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Er schaltete das Gerät ein, tippte wahllos einige Ziffern und Buchstaben in die Tastatur und blickte verärgert auf die ewig gleiche, stereotype Antwort. Jean verfluchte die Welt, sich selbst und die schwarzen Götter Morons dafür, nicht mehr von Computern zu verstehen. Sie hatten einige kleine Rechner in der Freien Zone, aber die waren allenfalls gut genug, einige leichtere Rechenaufgaben zu lösen. Mit diesem Gerät hatten sie ungefähr so viel zu tun, wie sein aufgemotztes Pibike mit den aus Holz geschnitzten Rollschuhen, mit denen er als Kind herumgefahren war.

Jean schloß die Augen, versuchte für einen Moment an gar nichts zu denken und beugte sich dann erneut über die Tastatur. Er hatte vor, mit simplen, dreistelligen Zahlen zu beginnen, die er eintippte.

Er war bei 117 angekommen, als ein heller, dreifacher Glockenton erklang und ihn abrupt aus seiner Tätigkeit riß. Jean sah alarmiert und für einen Moment erschrocken auf, blickte sich wild um - und fuhr nun wirklich erschrocken zusammen, als er sah, daß sich einer der drei großen Hauptmonitore von selbst eingeschaltet hatte.

Er drehte den Sitz herum, beugte sich vor und blickte aufmerksam auf den Schirm. Es war eines der Geräte, dessen Funktionsweise er zumindest in Ansätzen begriffen hatte. Einmal, vor einem guten Jahr, war er während einer Jagd hier draußen gewesen.

Und auch damals hatte sich das Gerät ohne sein Zutun eingeschaltet. Es hatte eine Weile gedauert, bis er den Sinn der winzigen, flackernden Leuchtpunkte und der Zahlen- und Buchstabenkombinationen überhaupt begriffen hatte - aber dann war ihm schlagartig klar geworden, daß das Gerät die Energieemission von Laserschüssen registrierte. Das auf den ersten Blick scheinbar sinnlose Durcheinander von Strichen, Linien, Quadraten, Kreisen und Kreuzen auf dem Monitor entpuppte sich bei genauerem Hinsehen als Computer-Graphik der näheren Umgebung der Festung, wobei sie selbst den Mittelpunkt darstellte und das abgebildete Gebiet in Wirklichkeit einen Kreis von gut fünf Meilen Durchmesser.

Kein Zweifel, dachte Jean verblüfft, irgendwo, nicht einmal ganz drei Meilen entfernt, wurde in diesem Moment ein Laser abgefeuert. Und nicht nur einer.

Der kleine, rote Lichtpunkt flackerte immer wieder, und das winzige Bildschirmfenster in der rechten unteren Ecke füllte sich immer hektischer mit Zahlen und Buchstaben, deren Bedeutung ihm nach wie vor verborgen blieb.

Jean war verwirrt. Die letzte Jagd war erst drei Tage her, und wenn es auch keine wirkliche Regel gab, so hatte er doch noch nie erlebt, daß der Abstand zwischen ihnen kürzer als zwei Wochen gewesen war; letztendlich war selbst den Jägern nicht daran gelegen, die Freie Zone auszubluten.

Was zum Teufel hatte das zu bedeuten?

Jean sah dem Flackern und Blitzen des kleinen roten Punktes eine ganze Weile gebannt zu. Es dauerte Minuten, bis das hektische Blinzeln des kleinen Lichtfleckes ein wenig nachließ und schließlich ganz aufhörte. Er überlegte angestrengt. Was auch immer dort draußen vorging, es war keine gewöhnliche Jagd.

Und es dauerte noch einmal Minuten, bis Jean zögernd die Hand ausstreckte und eine Taste unter dem Monitor berührte. Ein leises, ratterndes Summen erklang, und aus einem Schlitz unter dem Bildschirm quoll ein Blatt Papier, auf dem sich eine verkleinerte Abbildung der Computer-Graphik befand. Die genauen Koordinaten der angemessenen Energieschüsse waren durch eine Art Fadenkreuz mit Entfernungs- und Richtungsangaben darauf eingetragen.

Jean riß das Blatt ab, faltete es sorgsam zusammen und steckte es in die Brusttasche seiner Jacke.

Dann zog er seine Waffe, überzeugte sich pedantisch davon, daß sie geladen war, kontrollierte die beiden Reservemagazine, die sich in seinem Gürtel befanden und verließ die Festung.

2

Im ersten Moment vermochte Charity nicht zu sagen, wer überraschter war - sie, die Shai-Priesterin, die unter der aufgleitenden Tür erschienen war, oder die beiden Ameisen, die die alte Frau begleiteten.

