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Er erreichte die offene Tür, wartete kurz, bis sein Blick sich wieder geklärt hatte, und trat dann ein.

Rustys Kopf tauchte plötzlich zwischen einem Berg von Kissen auf und betrachtete ihn wie einen lang Vertrauten, als er in das Zimmer blickte. Der Kapitän saß an ihrem Schreibtisch und hatte ihm den Rücken zugewandt, ihre ganze Aufmerksamkeit galt einigen verstreuten Meldungen und Ausdrucken. Leere Kaffeetassen standen auf der Tischoberfläche, über ihrem Kopf an der Wand hing ein Schild: VOR ZEHN JAHREN WUSSTE ICH NICHT MAL, WIE MAN „INSCHENJOR“ SCHREIBT, UND HEUTE BIN ICH SELBST EINER. Er lächelte flüchtig, bis er sie seufzen hörte, ein Laut, der in seinen Ohren wie eine schwere Anklage klang. Hinter seinen Augen entstand das Bild ihrer gebrochenen, bandagierten Rippen, eines Blutergusses von Armeslänge.

Er drehte sich abrupt um und verließ den Raum wieder, sah ein Bild an der Wand innerhalb eines grünen Pfeiles mit der Aufschrift ABWÄRTS, sah Bertha Torgussen und Welkin und… Eric, hier mit Bart und lächelnd. Bei ihnen waren noch zwei Frauen, zwei Männer und sieben Kinder, die in dicke Kleider verpackt waren, alle bleich, lachend und in drei Richtungen winkend. Sie hoben sich deutlich vom Schneehintergrund ab. Eine Familie, die gelernt hatte, alles miteinander zu teilen… und irgendwie schien dieses Teilen, zusammen mit dem Fieber der vergeblichen Gier, die im Himmel-System brannte, plötzlich nicht mehr ganz so fremd und so bizarr zu sein…

Rusty regte sich auf dem Bett; sie räkelte sich und miaute fragend.

Bertha wandte sich um und konnte ihre Gesichtszüge eben noch kontrollieren, ihre Augen, rasch und nervös, erfragten den Grund seiner Anwesenheit.

„Bertha… ich würde gerne mit Ihnen sprechen, wenn es Ihnen nichts ausmacht. Ich habe Ihnen einiges zu sagen.“ Er betrat das Zimmer.

„Schon gut, Abdhiamal.“ Ihre Augen glitten zu seinem Handgelenk, wo er Welkins Reif trug. „Ja, vielleicht sollten Sie das tun.“ Ihr Gesichtsausdruck veränderte sich. „Aber sagen Sie mir zuerst, wie es Clewell geht. Bekommt ihm die Beschleunigung?“

„Ich glaube schon. Er ist sehr schwach, aber er ist kein Narr…“ Und läßt sich nicht zum Narren machen. Plötzlich erfüllte ihn Bewunderung für den alten Mann. „Ich glaube nicht, daß ich das Recht hätte, hier zu sein, wenn ich nicht der Meinung wäre, daß es ihm verhältnismäßig gut geht… Aber was ist mit Ihnen? Was wollen Sie beweisen? Warum, zum Teufel, ruhen Sie sich nicht ein wenig aus…“ Er schwieg, da er nicht wußte, weswegen er eigentlich so zornig war.

Ihre aufgesprungenen Lippen verzogen sich. „Weil ich lieber erschöpft als ganz tot bin. Und ja, ich versuche etwas zu beweisen.“ Sie zeigte zum Computerterminal, wobei ihr Gesicht sich wieder entspannte. „Ich weiß nicht, ob ich Ihnen das erzählen soll, aber… wir haben eine Wasserstoff- und Heliumspur entdeckt, leicht rotverschoben. Ich halte es für einen Fusionsantrieb, der von uns wegzeigt. Gegenwärtig ist er immer noch dreißig Millionen Kilometer hinter uns zurück — aber wir werden verfolgt.“

„Sie können einen Antrieb auf diese Entfernung entdecken? Ihre Instrumente sind besser als unsere.“ Wieder war er beeindruckt.

„Sind sie das? Gut… Aber mit diesen Wasserstoffkanistern im Schlepptau können wir uns nicht schneller bewegen als unsere Verfolger. Ich will wissen, ob diese Schiffe vom Demarchy oder von Diskus kommen. Und wenn sie vom Demarchy stammen — was haben sie Ihrer Meinung nach für eine Mission? Wollen sie immer noch das Schiff in ihren Besitz bringen, oder sind sie hinter uns her, um uns zu vernichten?“

Er stemmte sich auf den Tisch, wobei ihm sein Muskelkater wieder zu schaffen machte. „Gute Frage. Die Schiffe stammen aus dem Demarchy. Niemand sonst hat so was noch zur Verfügung. Die Ringbewohner haben nur noch gewöhnliche Flüssigtreibstoffraketen.

