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»Sie sind unverschämt!«

»Was bin ich? In einer Klemme bin ich, das ist alles. So et­was kann ja schließlich passieren. Und dann steht man als steuerzahlender Bürger da und die Regierung hilft einem nicht. Wollen Sie eine Panik unter der Bevölkerung hervorrufen? Überlegen Sie sich doch, mein lieber Herr Horowitz, was ge­schehen wird, wenn zehn oder zwölf erbitterte Auftraggeber über mich herfallen und ihr Geld zurückverlangen. Geschrei, Lärm, ein Auflauf, ein Überfallkommando, Polizei, Journa­listen, Rundfunk und Fernsehen - das hat uns in unserer angespannten politischen Lage gerade noch gefehlt. Und das wollen Sie, Herr Horowitz, provozieren!«

»Aber -«

»Soll ich vielleicht zum Islam übertreten?«

»Nein, natürlich nicht.«

»Dann schicken Sie mir morgen das Geld. Mit dem ersten Panzerwagen, den Sie finden. Gleich in der Früh. Womöglich in kleinen Scheinen.« »Und wie wollen Sie es zurückzahlen?« »Zurückzahlen? Ich habe geglaubt, es ist eine Subvention.« »Es ist ein Darlehen, das Sie zurückzahlen müssen.« »Dann werde ich es in Gottes Namen am Montag zurückzah­len. Dann werde ich eben am Sonntag den Einsatz nicht erhö­hen. Oder nur, wenn ich vier Könige habe.« »Das ist keine Lösung, Herr Stucks.« »Also gut. Vier As.«  

Kein Prinzip ohne Grundsatz

Zu unseren volkswirtschaftlichen Betrachtungen gehört un­bedingt noch ein Wort über die »White-collar«-Diebe, die vornehmsten aller Bakschischnehmer, die lebendigen Beispie­le dafür, wie man im Leben Erfolg hat, ohne erwischt zu wer­den. Ich muß gestehen, daß auch ich dieser exklusiven Genos­senschaft sehr gerne angehören würde, aber leider scheint niemand gewillt zu sein, einen Humoristen zu bestechen.

Im folgenden treten zwei Edelprodukte der Gattung in Akti­on, einer Art Mini-Lockheed-Aktion:

»Hier, Herr Direktor. Nehmen Sie Platz.«

»Danke. Ober! Zweimal Tee mit Rum.«

»Und jetzt können wir ungestört sprechen.«

»Jawohl.«

»Schönes Wetter heute, nicht wahr?«

»Sehr schön. Nur der Regen stört ein wenig.«

»Das kann man wohl sagen.«

»Und was gibt es sonst Neues?«

»Nichts. Wir beginnen demnächst mit dem Bau des Ding­Dong-Zentrums, dessen Leitung in meinen Händen liegt.«

»Was für ein Zufall. Wissen Sie, daß ich die Ehre habe, der Baufirma vorzustehen, die sich um einen Vertrag bewirbt?«

»Wirklich?«

»Ich darf in aller Bescheidenheit sagen, lieber Direktor, daß wir das Ding-Dong-Zentrum für eine Angelegenheit des ge­samten Volkes halten. Es ist ein Projekt von nationaler Bedeu­tung.«

»Ganz meiner Meinung.«

»Wurde der Auftrag für den Bau schon vergeben?«

»Noch nicht. Warum die Frage, wenn ich fragen darf?«

»Mir ist soeben eingefallen, was mir ein Mitglied unseres Verwaltungsrats gestern erzählt hat. Einige Firmen, denen die moralische Seite Ihres Vorhabens offenbar nicht bewußt ist,

spielen angeblich mit der Idee einer Spende für den Wahlfonds jener Partei, der Sie, Herr Direktor, wenn ich nicht irre, als ein sehr prominentes Mitglied angehören.«

»Nicht nur ich, lieber Freund, auch meine Partei würde jeden derartigen Versuch energisch zurückweisen.«

»Daran habe ich keinen Augenblick gezweifelt. Trotzdem, gewissermaßen aus theoretischem Interesse, bekäme ich gerne einen Begriff von der Höhe des Betrags, den Ihre Partei ener­gisch zurückweisen würde.«

»Unglücklicherweise bin ich nicht in der Lage, Ihnen die ge­wünschte Auskunft zu erteilen. Die Parteizentrale hat auf ihrer letzten Exekutivsitzung keine konkreten Angaben darüber gemacht, auf welche Weise sich die Vergabe des Bauauftrags mit einer Spende von 350000 Shekel in Verbindung bringen ließe. Es erübrigt sich also, dieser hypothetischen Möglichkeit nachzugehen.«

