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Ja, die Brille funktionierte. Und – ja, das Ungeheuer wartete bereits auf mich.

Es bot einen fürchterlichen Anblick, obwohl es in gewisser Weise sogar schön zu nennen war. Es hatte einen gewaltigen Echsenleib und einen Kopf, breit wie ein mächtiger Vorschlaghammer, der zur Schnauze hin spitz zulief. Augen von einem besonders hellen Grün. Das Geschöpf war durchsichtig wie Glas, auf dem schwache Linien einen Schuppenpanzer anzudeuten schienen. Die Flüssigkeit, die durch seine Adern floß, war ebenfalls ziemlich klar. Man konnte geradewegs in das Geschöpf hineinblicken und seine Organe ausmachen, die milchig-wolkig wirkten. Man war fast in Versuchung, hinzustarren, wie dieser ungeheure Organismus funktionierte, und sich dadurch vom Eigentlichen ablenken zu lassen. Das Geschöpf besaß an Kopf und Hals eine dichte Mähne, die an Glasfaserbüschel erinnerte. Als es mich erblickte, hob es den Kopf und glitt auf mich zu – auf den ersten Blick wirkte es wie ein Strom, wie dahinfließendes Wasser, wie ein Fluß ohne Ufer. Was mich jedoch fast erstarren ließ, war die Tatsache, daß ich dem Ding in den Magen sehen konnte. Darin lag ein teilweise verdauter Mensch!

Ich hob die Pistole, zielte auf eins der Augen und drückte ab. Doch das Ding funktionierte nicht. Ich warf die Pistole fort, sprang nach links, näherte mich dem Wesen von seiner rechten Seite und hieb mit der Klinge nach seinem Auge.

Du weißt selbst, wie schwierig der Kampf gegen reptilienhafte Wesen ist. Ich hatte mich blitzschnell für den Versuch entschieden, das Ungeheuer zunächst zu blenden und ihm die Zunge abzuschneiden. Da ich nicht unbedingt langsam auf den Füßen war, hatte ich anschließend vielleicht Gelegenheit, ein paar Schläge am Kopf anzubringen, bis sich der Hals durchtrennen ließ. Dann konnte sich das Ding meinetwegen ineinander verknoten, bis alles vorbei war. Ich hegte die Hoffnung, daß es sich nach seiner letzten Mahlzeit noch einigermaßen schwerfällig bewegen würde.

Doch wenn das Wesen jetzt schwerfällig reagierte, war ich froh, daß ich nicht vor seiner Mahlzeit gekommen war. Es wich meiner Klinge geschickt aus und zuckte mit dem Kopf vor, noch während ich aus dem Gleichgewicht war. Die mächtige Schnauze streifte meine Brust, und ich hatte das Gefühl, von einem riesigen Hammer getroffen zu werden. Rücklings ging ich zu Boden.

Ich rollte mich seitlich ab, um außer Reichweite zu kommen, und rappelte mich am Rande der Anhöhe wieder auf. Das Geschöpf entspannte sich wieder, zerrte einen Gutteil seines Körpers in meine Richtung, richtete sich auf und neigte von neuem den Kopf in meine Richtung, etwa fünfzehn Fuß über mir.

Ich weiß durchaus, daß Gérard diesen Augenblick für einen Angriff gewählt hätte. Der großgewachsene Kerl wäre mit seiner Riesenklinge losgestürmt und hätte das Wesen in zwei Hälften zerhauen. Die Teile wären wahrscheinlich über ihn gefallen und hätten sich auf ihm herumgewunden, was ihm ein paar Prellungen und vielleicht eine blutige Nase eingebracht hätte. Benedict dagegen hätte das Auge nicht verfehlt. Er hätte wahrscheinlich längst beide Augen in der Tasche gehabt und mit dem Kopf Fußball gespielt. Aber diese beiden sind eben echte Helden. Ich – ich stand einfach da mit erhobener Klingenspitze, beide Hände um den Griff gelegt, die Ellenbogen in die Hüften gestemmt, den Kopf zurückgeneigt so weit es ging. Ich wäre viel lieber geflohen und hätte die ganze Sache sausen lassen. Nur wußte ich, daß der Kopf gleich niederzucken und mich zermahnen würde, wenn ich das versuchte.

Schreie aus dem Turm ließen erkennen, daß man mich entdeckt hatte, doch ich war nicht willens, den Kopf zu drehen, um nachzuschauen, was dort geschah. Dann begann ich das Geschöpf zu verfluchen. Ich wollte, daß es endlich zuschlug, daß es die Sache zu Ende brachte, so oder so.

Als es schließlich handelte, zog ich die Beine an, drehte den Körper herum und richtete die Schwertspitze voll auf mein Ziel.

