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»Ich bin bereit, meine Angaben in Gegenwart eines Lü­gendetektors zu wiederholen und zu beschwören«, flüsterte ich. »Ich habe kein schwarzes Geld.«

»Was wollen Sie dann eigentlich von mir?« fragte Herr Zwanziger.

Diese Frage begann auch mich zu beschäftigen.

»Ich dachte«, fuhr Herr Zwanziger fort, »daß Sie eine seriöse Kundschaft sind. Ich habe Millionengeschäfte mit respekta­blen Bürgern abgeschlossen, mit Architekten, Gynäkologen, Landwirten und Installateuren - aber keiner von ihnen ist mir jemals mit weißem Geld gekommen. Ich frage Sie zum letzten

Maclass="underline" Wieviel schwarzes Geld haben Sie?«

»Hm«, machte ich ausweichend. »Das spielt doch eigentlich keine Rolle.«

»Soll das ein Witz sein, oder was?« fauchte der ehrliche Makler. »Glauben Sie, daß es in diesem Land einen einzigen Menschen gibt, der für alle seine Einnahmen Bestätigungen ausstellt und alle seine Einnahmen versteuert? Hören Sie end­lich auf, mich zu langweilen. In jedem sauberen Geschäft wer­den zehn Prozent des Umsatzes deklariert und der Rest geht unter dem Tisch von Hand zu Hand. Woher käme sonst unsere Inflation? Von den Monatsgehältern der Angestellten?«

Ich gab klein bei: »Schön, dann sagen wir also den Eigentü­mern der Grundstücke, daß ich mit schwarzem Geld zahle.«

»Niemals! So etwas mache ich nicht!« Herr Zwanziger straff­te sich. »Wenn Sie mich nicht zum Narren halten und wenn Ihr Geld wirklich weiß ist, dann scheint der Betrag in Ihren Büchern oder in Ihrem Bankauszug auf und wird eine leichte Beute für die Steuerbehörde. Ich denke gar nicht daran, meine Kunden, die mir ihr Vertrauen geschenkt haben, in solche Affären zu verwickeln. Vielleicht finden Sie irgendeinen Win­kelagenten, der weißes Geld nimmt. Ich nicht, Herr. Ich nicht!«

Allmählich wurde mir meine verzweifelte Lage klar. Auf der einen Seite eine florierende Volkswirtschaft - auf der anderen Seite ich, ganz allein, mit lauter weißem Geld, für das ich leichtsinnigerweise Steuern gezahlt habe und das niemand anrühren will. Es war praktisch wertlos. Ich könnte es ebenso­gut verbrennen.

»Läßt sich denn gar nichts mit dem Geld anfangen?« flehte ich.

Herr Zwanziger sah mich mitleidsvoll an. Im Grund seines Wesens war er ein guter, weichherziger Mensch. Er wollte nur nicht mit dem Gesetz in Konflikt geraten.

»Ich hatte schon einmal einen ähnlichen Fall wie Sie«, erin­nerte er sich. »1968, glaube ich. Damals wollte irgendein ver­rückter Rechtsanwalt ein vierstöckiges Haus bar bezahlen und die volle Summe bestätigt bekommen. Ich habe ihn gefragt, wie wir unsere Bauarbeiter unter dem Tisch bezahlen sollen, wenn wir kein schwarzes Geld zur Verfügung haben. Und dann habe ich ihn hinausgeworfen.«

Ich saß mit gesenktem Kopf. Ich war um nichts besser als dieser Rechtsanwalt. Mit einem Idioten wie mir, der die ganze ökonomische Struktur unseres Landes ins Wanken bringen würde, konnte man wirklich keine Geschäfte machen. Zum Teufel mit meinem lilienweißen Geld.

Herr Zwanziger stand auf und zog mich zum offenen Fenster: »Hier übertönt der Straßenlärm unser Gespräch«, flüsterte er mir ins Ohr. »Also seien Sie unbesorgt und sagen Sie mir end­lich, wieviel schwarzes Geld Sie haben.«

Ich brach in Tränen aus und schwieg.

Herr Zwanziger seufzte tief. Dann schrieb er auf ein Blatt Papier: »Ich gebe Ihnen mein Ehrenwort, daß in meinem Büro keine Abhörgeräte eingebaut sind.«

Ich schrieb zurück: »Ich glaube Ihnen, aber ich bin weiß.«

Das war das Ende. Herr Zwanziger schloß das Fenster, ließ sich in seinen Stuhl fallen und schrie: »Hinaus!«

Ich schlich davon, ein Schatten meiner selbst, ein Ausge­stoßener, ein Abschaum der Gesellschaft.  

Alarm

Um eins in der Nacht wachte ich kürzlich auf, weil draußen ein verwundeter Löwe brüllte. Das Brüllen hielt an, immer in derselben furchterregenden Tonstärke. Es kam aus der Wä­scherei im Parterre unseres Hauses.

Ich weckte die beste Ehefrau von allen.

