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Die Wäschereisirene hörte nicht auf zu heulen.

Es gäbe, so erfuhr ich von Felix, einen neuen Plastikstoff, mit dem man die Fenster nicht nur gegen Zugluft, sondern auch gegen Lärm abdichten könne. Er würde mir ein Muster ver­schaffen, sagte er. Von seinem jüngeren Bruder, der die Toch­ter des Abteilungsleiters vom Supermarkt geheiratet hatte. Das junge Paar sei erst vor kurzem von einer Reise nach dem Fer­nen Osten zurückgekommen. Soll ein fabelhaftes Erlebnis gewesen sein, sagte Felix.

Draußen hatte sich noch ein zweiter Lärm zu dem des Alarm­systems hinzugesellt. Die Einbrecher versuchten sich mit Au­togen-Schweißgeräten Eingang zu verschaffen. Ein paar mü­ßige Nachtschwärmer standen herum und beobachteten das Geschehen, wobei sie ihre Finger in die Ohren steckten.

Ich fragte Felix, wieviel seiner Meinung nach die Versi­cherung in einem solchen Fall zahlen würde. 50 bis 60 Prozent des entstandenen Schadens meinte er. Netto.

Wie man hört, will der alte Wertheimer die Wäscherei ver­kaufen. Es ist zuviel für ihn.

An einem gegenüberliegenden Fenster sahen wir Frau Su­schitzky auftauchen. Sie schrie etwas hinunter, was wir des Lärmes wegen nicht hören konnten. Der Fahrer des Kombiwa­gens stieg aus und schrie etwas zurück. Seelig wollte verstan­den haben: »Was haben Sie gesagt?«

Man sah Frau Suschitzky noch einmal aufschreien und dann das Fenster schließen.

Plötzlich erfolgte eine donnernde Explosion. Flammengarben schössen in den Himmel über Tel Aviv. Dann war es ruhig. Tatsächlich: ruhig. Auch die Alarmanlage hatte dran glauben müssen. Höchste Zeit.

»Komm schlafen«, flüsterte die beste Ehefrau von allen. Ich zog die Decke über mein Gesicht. Draußen dämmerte der Morgen. Wir werden uns eine andere Wäscherei suchen.  

Befohlener Schutz

Vor ein paar Tagen gehe ich friedlich nach Hause, als ein Kerl in einem schwarzen Rollkragenpullover sich plötzlich an meine Seite gesellt.

»Ich bin ein Rowdy«, stellt er sich vor. »Ein Bandit. Ein Gangster. Ganz wie Sie wollen. Ist ja egal. Mein übliches Wo­chenhonorar, damit ich keine Schwierigkeiten mache, beträgt 99 Shekel 50.«

Da ich nicht weiß, wie man auf eine solche Eröffnung am be­sten reagiert, frage ich ihn zunächst einmal, ob er eine be­stimmten Bande angehört. Er bejaht, wir geraten ins Plaudern, sprechen über dies und jenes und erreichen schließlich die Straßenecke, in deren Nähe mein Wohnhaus liegt. Dort bleibt er stehen und schlägt mir so wuchtig ins Gesicht, daß ich in den Ziersträuchern des Vorgartens von Herr Gelbstein lande. Herr Gelbstein stürzt aus dem Haus und schimpft, wie haben Sie meine Rhododendren zugerichtet, unerhört, was soll das, und so weiter.

Während ich ihm noch erkläre, was es soll, schlägt mein Be­gleiter ein zweites Mal zu und kündigt mir an, daß er mir von nun an täglich an dieser Stelle eine oder vielleicht auch mehre­re Ohrfeigen verpassen würde, so lange, bis ich zahle. Er habe nichts gegen mich persönlich, betont er, aber er müsse von etwas leben. Aus seinen weiteren Ausführungen geht hervor, daß er eine unglückliche Kindheit hatte, seine Mutter war eine Trunkenboldin, und aus Gram darüber verprügelte sie seinen arbeitsscheuen Vater regelmäßig. Er selbst arbeitet jetzt in unserem Cottageviertel, und zwar an der Eintreibung von möglichst zahlreichen Wochengagen a NIS 99,50.

»Sie müssen sich nicht sofort entscheiden«, schließt er. »Be­sprechen Sie die Sache zuerst mit Ihrer Frau, verständigen Sie die Polizei, tun Sie alles, was man in solchen Fällen zu tun pflegt. Auf Wiedersehen morgen nachmittag. Hier an der Stra­ßenecke.«

Ich folge seinen Anweisungen und berate mich mit der besten Ehefrau von allen. Sie ist dagegen, daß ich zahle. Sie meint, an ein paar Ohrfeigen sei noch niemand gestorben.