»Sehr richtig. Um so richtiger, als meine Firma, selbst wenn sie unverantwortlicherweise bereit wäre, sich auf derart frag­würdige Machenschaften einzulassen, auf keinen Fall über einen Betrag von 200000 Shekel in drei Raten hinausgehen könnte.«

»Ich finde es wenig sinnvoll, wenn zwei vielbeschäftigte Männer ihre Zeit auf abstrakte Diskussionen verschwenden. Immerhin glaube ich mich zu entsinnen, daß meine Partei auf gewisse Anspielungen, in denen sogar höhere Summen als die von Ihnen genannte erwähnt wurden, mit größter Empörung reagiert hat.«

»Sie bestätigen meinen Verdacht, Herr Direktor. Es gibt tat­sächlich in unserem Land dubiose Geschäftsunternehmen, die sich um noch höhere Anspielungen bemühen. Aber eine solide Firma wie die unsere kann es sich nicht leisten, solche Empö­rung hervorzurufen.«

»Jeder von uns beiden, lieber Freund, muß über die Grenzen seiner Prinzipienlosigkeit Bescheid wissen.«

»Natürlich. Deshalb wäre es vielleicht von Nutzen, wenn Sie, verehrter Direktor, prinzipiell feststellen könnten, ob die Em­pörung Ihrer Partei groß genug ist, um 250000 Shekel zurück­zuweisen.«

»Ist das der höchste Betrag, der nicht in Frage kommt?« »Al­lerdings.«

»Ich fürchte, daß meine Partei nicht in der Lage sein wird, diesen Vorschlag energisch genug abzulehnen.«

»Lassen Sie mich hinzufügen, daß die eben genannte Summe die Zuwendung eines Betrags an einen von Ihnen namhaft zu machenden Privatfonds nicht ausschließt.«

»Meinen Sie mich?«

»Nein, um Himmels willen!«

»Dann ist es gut. Hören Sie, lieber Freund. Solange unser theoretisches Gespräch sich um Parteifragen gedreht hat, war ich, wenn auch zögernd, bemüht, Ihnen zu folgen. Jetzt aber, da Sie persönlich geworden sind, muß ich Ihnen ein klares, lautes Halt entgegenschleudern. Ich bin keiner von diesen charakterlosen Schwächlingen, die ihre Position dazu ausnüt­zen, eine zweistöckige Villa am Meer für sich herauszuschla­gen. Mit Privatstrand.«

»Wo?«

»Etwa in Herzliah, möglichst nicht allzu weit von der Auto­straße. Was mich betrifft, so würde ich den bloßen Versuch, mir so einen Vorschlag zu machen, als persönliche Beleidi­gung übelster Art empfinden.«

»Ich habe von Ihnen nichts anderes erwartet.«

»Dann tun wir wohl am besten, unser amüsantes Spielchen zu beenden. Vergessen wir die ganze Sache.«

»Einverstanden. Wann kommen wir wieder zusammen?«

»Übermorgen. Hier. Um die endgültigen Ablehnungen zu fixieren.«  

Der Aufstieg des Jakob Schreibermann

Nach der Anzahl seiner im Druck vorliegenden Werke zu ur­teilen, war Jakob Schreibermann ein arrivierter Autor, denn er hatte nicht weniger als dreizehn Bücher veröffentlicht. Leider wurden sie vom hebräischen Lesepublikum nicht zur Kenntnis genommen. Die Möglichkeit, daß der eine oder andere Son­derling eines oder das andere der dreizehn Bücher gelesen hatte, läßt sich zwar nicht gänzlich ausschließen, aber keines von ihnen ist jemals gekauft worden. Sie vergilben allesamt in den Lagerräumen der Verleger.

Jakob Schreibermann litt entsetzlich unter diesem offenbar unabänderlichen Schicksal. Er wanderte von Redaktion zu Redaktion, er wartete und ging wieder weg und kam zurück und wartete aufs neue und fiel auf die Knie und bettelte und flehte und kam nochmals zurück und weinte und wehklagte und kam so oft zurück, bis schließlich alle Zeitungen ein paar lobende Zeilen über sein jeweils jüngstes Werk gebracht hat­ten. Einmal wurde ihm von einem Literaturredakteur nahege­legt, die kurze Notiz der Einfachheit halber selbst zu schreiben - er, der Autor, wüßte ja über sein Buch besser Bescheid als ir­gendein Fremder. Jakob wollte den Mann im ersten Impuls ohrfeigen, besann sich jedoch eines besseren, ging nach Hause und schrieb die vereinbarte Eigenrezension. Natürlich schrieb er sie nicht unter seinem Namen, sondern unter einem Pseudo­nym: Simon S. Sluchowsky. Sie geriet so enthusiastisch, daß sogar Jakob von Begeisterung übermannt wurde und heiße Dankbarkeit für Sluchowsky empfand - aber das Buch blieb trotzdem liegen.