Charity wandte sich langsam um, sah Barler an und gab ihm mit Blicken zu verstehen, ihr zu folgen.
»Warum haben Sie mich nicht erschossen?« fragte Barler leise.
»Weil ich glaube, daß es nicht nötig ist«, antwortete Charity. »Stimmt es, daß Ihre Tochter Kyle kennt?« fragte sie mit einer Kopfbewegung auf Helen und den Megamann.
Barler zögerte einen Moment. »Ja«, sagte er, »ich sagte Ihnen bereits, sie ist nicht wirklich meine Tochter. Ich habe sie adoptiert, nachdem ihre Eltern drüben im Dschungel ums Leben gekommen waren. Wir haben nie verstanden, wieso sie es überlebt hat. Aber ich glaube, ich weiß es jetzt.«
»Sie lieben sie wirklich«, murmelte Charity.
»Ja«, sagte er leise. »Das tue ich.«
»Aber Sie werden sie verlieren«, sagte Charity.
»Ich weiß«, antwortete Barler mit trauriger Stimme.
»Sie kann nicht hierbleiben. Sie hat zuviel gesehen, und sie ist zu intelligent, um sich den Rest nicht selbst zusammenzureimen, sobald sie Gelegenheit hat, in Ruhe nachzudenken. Sie weiß, wer Sie sind.«
Wieder nickte Barler und betrachtete Helen mit einem langen, zärtlichen Blick. »Sie lassen mich am Leben?« fragte er.
»Es gibt keinen Grund, Sie umzubringen«, antwortete Charity. »Ich werde Ihnen nichts tun, Barler. Aber ich verspreche Ihnen«, setzte sie leise und ernst hinzu, »daß ich zurückkommen und sie eigenhändig umbringen werde, wenn diese Menschen unter dem leiden, was heute geschehen ist.«
»Das wird nicht passieren«, antwortete Barler. »Ich gebe Ihnen mein Wort, daß niemandem etwas geschehen wird. Ich sagte Ihnen bereits - Begriffe wie Rache und Vergeltung sind ihnen fremd.«
»Ich hoffe für Sie, daß das die Wahrheit ist«, erwiderte Charity. »Spielen Sie weiter den Kerkermeister, Barler, wenn es Ihnen Freude macht. Aber versuchen Sie nicht, den Henker zu spielen.«
»Das war ich nie«, antwortete Barler. »Ich war immer nur ihr Wächter.«
Charity wandte sich um und ging rasch auf die Rampe zu. Als sie neben Kyle angelangt war, berührte sie Helen am Arm und deutete mit der anderen Hand auf die offenstehende Tür. »Du kannst uns begleiten, wenn du willst«, sagte sie.
Helen zögerte. Ihr Blick wanderte unsicher zwischen ihrem Vater und dem Gleiter hin und her. »Ich ...«
»Du kannst nicht hierbleiben«, unterbrach sie Charity so leise, daß keiner der anderen Männer ihre Worte hörte.
Helen zögerte noch einen Moment, und wieder füllten sich ihre Augen mit Tränen. Aber dann fuhr sie herum und rannte die Rampe hinauf und verschwand im Inneren des Gleiters.
Auch Kyle sah sie einen Moment lang fast überrascht an, blickte dann zu Barler hinüber und machte eine fragende Geste. »Er ist ein Megamann«, sagte er.
Charity nickte. »Ich weiß.«
»Und du läßt ihn am Leben?«
Wieder nickte Charity. Dann folgte sie Helen ins Innere des Gleiters. Und nach kurzem Zögern betrat auch Kyle die Flugscheibe.
Keine zwei Minuten später hob der Gleiter ab, jagte dann mit aufheulenden Triebwerken nach Osten. Noch bevor das schrille Heulen verklungen war, lief irgendwo tief unter der Straße die letzte Sequenz eines sechzig Jahre alten Computerprogramms ab, und die Kellergeschosse des Botschaftsgebäudes verwandelten sich in eine weißglühende Hölle aus schmelzendem Stahl.
Ende des vierten Teils
Der fünfte Band von
WOLFGANG HOHLBEINS
neuer großer Science-Fiction-Serie
um eine junge Frau im
Kampf gegen die Gefahr aus den Weltall
DIE SCHLAFENDE ARMEE
Mit all ihrer Kraft führt Charity Laird, die beste Frau der Space Force, den Kampf gegen die außerirdischen Besatzer der Erde. Als sie in den Ruinen von Paris die Legende von einer schlafenden Armee hört, machen sie und der Indianer Skudder sich auf die Suche. Mit einem erbeuteten Kampfgleiter kommen sie ins völlig zerstörte Deutschland und finden den sagenumwobenen Bunker. Doch bevor Charity die Tiefschlafkammern erreicht, grei- fen die Schergen der Außer- irdischen an.
WOLFGANG HOHLBEINS fünfter Band um Charity, die im 21. Jahrhundert gestrandete Raumpilotin, bringt alles, was gute, rasante Science Fiction bieten solclass="underline" eine kampferprobte Heldin, außergewöhnliche Schauplätze und phantastische Plots.