Anschließend gehe ich zur nächsten Polizeistation und erzäh­le dem diensthabenden Sergeanten, was geschehen ist. Er scheint Bescheid zu wissen und teilt mir mit, daß ein Mann in der Unterwelt unter dem Spitznamen »Hirschi« bekannt ist, Abkürzung für Hirschfänger. Hirschi hat erst vorigen Monat von sich reden gemacht, als er während eines Konzertes in die Kulturhalle von Naharia eindrang und den Dirigenten von hinten über den Kopf schlug. Das Konzert wurde abgebro­chen, der Dirigent liegt im Krankenhaus, Hirschi ist mit einem Monat bedingt davongekommen. Da mir der Sergeant noch mit anderen Geschichten aufwartete, dauerte es drei Stunden, ehe wir unseren Bericht fertiggestellt haben. Dann erkundige ich mich, was ich tun soll.

»Feilschen«, empfiehlt der Sergeant. »Handeln Sie ihn herun­ter. Ich an ihrer Stelle würde höchstens 75 Shekel zahlen. Schalom und alles Gute, mein Herr.«

Offenbar sind Beschwerden solcher und ähnlicher Art in der letzten Zeit so häufig geworden, daß sich die Polizei auf eine konsultative Tätigkeit beschränkt. Als ich schon an der Türe bin, erteilt mir der Sergeant noch den sehr guten Ratschlag, von Hirschi eine Empfangsbestätigung zu verlangen und die Steuerbehörde zu verständigen.

Am nächsten Tag bekomme ich an der verabredeten Stelle die verabredeten Ohrfeigen, begleitet von Hirschis aufmun­ternden Worten: »Nur keine Hast. Überlegen Sie sich in aller Ruhe, ob Sie zahlen wollen, und sagen Sie's mir dann.«

Inzwischen hat sich unter meinen Nachbarn herumge­sprochen, daß ich auf dem besten Weg bin, mich zu verschul­den. Alle weichen mir aus. Nur Gelbstein steht, wenn ich mich nähere, an seiner Gartenhecke, um den Rhododendronstrauch zu schützen. Gelbstein ist ein ehemaliger Ringkämpfer und verfügt über große Körperkräfte.

»Keine Raufhändel vor meinem Haus!« brüllt er mir entge­gen.

Am Wochenende nehmen die Dinge eine günstige Wendung. Ein ungeschlachter Geselle in einem gestreiften Ruderleibchen erscheint während des Mittagessens in unserem Hause und möchte mit mir unter vier Augen sprechen.

»Ich verstehe Sie nicht«, beginnt er. »Wie kann man sich je­den Tag verprügeln lassen? Sie brauchen einen Beschützer. Für 99 Shekel 50 wöchentlich sorge ich dafür, daß Hirschi Sie in Ruhe läßt.«

Als sich im Verlauf unseres Gesprächs herausstellt, daß mein Gast zur selben Organisation gehört wie Hirschi, frage ich ihn, welchen Unterschied es dann noch ausmacht, ob ich mein Geld an ihn oder an Hirschi abführe? Es mache einen gewalti­gen Unterschied aus, belehrt er mich, denn Hirschi sei ein ganz gewöhnlicher Schläger, er hingegen biete mir offiziellen Schutz an.

»Denken Sie nach, welche Lösung für Sie die günstigere ist«, schließt er. »Es hat keine Eile. Morgen mittag komme ich wieder.«

Um mich von der Ehrlichkeit seiner Absichten zu über­zeugen, tritt er meinen Kleiderschrank ein, zertrümmert einen Stuhl, brüllt mir zu: »Ziehen Sie Ihre Schuhe aus! Beide!« und nimmt sie als Geiseln mit. An der Türe bleibt er nochmals stehen, reißt die Türklinke aus ihrer Verschalung und verab­schiedet sich mit den Worten: »Auf eine lange und glückliche Zusammenarbeit!«

Am Nachmittag suche ich wieder meinen Sergeanten auf. Es zeigt sich, daß er auch meinen neuen Beschützer kennt, sogar beim Spitznamen: »Cosi«, für »Cosi fan tutte«. Ein musikali­scher Mensch. Lieblingskomponist: Mozart. Im übrigen sei er durchaus zuverlässig, und ich täte gut daran, mit ihm zu einem Abschluß zu kommen.

Mir will das nicht sofort einleuchten. Ich erzähle dem Serge­anten von Cosis gewalttätigem Vorgehen in meinem Haus und wie er mir zugerufen hat: »Ziehen Sie Ihre Schuhe aus! Bei­de!«

Zu meiner Überraschung schickt der Sergeant sich an, seine Schuhe auszuziehen. Ich erkläre ihm, daß ich lediglich die Worte meines Beschützers zitiert habe. Daraufhin wird er wü­tend. Die Polizei, so sagt er, habe Wichtigeres zu tun, als sich mit meinen Zahlungsproblemen zu beschäftigen, und ich möge ihn nicht länger aufhalten.