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Infolgedessen lautet die Entschließung der in die Halle zu­rückgekehrten Gläubiger:

»Also gut, machen Sie weiter.«

Da aber kriecht man mit purpurrotem Gesicht unter dem Tisch hervor und brüllt:

»Weitermachen? Möchten Sie mir vielleicht sagen: wie?! Sie verlangen von mir, daß ich ohne jedes Betriebskapital die Lei­tung einer ruinierten Firma übernehmen soll? Lächerlich. Ein­fach lächerlich.«

Eine sofort veranstaltete Geldsammlung erbringt 4000 Shekel in bar und 33 600 Shekel in Wechseln.

Die Zeit der Verwöhnung

Es ist das Schicksal des hebräischen Gläubigers, seinem Gold bis zum letzten Atemzug nachzujagen. Dem neuen Leiter der mbH werden also neue Kredite gewährt, mit der Auflage, daß er unter keinen Umständen Bankrott anmeldet und seinen Pflichten gegenüber der mbH nachkommt. Die Gläubiger be­handeln ihn wie ein rohes Ei und verwöhnen ihn in jeder Hin­sicht. Es ist kaum zu fassen, was man aus einem israelischen Gläubiger herausholen kann, wenn er mit dem Rücken zur Wand steht. Verläßlichen Berichten zufolge soll Menasche Sulzbaum, der König der Bankrotteure, eine Versammlung seiner Gläubiger dazu gebracht haben, im Chor für ihn zu be­ten, ehe er sich gnädig zur Fortsetzung seiner Tätigkeit als Firmenmanager bereit erklärte. »Lieber Gott«, betete die Ver­sammlung, »bitte mach, daß Menasche Sulzbaum gesund bleibt. Amen.«

Ängstliche Gemüter lassen den jeweiligen Schuldner re­gelmäßig und auf ihre Kosten ärztlich untersuchen, achten darauf, daß er ein geregeltes Geschlechtsleben führt, versorgen ihn mit Taschengeld, Theaterabonnements und Massagen - nur damit er bei guter Laune und in guter Verfassung bleibt. In einigen Fällen hat der Hauptgläubiger, damit nichts schiefgeht, seine Tochter mit dem Bankrotteur verheiratet oder hat ihn als Universalerben eingesetzt.

Kein Zweifel, der Bankrott ist der sicherste Weg zum Erfolg, zur Beliebtheit, zur bequemsten Form von dolce vita. Natür­lich muß man die Gläubiger bei der Stange halten und beim geringsten Nachlassen ihrer Disziplin scharf einschreiten:

»Wenn ich's recht bedenke, brauche ich das alles nicht. Ich mache Bankrott und habe meine heilige Ruhe!«

Das bewirkt eine sofortige Steigerung der Obsorge und Ehr­erbietung, denn der Bankrotteur ist in der stärkeren Position.

Die Gefahr

Manchmal jedoch kann es geschehen, daß der Bankrotteur die Kontrolle über sein Lebenswerk verliert und unter dem Einfluß von Alkohol oder in einem Anfall von Geistesgestört­heit die Schulden seiner Firma abzudecken beginnt. Solange diese Zahlungen einen Betrag von 200 Shekel im Jahr nicht überschreiten, schadet das nichts; im Gegenteil, es erhöht die Spannung. Erst wenn die Sinnesverwirrung des Bankrotteurs so weit geht, daß er die ganze Schuldsumme bezahlt, ist er verloren. Der Zorn eines Gläubigers, dem sein Geld zurücker­stattet wird, kennt keine Grenzen. Er ist um seinen Lebensin­halt gebracht, und es soll schon vorgekommen sein, daß der redliche Zahler zum Dank verprügelt wurde. Im übrigen fällt er dem Schicksal jedes ehrlichen Menschen anheim: Er wird verhöhnt, betrogen und mißbraucht.

Es möge deshalb jeder halbwegs Vernünftige dafür sorgen, bis ans Ende seiner Tage unter einer möglichst hohen Schul­denlast zu stehen. Dann, und nur dann, ist ihm ein sorgenfreies Leben sicher.

Die große Frage

Nun mag mancher Leser zu der Frage versucht sein: Wenn das alles so leicht ist - warum machen dann nicht alle Men­schen Bankrott?

Die Antwort lautet: Sie machen. 

Erhöhter Einsatz

Wie in allen Ländern mit sprunghafter Wirtschaftsentwick­lung brechen auch in Israel Banken aller Größenordnungen zusammen. Manchmal kommt das Finanzministerium auf dem Weg über die Nationalbank einem in Schwierigkeiten gerate­nen Privatunternehmen zu Hilfe, teils um eine Kettenreaktion auf dem Geldmarkt hintanzuhalten und die wütende Öffent­lichkeit zu beruhigen, teils um andere Banken zum Zusam­menbruch zu ermutigen.

