Dann hob er Neala hoch und drückte sie an sich.
Später entwirrte Robbins Nealas langes, weiches Haar. Er löste es vom Kieferknochen des alten Schädels und warf den Kopf zur Tür hinaus.
Unter den Kreuzen vor der Hütte fand er eines, das stabiler zu sein schien als die anderen. Darauf spießte er den Kopf von Manfred Krull. Er stellte das Kreuz neben der Tür der Hütte auf.
»Sir!«
Als er sich umdrehte, erblickte er einen Mann, der sich durch das Meer der anderen Kreuze näherte. Der schlanke,
blasse Unbekannte schob die Pflöcke im Gehen beiläufig beiseite.
Neala ergriff Robbins' Arm. Er sah, dass sie den Säbel hielt.
»Fürchtet euch nicht«, sagte der Mann.
Er trat zwischen den Kreuzen hervor. Um seine Beine flatterte ein Schurz aus Haaren. Vor Robbins blieb er stehen.
»Ihr habt den Teufel erschlagen«, sagte er. »Mit seinem Tode habt ihr eure Errettung erkauft. Wir werden euch in Sicherheit geleiten.«
»Wir können gehen?«, fragte Robbins.
»Erzählt niemandem, was ihr in diesen Wäldern gesehen habt, sonst ist euer Leben verwirkt.«
»Was ist mit den anderen?«, hakte Neala nach.
»Es gibt keine anderen.«
KAPITEL 37
Cordie kauerte in der Dunkelheit und beobachtete, wie Robbins und Neala dem alten Mann durch das Feld der Köpfe folgten.
Sie fragte sich, ob sie zu ihnen gehen sollte.
Dann jedoch fiel ihr Grars Warnung ein.
Dein Tod wird schrecklicher sein, als du es dir in Albträumen auszumalen vermagst.
Es galt immer noch. Musste so sein.
Flach auf dem Bauch lag sie inmitten der Kreuze und presste die Augen zu.
Sie war am Ende.
Tot.
O lieber Gott.
Wenn sie sich nicht bewegte, würden zumindest die Krulls sie vielleicht nicht bemerken. Sie konnte hier sterben und sich so vor ihnen retten.
Zeit verging.
Eine lange, lange Zeit.
Cordie hätte nicht gedacht, dass eine Nacht so lange dauern konnte. Dann verfärbte sich der Himmel hellblau, und schließlich ging die Sonne auf.
Als sie ein Geräusch hörte, hob sie den Kopf. Und erblickte Heth, der seinen beinlosen Körper zwischen den Kreuzen hindurchschwang. Sein Blick begegnete dem ihren.
»Nein«, flüsterte sie.
Ein seltsames Geräusch drang an ihre Ohren, ein rhythmisches Wupp-wupp-wupp. Sie schaute auf. Am gegenüberliegenden Ende der Lichtung tauchte ein Helikopter über den Baumspitzen auf.
»Großer Gott«, stieß sie hervor.
Sie sah zu Heth. Sein abscheuliches, aufgedunsenes Gesicht schien zu grinsen.
Cordie rappelte sich auf die Beine. Sie raste auf die Hütte zu, schwenkte die Arme über den Kopf und kümmerte sich weder um die Kreuze, gegen die sie stieß, noch um die Köpfe, die vor ihr herabkullerten.
Der Hubschrauber landete vor der Hütte.
Ein Passagier stieg aus - eine große Frau. Sie trug einen roten Overall. Und hatte ein Gewehr.
»Sherri!«
Cordie rannte auf sie zu.
Sherri setzte das Gewehr an der Schulter an.
»Nein! Bitte! Es tut mir leid!«
Der Schuss übertönte den Lärm der Rotoren. Cordie wirbelte herum. Einen Meter hinter ihr schwankte Heth auf seinen ausgestreckten Armen.
In seiner Stirn prangte ein Loch.
Er fiel nach vorn auf das Gesicht.
»Schwing deinen Arsch hier rüber!«, brüllte Sherri. Cordie lief zu ihr.
Nachrichten, Kanal 3 2. Juli
»Nun zu den Lokalmeldungen. Ein Aufgebot des Sheriff-Büros des Bezirks Mariposa ist von einer Durchsuchung der Wildnis westlich von Barlow nicht zurückgekehrt. Die 18 Männer betraten das unwirtliche Waldgebiet am Dienstag, um einer Meldung über mehrere Morde nachzugehen ...«
EPILOG
»Auf, auf!«, sang Lander leise, als er durch den dunklen Wald humpelte. Die Schussverletzung in seinem Bein war beinah verheilt.
»Auf, auf! Lasst uns singen an diesem Freudentag!«
Er trug das Mädchen über die Lichtung und ließ es vor seine Füße fallen. Das junge Ding stöhnte.
Nicht tot?
»Wie seltsam«, murmelte er. »Aber flugs behoben.«
Er zog das Beil von seinem Gürtel.
Ihre Augen öffneten sich. Ihre Hand fasste hoch und krallte sich in eine Handvoll Haar. Beinah hätte sie ihm seinen hübschen neuen Schurz von der Hüfte gezogen. »Bitte«, stammelte sie.
»Bitte? Hör ich recht?« Er kniete sich neben sie. Sein Blick wanderte über ihren vom Mondlicht erhellten Körper - einen Körper, der ihm zuvor, nach einem Schlag auf ihren
Kopf, solches Vergnügen bereitet hatte. Einen jungen, zierlichen Körper. »Wie nennt man dich?«, fragte er.
»Lilly.«
»Lilly. O Lilly, süß und schön, was gleichst du doch einer Blume.« Er berührte ihre kleinen Brüste. »Knospen und Blütenblätter. Süßer Nektar. Soll ich dich verschonen? Soll ich dich in meinen Palast mitnehmen?«
Ihre Hand schob sich durch das herabhängende Haar und berührte sein Glied.
»Vielleicht sollte ich das.«
Er steckte das Beil zurück und hob sie hoch, küsste ihren Busen. »Komm fort. Lass uns der Gottheit Propheten sein.«
Er trug sie durch den Wald der aufgespießten Köpfe.
»Grar«, sagte das Mädchen, den Blick auf einen der Schädel geheftet.
»Du kanntest ihn? Ein Bursche von unendlichem Humor. Nun ziemlich weggeschrumpft.«
»Ein Arschloch«, meinte Lilly.
Lander lachte. »Auf, auf! Was für ein Freudentag«, sagte er und trug sie zur Hütte.
Nachrichten, Kanal 3 11. Juli
»Nun zu den Lokalmeldungen. Eine zwölfköpfige Suchmannschaft ist nicht aus der Wildnis westlich von Barlow zurückgekehrt, wo vergangene Woche ein Aufgebot des Sheriff-Büros spurlos verschwand ...«