er. »Sie beruhte auf gefälschten Unterlagen, was das Gericht damals aber nicht wissen konnte. Der echte Dr. Rand war zu der Zeit in England, und als ich mich später mit ihm in Verbindung setzte, hatte er noch nie von dir gehört. Während seiner Abwesenheit war bei ihm im Büro eingebrochen worden. Außerdem hat er seltsamerweise keinen Mittelnamen, der mit einem B anfängt. Und er hatte noch nie von Brandon Corey gehört.«

»Was ist aus Brandon geworden?«

»Der ist einfach spurlos verschwunden. Als man in Porter dein Verschwinden bemerkte, versuchte man sich mehrfach mit ihm in Verbindung zu setzen, doch er war nicht auffindbar. Dann hattest du den Unfall, wurdest hierhergebracht und behandelt. Daraufhin meldete sich eine Frau namens Evelyn Flaumel, die sich als deine Schwester vorstellte. Sie gab an, du seist für unzurechnungsfähig erkärt worden, und die Familie wolle dich nach Greenwood verlegen lassen. Brandon, der zu deinem Vormund bestellt worden war, stand nicht zur Verfügung, und man ging auf ihre Wünsche ein, da sie immerhin die einzige verfügbare Verwandte war. So kam es, daß man dich in das andere Institut brachte. Dort bist du einige Wochen später aber wieder ausgerückt, und damit endet meine Aufzeichnung.«

»Wie ist mein rechtlicher Status im Augenblick?« wollte ich wissen.

»Oh, man hat dich wieder in deine Rechte eingesetzt«, sagte er. »Nachdem ich mit Dr. Rand gesprochen hatte, hat er sich an das Gericht gewandt und diese Tatsachen ausgeführt. Der Gerichtsbeschluß wurde aufgehoben.«

»Weshalb benimmt sich denn der Arzt hier, als wäre ich ein Fall für die Klapsmühle?«

»Oh Himmel – das ist eine gute Frage! Ich bin noch gar nicht darauf gekommen! In den hiesigen Unterlagen dürfte noch stehen, daß du mal ein psychiatrischer Fall warst. Am besten rede ich gleich mit den Leuten. Ich habe ein Exemplar der gerichtlichen Eintragung hier, das kann ich dem Arzt zeigen.«

»Wann wurde die Sache mit dem Gericht geklärt – wie lange nach meiner Flucht aus Greenwood?«

»Im folgenden Monat«, entgegnete er. »Es vergingen einige Wochen, ehe ich mich dazu aufraffen konnte, meine Nase in deine Angelegenheiten zu stecken.«

»Du konntest natürlich nicht wissen, wie froh ich bin, daß du es getan hast«, sagte ich. »Du hast mir außerdem mehrere Informationen gegeben, die sich noch als ungemein wichtig erweisen könnten.«

»Es ist schön, wenn man einem Freund ab und zu helfen kann«, erwiderte er, schloß den Umschlag und schob ihn wieder in die Tasche. »Eine Bitte . . . wenn alles ausgestanden ist, wenn du darüber sprechen kannst . . . dann würde ich gern die komplette Geschichte hören.«

»Ich kann dir nichts versprechen.«

»Ich weiß. Ich wollte es nur mal gesagt haben. Übrigens, was soll aus dem Haus werden?«

»Mein Haus? Gehört es noch immer mir?«

»Ja, aber es wird vermutlich nächstes Jahr wegen der anfallenden Steuern versteigert, wenn du nichts unternimmst.«

»Ich bin überrascht, daß es nicht schon längst verkauft ist.«

»Du hast der Bank Vollmacht gegeben, deine Rechnungen zu bezahlen.«

»Daran habe ich gar nicht mehr gedacht. Eigentlich hatte ich mir das Konto nur zur Bequemlichkeit eingerichtet und für die Kreditkarten.«

»Jedenfalls ist das Konto jetzt fast leer«, sagte er. »Ich habe erst kürzlich noch mit McNally von der Bank gesprochen. Die Folge ist, daß das Haus nächstes Jahr verkauft wird, wenn du nichts unternimmst.«

»Ich habe keine Verwendung mehr dafür«, sagte ich. »Sollen sie damit doch machen, was sie wollen!«

»Verkauf es lieber und hol raus, was noch drin ist.«

»So lange bin ich wohl gar nicht mehr hier.«

»Ich könnte das für dich übernehmen und dir das Geld schicken, wo immer du es haben willst.«

»Na schön«, sagte ich. »Ich unterschreibe die notwendigen Vollmachten. Bezahle meine Krankenhausrechnung davon und behalte den Rest.«

»Das geht doch nicht!«

Ich zuckte die Achseln.