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Cosi funktioniert bereits, denn Hirschi kommt nicht zum Rendezvous an der Straßenecke. Ich meinerseits entziehe mich dem Rendezvous mit Cosi und gehe mit meiner Frau zum Mittagessen in ein Restaurant am anderen Ende der Stadt. Wir besprechen unsere Zukunft, besonders deren finanzielle Aspekte.

Beim Aufstehen stolpere ich über die Restaurantkatze, halte mich am Tischtuch fest und reiße das ganze Zeug mit ohrenbe­täubendem Krach zu Boden.

Der Besitzer des Restaurants saust herbei:

»Ich zahle«, flüstert er angstbebend. »Nennen Sie die Summe - ich zahle. Aber lassen Sie um Himmels willen mein Lokal in Frieden.«

Ich beeile mich, seinen Irrtum zu berichtigen. Als ihm der Sachverhalt klar wird, befördert er mich vermittels eines wuchtigen Tritts in den Hintern zur Türe hinaus. Ich lande in den Armen eines drahtigen Burschen in blauem Hemd, der mir mitteilt, daß er mich schon gesucht hat.

»Cosi erwartet Sie vor Ihrem Haus«, fügt er hinzu.

»Er ist sehr schlecht gelaunt, weil Sie sich von ihm nicht be­schützen lassen. Wenn Sie wünschen, schütze ich Sie gegen seinen Schutz, aber das kostet Sie 99 Shekel 50 die Woche.«

Auch mein neuer Beschützer, der sich gleich unter seinem Spitznahmen »Blauer Expreß« vorstellt, gehört natürlich zur Organisation. Er ist von kleinerem Wuchs als die beiden ande­ren. Auf meinen diesbezüglichen Hinweis bemerkt er, daß es auf Körpergröße nicht ankomme. Und er demonstriert mir seine Fähigkeiten, indem er die Scheinwerfer meines Wagens zerschmettert.

»In Ordnung«, sage ich und übergebe ihm einen meiner Schuhe. »Rufen Sie mich morgen vormittag an. Wir werden uns einigen.«

Auf dem Heimweg kommen wir an Gelbstein vorbei, der ge­rade seinen Garten spritzt. Ich trete dicht an ihn heran: »Hören Sie, Gelbstein. Sie sind ein kräftiger Mann. Ihre Bizeps liegen brach. Wie war's, wenn Sie mich gegen die Gangster schützen, die mich verfolgen?«

Gelbstein brummte etwas von keine Zeit haben und daß er kein Babysitter sei und überhaupt.

Ich gehe ins Haus, trete seinen Kleiderschrank ein und schleudere einen Stuhl durch die Fensterscheibe.

»Das ist nur eine Anzahlung« sage ich zum Abschied. »Wenn Sie sich weigern, meinen Schutz zu übernehmen, ha­ben Sie morgen überhaupt keine Fensterscheiben mehr. Über­legen Sie sich's und lassen Sie sich auf der Polizeistation um die Ecke beraten. Der Sergeant dort kennt sich aus.«

Gelbstein blieb nachdenklich zurück. Ich erstand in einem nahe gelegenen Warenhaus einen Hammer und einen roten Rollkragenpullover und verständigte den Sergeant von der neuen Situation. Wer sagt, daß in unserem Land keine Ord­nung herrscht?  

Anleitungen zum persönlichen Wohlstand

Es ist längst kein Geheimnis mehr, daß die Möglichkeiten, rasch und leicht Geld zu verdienen, immer geringer werden, da auf allen Gebieten scharfe Sicherheitsmaßnahmen in Kraft getreten sind. Als einzig rentabler Weg bleibt dem Bürger, der seine ökonomische Lage zu konsolidieren wünscht, die Bank­rotterklärung. Hier einige Ratschläge.

Vorbereitungen

Ein solider Bankrott läßt sich natürlich nicht im Hand­umdrehen bewerkstelligen. Er erfordert sorgfältige Vor­bereitung und höchste Glaubhaftigkeit. Der erste Schritt be­steht in der Gründung einer Firma mit einem eindrucksvollen, möglichst fremdländisch klingenden Namen. Es ist gleichgül­tig, ob die Firma sich mit Im- und Export, Zeitungsartikeln oder Textilwaren beschäftigt. Hauptsache, daß sie es mit be­schränkter Haftung tut, im folgenden »mbH« abgekürzt. »Haf­tung« bedeutet, daß jemand haftet, »beschränkt« weist darauf hin, daß man selber nicht dieser Jemand ist. Man selber hat lediglich die Aufgabe, die Firma dem vorbestimmten Bankrott entgegenzuführen. Das geschieht, indem man Verträge ab­schließt, Anzahlungen kassiert, Waren bestellt, Lieferungen verzögert, Kredite aufnimmt und dergleichen mehr. Für diese unermüdliche Tätigkeit bezieht man ein hohes Gehalt, setzt sich ein reichliches Spesenkonto aus und unternimmt Ge­schäftsreisen an die Riviera. Die beste Ehefrau von allen wird mit dem Posten eines Vizebankrottdirektors betraut und er­wirbt das Firmenauto gegen eine Anzahlung von 2,40 Shekel in langfristigen Raten.