Der Schlag lahmte einen Teil meiner linken Flanke, und ich hatte das Gefühl, ein gutes Stück unangespitzt in den Boden getrieben worden zu sein. Irgendwie gelang es mir, auf den Füßen zu bleiben. Ja, ich hatte alles richtig hinbekommen. Das Manöver war genauso abgelaufen, wie ich gehofft und geplant hatte.

Bis auf das Ungeheuer; es machte leider nicht mit. Die erwarteten Todeszuckungen blieben aus.

Im Gegenteil, es machte Anstalten, sich zu erheben!

Und dabei nahm es noch mein Schwert mit! Der Griff steckte in der linken Augenhöhle, die Spitze ragte als weiterer Stachel aus der Mähne am Hinterkopf. Ich hatte das Gefühl, daß die angreifende Mannschaft geliefert war.

In diesem Augenblick erschienen Gestalten in einer Öffnung am Fuße des Turms. Sie sahen häßlich aus und waren bewaffnet, und ich hatte das Gefühl, daß sie nicht gerade auf meiner Seite standen.

Also gut – ich weiß, wenn es Zeit wird, die Zelte abzubrechen und auf ein anderes und besseres Spielchen zu hoffen.

»Brand!« brüllte ich. »Hier Random! Ich komme nicht durch! Tut mir leid!«

Dann machte ich kehrt, lief los und sprang über den Rand in jene Welt hinab, da die Felsen ihre verwirrenden Bahnen zogen. Ich überlegte noch, ob ich mir für meinen Abstieg wirklich die beste Zeit ausgesucht hatte.

Wie es oft der Fall ist, lautete die Antwort ja und nein.

Es war ein Sprung, wie ich ihn nur aus Gründen tun möchte, die in jenem Augenblick mich dazu zwangen. Als ich unten auftraf, war ich noch am Leben – doch das war auch schon alles, was sich über meinen Zustand sagen ließ. Ich war betäubt, und eine Zeitlang hatte ich das Gefühl, mir beide Knöchel gebrochen zu haben.

Was mich wieder zu mir brachte, war ein Schurren von oben; es folgte ein Prasseln von Steinen ringsum. Als ich meine Brille wieder auf die Nase geschoben hatte und den Kopf hob, erkannte ich, daß sich das Ungeheuer entschlossen hatte, mir den Garaus zu machen. Es wand sich wie ein Phantom die Schräge herab. Das Gebiet um seine Kopfwunde war inzwischen erheblich undurchsichtig geworden.

Ich richtete mich auf und kniete mich hin. Ich belastete prüfend mein Fußgelenk, hielt aber den Schmerz nicht aus. Ich entdeckte nichts, das sich als Krücke verwenden ließ. Na gut. Also kriechen. Ich begann zu kriechen. Ich floh. Was konnte ich anderes tun? Ich mußte einen möglichst großen Vorsprung herausholen und dabei angestrengt nachdenken.

Meine Rettung war ein Felsen – einer der kleineren, langsameren Brocken, etwa so groß wie ein Kombiwagen. Als ich das Ding näherkommen sah, wurde mir klar, daß ich hier ein ideales Beförderungsmittel hatte, wenn ich den Stein nur irgendwie besteigen konnte. Vielleicht war ich dort oben sogar einigermaßen sicher. Die wirklich großen und schnellen Felsen schienen am meisten herumgestoßen zu werden.

Unter diesem Aspekt beobachtete ich die großen Brocken, die meinen Stein begleiteten, schätzte ihre Kurse und Geschwindigkeiten ab, versuchte die Bewegung des ganzen Systems vorauszuberechnen und bereitete mich auf den entscheidenden Augenblick, die entscheidende Anstrengung vor. Ich achtete auf das Ungeheuer, hörte die Schreie der Männer vom Hügel und fragte mich, ob wohl eine der Gestalten dort oben auf mich setzte, und wenn ja, welche Chancen er mir einräumte.

Als der richtige Augenblick da war, setzte ich mich in Bewegung. An dem ersten großen Brocken kam ich problemlos vorbei, mußte dann aber auf das Vorbeirutschen des zweiten warten. Beim dritten und letzten großen Stein ging ich das Risiko ein, vor ihm vorbeizukriechen; es blieb mir auch gar nichts anderes übrig, wenn ich mein Ziel erreichen wollte.

Ich schaffte es im rechten Augenblick bis zur richtigen Stelle, hielt mich an Kanten fest, die ich mir vorher ausgesucht hatte, und wurde etwa zwanzig Fuß weit mitgeschleift, ehe ich mich vom Boden hochziehen konnte. Dann zog ich mich auf den harten Rücken des Brockens hinauf, blieb dort ausgestreckt liegen und schaute zurück.

Es war knapp gewesen – und noch immer war ich nicht außer Gefahr, denn das Ungeheuer hielt Schritt, wobei sein gesundes Auge den kreiselnden Bewegungen der großen Steine aufmerksam folgte.