Stucks, unser pfiffiger Installateur, hat diesen Mechanismus durchschaut und entsprechende Konsequenzen daraus gezo­gen:

»Hallo. Kann ich Herrn Horowitz sprechen?«

»Am Apparat.«

»Ist das Herr Horowitz, der Gouverneur der Israelischen Na­tionalbank?«

»Ja.«

»Hier ist Stucks.«

»Wer?«

»Der Installateur Stucks. Herr Horowitz, ich bin in Schwie­rigkeiten.«

»Wie bitte?«

»Die Wirtschaftskrise bringt mich um, Herr Horowitz. Ich war immer ein ehrlicher Mann, fragen Sie die Leute, für die ich arbeite. Stucks ist ein Symbol der Zuverlässigkeit, Stucks ist ein Felsen. Aber seit diese Rezession begonnen hat, bin ich so nervös wegen der allgemeinen Lage, daß ich den Einsatz erhöht habe!«

»Welchen Einsatz?«

»Den von Wechsler. Wir spielen beinahe jeden Abend Poker, müssen Sie wissen. Gestern waren 400 Shekel in der Bank, ich hatte drei Könige und dachte mir: >Im Land herrschen Ar­beitslosigkeit und Inflation, also warum sollte ich nicht den vierten König kaufen?< Im selben Augenblick sagte Wechsler: >Diese 400 und noch 600!< Was bleibt mir übrig, als die An­zahlung von Steiner & Co. zu nehmen, 2000 Shekel für die Leitungsrohre, schließlich habe ich drei Könige in der Hand -«

»Warum erzählen Sie mir das alles, Herr Stucks?«

»Es ist eine Sache des öffentlichen Interesses, Herr Horowitz, Sie werden gleich sehen. Ich setze also die zweitausend She­kel, kaufe zwei Karten, der vierte König kommt nicht - und Wechsler hat drei As. Das ganze Geld ist weg. Ich sage Ih­nen, Herr Horowitz, die Regierung schafft eine Atmosphäre von solcher Unsicherheit, daß man nicht mehr klar denken kann.«

»Zweitausend Shekel sind kein horrender Betrag.«

»Ja, wenn es nur die zweitausend Shekel wären! Aber ich ziehe auch in anderen Partien die Zahlungen meiner Ge­schäftspartner heran. Bis jetzt sind es 12 000 Shekel.«

»Und was sagen die Geschäftspartner dazu?«

»Sie wissen noch nichts davon. Deshalb rufe ich Sie ja an, Herr Horowitz. Es ist noch nicht zu spät.«

»Was stellen Sie sich vor?«

»Zuerst einmal müssen wir warten, bis Ruhe eintritt. Wenn der Gouverneur der Bank von Israel keinen Skandal haben will, dann wird es keinen Skandal geben. Alles hängt von ei­ner ruhigen Entwicklung ab. Man kennt mich weit und breit als einen ehrlichen Menschen, Herr Horowitz. Sollte es sich herumsprechen, daß ich Geld veruntreut habe, werden alle Leute sagen: Um Himmels willen, wenn sogar Stucks so etwas tut, dann sind wir am Ende. Die öffentliche Moral steht auf dem Spiel, Herr Horowitz! Sie müssen sich Ihrer Verantwor­tung gewachsen zeigen.«

»Bin ich für Ihr Hasardieren verantwortlich?«

»Aber ich hatte drei Könige.«

»Tut mir leid, lieber Freund. Sie müssen sich selbst aus die­sem Schlamassel herausarbeiten.«

»Daran habe ich schon gedacht, Herr Horowitz. Es geht nicht. Mein Laden ist nur auf 6000 Shekel versichert. Das ist zu wenig. Aber wenn Sie meinen Geschäftspartnern sagen, daß Sie persönlich für alles haften, wäre das Problem gelöst. Andernfalls käme es zu einem fürchterlichen Skandal mit ge­richtlichen Klagen und Zeitungsartikeln und öffentlichem Ge­stank. Haben Sie Steiner schon einmal wütend gesehen? Sein Gesicht wird knallrot, die Adern auf seiner Stirn treten hervor -es ist ein furchtbarer Anblick.« »Das hätten Sie vorher bedenken sollen.« »Ich habe Sie nicht um Ratschläge gebeten, Horowitz, son­dern um Hilfe. Wenn Sie darauf bestehen, lasse ich meinen Laden auf Sie oder Ihre Frau überschreiben. Aber geben Sie mir 15 000 Shekel als Überbrückungshilfe!«

»Vorhin sprachen Sie doch von 12 000?«

»Am Sonntag spielen wir wieder.«