Allerdings muß man mit dem Mißtrauen der Geschäftspartner rechnen. Bevor sie Kredite gewähren, wollen sie sich zuerst vergewissern, ob die mbH auch Geld auf der Bank hat.

Sie hat. Wieso hat sie? Ganz einfach. Man borgt der mbH aus seiner eigenen Tasche einen bestimmten Betrag und legt ihn auf die Bank, so daß ihn jeder sehen kann.

Und dann macht man Bankrott.

Der Bankrott ist unvermeidlich. Infolge leichtfertiger Fi­nanzgebarung gerät die mbH immer tiefer in die roten Ziffern, bis eines Tags ihre Gläubiger zusammentreffen, sich an einen langen Tisch setzen und mit den geplatzen Wechseln der Fir­ma Patiencen legen. Es folgen sechs schwierige Monate voll von Drohungen, wütenden Telefonanrufen, eingeschlagenen Fensterscheiben und letzten Warnungen nervöser Rechtsan­wälte.

Diese Frist muß man geduldig überstehen.

Der Wendepunkt

Kurz bevor der Wendepunkt eintritt, begibt man sich zur Bank, behebt das Darlehen, das man der mbH gewährt hat, und steckt es in die eigene Tasche zurück. Sodann bittet man die Gläubiger zu einer Generalversammlung ins Philharmoni­sche Auditorium und hält ihnen folgende Ansprache:

»Meine Freunde, ich bin bankrott. Ich habe hart gekämpft, ich habe alle erdenklichen Opfer gebracht, ich habe getan, was ich konnte - es war vergebens. Die mörderische Steuerwirt­schaft unserer erbärmlichen Regierung hat mich zugrunde gerichtet. In diesem Land ist es einfach unmöglich, sich eine Existenz aufzubauen. Meine Firma hat keinen Groschen an Vermögen. Sie hat nichts als Schulden. Das ist die traurige Wahrheit. Jetzt, da ich sie Ihnen eingestanden habe, fühle ich mich besser. Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.«

Die Gläubiger starren aus glasigen Augen vor sich hin. Sie wissen, daß sie nichts machen können. Das Geld, um das sie bangen, ist ja nicht im Besitz einer Person, sondern einer mbH, und die hat keines. Was soll man auch von drei Buchstaben anderes erwarten.

Im Auditorium herrscht die lähmende Stille hoffnungsloser Verzweiflung.

»Es besteht jedoch«, so läßt man sich in diese Stelle hinein vernehmen, »es besteht, meine Freunde, vielleicht die Chance eines Auswegs. Wenn Sie mich weiterarbeiten lassen, wenn Sie mir eine kleine Atempause gewähren, sagen wir von einem Monat oder von zwei Jahren, dann könnte sich, wer weiß, vielleicht eine Möglichkeit ergeben, daß ich die Schulden meiner Firma auf Heller und Pfennig zurückzahle.«

Im Gemurmel und Geraune, das daraufhin um sich greift, er­hebt sich einer der Hauptgläubiger, sagt: »Entschuldigen Sie uns, bitte« und sucht mit einigen anderen das Restaurant an der Ecke auf, wo über die weiteren Schritte beraten wird. Al­len ist klar, daß ihnen keine Wahl bleibt. Wenn sie die mbH den offiziellen Bankrott erklären lassen, sehen sie nie wieder etwas vom investierten Geld, nicht den kleinsten Bruchteil. Denn was immer die mbH an Aktivposten besitzt, wird von den amtlichen Stellen zur Kostendeckung der Bankrottproze­dur verschluckt, indessen der Bankrotteur, der sein Privatver­mögen rechtzeitig in Sicherheit gebracht hat, frei wie ein Vo­gel auf neue Abenteuer ausgeht. Überdies macht es sich nicht gut, in die Geschäftsbücher einzutragen: »Eine Investition in Höhe von... hat sich in Luft aufgelöst.« Und bei einer Bücher­kontrolle gibt niemand gern die Auskunft: »Nun ja, leider, diese Summe mußten wir abschreiben.« Kurzum - was gibt es hier zu verlieren? Solange die Schuld nicht abgeschrieben ist, besteht noch ein Hoffnungsschimmer.