Aber zumindest überwanden die beiden riesigen Insektengeschöpfe ihre Überraschung schneller als sie. Eine der beiden Ameisen stieß die Shai-Priesterin zu Boden und griff gleichzeitig mit ihren beiden übrigen Händen zu dem einzigen Kleidungsstück, das sie trug: einem schmalen Metallgürtel, aus dem die Kolben von gleich vier fremdartig geformten Waffen herausragten. Die andere stieß einen schrillen Pfiff aus und stürzte sich unverzüglich auf den ersten Gegner, den sie fand: Gurk.

Für eine Sekunde schien die Zeit stillzustehen. Charity sah und hörte alles gleichzeitig. Aber so absurd schnell und präzise ihre Sinneswahrnehmungen funktionierten, so absurd langsam reagierte ihr Körper auf ihre Befehle. Sie versuchte, sich zur Seite zu werfen und gleichzeitig Net und Skudder mit sich von den Füßen zu reißen, aber ihre Bewegungen kamen ihr so träge vor, als sei die Luft plötzlich zu einem zähen, unsichtbaren Sirup geronnen. Charity sah, wie die Ameise ihre beiden Waffen mit einer unglaublich schnellen Bewegung aus dem Gürtel riß und auf Skudder und sie anlegte, und sie wußte, daß sie abdrücken würde, ehe sie sich auch nur einen Zentimeter von der Stelle bewegt hatte. Großer Gott - sie hatte gewußt, daß diese Bestien schnell waren, aber nicht so schnell!

Was Skudder und ihr das Leben rettete, das war nicht ihre Reaktion. Es war der Megamann.

Er taumelte mit einem Schrei aus dem Transmitterkreis, scheinbar noch ehe sich sein Körper völlig stabilisiert hatte, eine geschwärzte, blutüberströmte, zerfetzte Gestalt mit verkohlten Stümpfen statt Händen, und stürzte sich unverzüglich auf Skudder.

Und im gleichen Augenblick, in dem die Ameise die Gestalt in dem zerfetzten, schwarzen Kampfanzug bemerkte, erstarrte sie mitten in der Bewegung.

Charity prallte gegen Net und riß sie mit sich von den Füßen; ihr ausgestreckter Arm streifte auch noch Skudders Schulter und wirbelte ihn herum. Aber nicht weit genug. Der Megamann packte ihn an Gürtel und Schulter, zerrte ihn wie eine Puppe in die Höhe, um ihn gegen die Wand zu schmettern. Skudder schrie und schlug mit beiden Fäusten um sich, aber der tobende Gigant schien die Hiebe nicht einmal zu spüren. Mit einer zornigen Bewegung hob er den Zwei-Meter-Riesen ohne sichtliche Anstrengung hoch über den Kopf - und erstarrte ebenfalls.

Für einen Moment trafen sich die Blicke des Megamannes und der Ameise, und Charity glaubte, in beiden das gleiche fassungslose Erstaunen, ja beinahe Entsetzen zu erkennen. Dann zischelte die Ameise wütend, schwenkte die beiden Waffen in ihren Händen herum und griff gleichzeitig mit den zwei verbliebenen Händen nach den beiden anderen Strahlern - und der Megamann schleuderte den brüllenden Hopi wie ein lebendes Geschoß auf die Insektenkreatur.

Das Geräusch, mit dem sie zusammenprallten, ließ Charity aufstöhnen. Skudders Anprall schleuderte die Ameise zurück in den Gang, aus dem sie hervorgekommen war. Zwei der vier Strahlenpistolen wurden ihr aus den Händen geschlagen, die dritte gab einen dünnen, giftgrünen Lichtblitz von sich, der zischend in die Decke fuhr und dort ein faustgroßes Loch hinterließ.

Skudder rollte hilflos über den Boden, prallte gegen die Wand und blieb stöhnend liegen, während der Megamann mit einem gewaltigen Sprung hinter der gestürzten Ameise hersetzte. Das Rieseninsekt versuchte, mit einer wirbelnden, verwirrenden sechsgliedrigen Bewegung auf die Füße zu kommen, aber so schnell es auch war, es hatte gegen diese unglaubliche, lebende Kampfmaschine nicht die Spur einer Chance.

Der Megamann erreichte sie, fegte den Arm, der den dritten Strahler hielt, mit einem Fußtritt beiseite und drehte blitzschnell den Oberkörper, als die Ameise mit der vierten verbliebenen Waffe auf ihn zielte. Der Laserstrahl brannte eine sengende Spur in seine Jacke, aber im gleichen Moment packte der Megamann zu, ergriff ihren Arm - und brach ihn in zwei Teile. Das stahlharte Chitin zersplitterte wie Glas in seinen Händen.