Unsere Schiffe — die des Demarchy — gehören teilweise den mächtigsten Gesellschaften, aber in Zeiten nationalen Notstands’ unterstehen sie direkt dem Demarchy, was bedeutet, daß MacWongs Geschichte, ich könnte Sie den Ringbewohnern ausliefern, offenbar gut angekommen ist…“ Er schwieg. „Er wußte, es war eine verdammte Lüge, und da ich ihn kenne, würde ich sagen, er will das Schiff immer noch haben. Und das war die einzige Möglichkeit, die sich ihm bot, Ihr Schiff doch noch zu erreichen.“

„Aber er muß doch wissen, daß wir ihm immer noch entkommen können, zumal wir ja jetzt neuen Treibstoff haben, auch wenn wir über Lansing nochmals anhalten. Wenn sie ein Wendemanöver ausführen müssen, um sich an unsere Geschwindigkeit anzugleichen, dann werden wir schon lange bevor sie uns erreichen wieder verschwunden sein. Wenn sie nicht verlangsamen, dann schießen sie an uns vorbei… und dann könnten sie uns höchstens noch im Vorbeifliegen vernichten.“ Sie tappte nervös mit den Fingern auf die Tischoberfläche.

Er nickte. „Das weiß er auch. Aber er will dieses Schiff intakt für das Demarchy haben, und er ist nicht derjenige, der alles für Gold nimmt, was glänzt. Er hat etwas vor, aber ich komme nicht dahinter, was.“

„Wenigstens wissen wir, daß sie da sind, und sie wissen nicht, daß wir es wissen. Wenn sie glauben, den Abgrund durch den Überraschungseffekt überbrücken zu können, dann haben sie sich getäuscht.“ Sie rutschte in ihrem Sessel hin und her und stützte sich schließlich schwer auf den Tisch. „Wenn wir mit dem Bremsmanöver beginnen, werden wir ja sehen, ob sie das auch machen. Und selbst wenn sie nicht verlangsamen… nun, hängt davon ab, was Sie mir über die Reichweite ihrer Waffen erzählen können. Ich glaube, wir können immer noch lange genug über Lansing bleiben, um den überflüssigen Wasserstoff abzuladen — und dann ohne zu zögern im rechten Winkel zu ihnen beschleunigen. Wenn sie den Kurs ändern, werden wir unwiederbringlich aus diesem System verschwunden sein.“

„Unwiederbringlich verschwunden sein. Und wir werden…“ Er betrachtete ihr kräftiges und doch zartes Gesicht und fragte sich, wie er es je für ausdruckslos hatte halten können. Er verspürte den plötzlichen Drang, es zu berühren.

Das Erkennen seines Wunsches färbte ihre Wangen. Sie sah seltsam zu ihm auf, fast einladend, und hob eine Hand. „Setzen Sie sich, Abdhiamal… Wadie Abdhiamal. Ohne uns… ja, ohne uns werden Sie besser dran sein.“

Er ließ sich auf den gepolsterten Stuhl sinken, nachdem er ein paar Kleider beiseite gestoßen hatte. „Bertha, es gibt keine Entschuldigung für das, was wir Ihnen angetan haben. Und wenn ich bedenke, was ich Ihnen aus reiner Dummheit persönlich angetan habe… Mein Gott, ich hätte Sie fast… umgebracht. Alles, was ich gesagt habe, ohne zu wollen…“

Ihre Hand gebot seinen Worten Einhalt. „Ich wollte ebenfalls nicht Ihr Leben ruinieren, Wadie… Ich bin Ihnen genausoviel schuldig wie Sie mir. Mehr. Ist es schon zu spät, alles zu regeln?“

Er lehnte sich zurück und preßte den Kopf gegen die Wand, sein Blick war fest auf sie gerichtet. „Es ist nie zu spät. Aber… ich kann meinen Gefühlen nie gut Ausdruck verleihen, Bertha. Ich kann sie mir selbst ja kaum eingestehen.“ Er atmete tief ein. „Plötzlich erkenne ich eine ganze Menge Dinge, die ich ändern will. Aber wir haben so wenig Zeit…“ Er brach ab. Wieder spürte er die Gegenwart der Geister. „Dieses Bild dort drüben — ist das Eric neben Ihnen?“

Sie war überrascht. Ihre Züge glätteten sich, sie nickte. „Er war mein erster Ehemann. Er war auch eine Art — Verhandlungsführer, ein Sprecher. Wir waren acht Jahre lang monogam, bevor wir in Clewells Familie einheirateten.“

„Und Sie haben Kinder?“

„Zwillinge, Richard und Kirsten, der Junge und das Mädchen vor mir. Sie sind jetzt etwa elf…“ Sie lächelte. „Es sind alles meine Kinder, aber die Zwillinge brachte ich zur Welt. Sie tragen meinen Namen. Alle sieben Kinder, die noch zu Hause sind, sind bei meiner Familie.“