»Hörst du das?« schrie ich ihr ins Ohr. »Alarm«, murmelte sie, ohne die Augen zu öffnen. »Sie rauben die Wäscherei aus.«

Diese Erklärung leuchtete mir ein. Ich vergrub meinen Kopf in den Kissen und versuchte weiterzuschlafen, fand aber keine Ruhe bei dem Gedanken, daß sich in der Wäscherei mögli­cherweise auch unsere eigene Wäsche befände, und wer weiß, was ihr zustoßen würde.

»Weib«, rief ich aufs neue, »was sollen wir tun?«

»Im Badezimmer liegt das Ohropax. Hol auch eines für mich.«

Ich trat ans Fenster. Vor der Wäscherei stand ein weißer Kombiwagen mit aufgeblendeten Scheinwerfern. Die Alarmanlage heulte wie verrückt. Ich schloß das Fenster und sah, daß auch andere Fenster im Häuserblock geschlossen wurden. Der Lärm war unerträglich.

Kaum hatten wir unsere Ohren verstopft, ging das Telefon: »Entschuldigen Sie«, sagte eine heiser gedämpfte Stimme. »Ich habe Sie soeben am Fenster gesehen. Es ist die Wäsche­rei, nicht wahr?«

»Ja. Ein Einbruch.«

»Schon wieder?«

In den vergangenen Monaten war nämlich schon viermal in der Wäscherei eingebrochen worden. Einmal hatten sie die Eisentüre mit großen Hämmern zertrümmert. Dieser primitive Vorgang nahm anderthalb Stunden in Anspruch und machte solchen Lärm, daß die Bewohner der umliegenden Häuser beinahe taub wurden. Dann räumten die Einbrecher den gan­zen Laden aus, bis zum letzten Paar schmutziger Socken.

Am nächsten Tag ließ der Besitzer der Wäscherei, der alte Herr Wertheimer, einen Spezial-Stahlrollbalken anbringen, den die nächsten Einbrecher mühsam durchsägen mußten. Das dauerte mehrere Stunden und war eine fürchterliche Qual für die Nerven aller, die es hörten. Man mußte sich fragen, wie die Einbrecher dieses entsetzliche Geräusch überhaupt ertragen konnten, aber sie ertrugen es. Daraufhin bestellte der alte Wertheimer ein elektronisches Alarmsystem modernster Machart, mit infraroten Fotozellen und einem hochempfindli­chen Fangnetz, das bei der leisesten Berührung die Alarm­glocke in Betrieb setzte.

»Warum stellen sie das verdammte Zeug nicht ab, wenn sie schon einmal drin sind?« fragte mein heiserer Anrufer. »Sie müßten ja nur die Drähte durchschneiden. Ich werde mich beim Bürgermeister beschweren. Ich bin Steuerzahler und brauche meinen Schlaf.«

»Gehen Sie in die Apotheke«, empfahl ich ihm, »und kaufen Sie sich diese Wachsdinger für die Ohren.«

»Hab ich schon. Sie helfen nicht!«

»Dann weiß ich keinen Rat. Wer spricht denn eigentlich?«

Mein Partner legte auf, ohne zu antworten. Entweder wollte er in die Angelegenheit nicht verwickelt werden, oder er woll­te mit einem Menschen, der ihm keinen Rat geben konnte, nichts zu tun haben.

Ich trat wieder ans Fenster. Vor der Wäscherei stand ein Mann auf den Schultern eines anderen und hantierte mit einem Meßband. Sie waren also noch nicht ins Innere der Wäscherei gelangt. Die Alarmglocke heulte.

»Wie war's mit einem Sandwich?« fragte ich, aber die beste Ehefrau von allen gab keine Antwort, denn sie schlief. Wie sie das fertigbrachte, weiß ich nicht. Ich konnte sie nur stumm beneiden.

Es klopfte an der Türe. Mein Nachbar Felix Seelig stand da, in einem rosa Pyjama und mit roten Augen. Ich bat ihn herein.

»Was glauben Sie, Seelig? Wird das die ganze Nacht so wei­tergehen?«

In Sachen Elektrizität ist Felix Seelig ein wirklicher Fach­mann. Er kann zum Beispiel durchgebrannte Sicherungen auswechseln. Die jetzt entstandene Situation erklärte er mir so, daß die Alarmanlage nach einigen Minuten aufhören werde, wenn sie auf eigenen Batterien liefe, aber wenn sie direkt an das städtische Versorgungsnetz angeschlossen sei, dann stünde es schlecht um unsere Nachtruhe.

»Vor ein paar Wochen, bei dem Einbruch in der großen Mö­belfabrik im Norden von Tel Aviv«, berichteten Felix, »gingen drei japanische Alarmsysteme 48 Stunden lang in voller Stärke und hörten erst auf, als die Drähte geschmolzen waren. Aber da hatten die Einbrecher schon längst das Lager ausgeraubt und auf gestohlenen Lastwagen weggeschafft.«