Выбрать главу

Wieder lag ich allein auf dem schrägen Stamm. Welchen Status hatte ich nun auf dieser Welt? Nur Tiere wurden mit einem Brandzeichen versehen – und ich trug ein solches Zeichen! Erst jetzt, da ich das Zeichen trug, machten die Menschen hier Anstalten, mir ihre Sprache beizubringen. Bis je tzt hatten sie mir nicht einmal gewisse grundlegende Befehle verdeutlicht. Vermutlich war nun die Zeit gekommen, mich eingehend mit der Sprache zu befassen. Dabei konnte ich nicht damit rechnen, daß man mir mit Geduld begegnete. Nun war ich eine Kajira – und nahm einen Status ein, den ich mit Eta teilte. Sie hatte das Wort vor dem Manne ausgesprochen. Sie und ich trugen Brandzeichen. Eta hatte sogar einen Kragen um den Hals. Was war eine Kajira? Es wollte mir nur eine Antwort einfallen, die ich am liebsten sofort wieder verworfen hätte. Doch ich kam nicht darum herum: die Worte ›La Kajira‹, die ich zu meinem Herrn gesagt hatte, bedeuteten: ›Ich bin eine Sklavin.‹

Zwei Männer banden mich los, zerrten mich an den Armen mit und ließen mich vor meinem Herrn niederknien, der mit untergeschlagenen Beinen am Feuer saß. Mit gesenktem Kopf hockte ich vor ihm, ein zitterndes Sklavenmädchen.

Eta trat vor. In der Hand hielt sie zwei Kupferschalen mit Brei. Sie kniete neben mir nieder, stellte eine Schale vor sich hin. Dann hielt sie meinem Herrn die andere Schale entgegen. Der Mann nahm Eta die Schale ab und reichte sie ihr wortlos zurück. Daraufhin blickten mich die Männer und Eta erwartungsvoll an. Ich verstand sofort, was ich tun mußte. Ich nahm die Schale mit beiden Händen und reichte sie meinem Herrn. Er nahm mir die Schale ab und gab sie mir zurück. Nun durfte ich essen. Die Bedeutung dieser Geste war mir durchaus klar. Von ihm erhielt ich symbolisch meine Nahrung. Er ernährte mich. Von ihm hing ich ab. Wollte er mir nicht zu essen geben, bekam ich auch nichts. Ich folgte Etas Beispiel und begann den Brei zu essen. Mit Fingern und Zunge, wie die Katzen, leerten wir die Schalen. Der Brei schmeckte nach nichts, er enthielt weder Zucker noch Salz. Es war Sklavenbrei. Trotzdem war ich dankbar dafür, hatte ich doch großen Hunger. Verstohlen musterte ich den Mann über den Rand der Schale.

Eta hielt plötzlich eine Gerte in der Hand und stand auf.

Ich setzte die Schale ab und senkte den Kopf. Sie schlug mich nicht. Ich erkannte, daß sie das Erste Mädchen im Lager war, daß ich ihr gehorchen mußte, daß sie mit der Gerte die Vollmacht erhalten hatte, mir die Arbeit zuzuteilen. Plötzlich hatte ich Angst vor ihr. Bis vor kurzem hatte ich noch auf sie herabgesehen, jetzt begann ich zu zittern. Ich machte mir klar, daß ich ihr gehorchen mußte.

Eta bedeutete mir aufzustehen. Gemeinsam säuberten wir in dem kleinen Bach die Kupferschalen und wischten sie wieder trocken. Dann räumten wir im Lager auf.

Männer riefen. Eta eilte los und brachte ihnen Wein und Paga. Ich half ihr, indem ich Getränke und Kelche zum Feuer trug. Als sie die Männer zu bedienen begann, hielt ich mich im Hintergrund. Wie hübsch sie anzuschauen war; die wohlgeformten Beine unter dem kurzen Kleidungsstück, der Widerschein des Feuers auf ihrem Gesicht und Haar. Wie selbstverständlich, wie natürlich kam es mir in diesem Augenblick vor, daß ein schönes Geschöpf wie sie die Männer bediente.

»Kajira!« rief ein Mann. Ich begann zu zittern. Er meinte mich! Ich hastete zu ihm und kniete nieder. Mit sicheren Bewegungen fesselte er mir die Hände auf dem Rücken, deutete auf ein Stück Fleisch und gab mir einen Schubs. Lachend wies er auf das Fleisch. Wie konnte ich ihn bedienen, wenn ich gefesselt war? Mein Herr winkte mich zu sich. Mit Mühe stemmte ich mich hoch, was die Männer zum Lachen reizte, und ging zu meinem Herrn und kniete vor ihm nieder. Er schnitt ein kleines Stück geröstetes Tabukfleisch ab und schob es mir zwischen die Zähne. Dann deutete er mit dem Messer auf den anderen Mann. Dieser gab mir durch Zeichen zu verstehen, daß ich näherkommen und ihm das Fleisch in den Mund schieben sollte. Schamrot gehorchte ich, und er griff das Fleisch mit den Lippen und zog es mir aus dem Mund. Die anderen Männer lachten brüllend. Nacheinander mußte ich auch die übrigen Angehörigen des Lagers auf diese Weise versorgen – nur der Mann, der mir die Fleischstücke abschnitt, mein Herr, ließ sich nicht bedienen. Dabei wäre ich von allen am liebsten zu ihm gekrochen. Ich wollte seine Lippen auf den meinen spüren, ich wollte meinen gefesselten Körper in seine Arme werfen. Da runzelte er die Stirn, und ich zuckte zurück. Er schnitt weitere Fleischstücke zurecht und warf sie mir hin; jetzt durfte auch ich essen. Tränen fielen ins Gras, während ich das Fleisch vom Boden aufnahm wie ein Tier. Einer der Männer löste meine Fesseln, und ich kroch zu Eta, die außerhalb des Feuerscheins hockte, und versteckte mich in ihren Armen.

Später begannen die Männer Geschichten zu erzählen und zu singen. Sie verlangten mehr Wein und Paga, und Eta und ich versorgten sie mit allem Nötigen. Dabei mußte ich das Getränk einschenken, den Kelch an die Lippen pressen und ihn dem Mann übergeben.

»Paga!« rief mein Herr. Zitternd füllte ich seinen Kelch; ich stellte mich ungeschickt dabei an. Der Paga schwappte im Kelch herum, wurde aber nicht verschüttet. Ich reichte ihm den Kelch. Doch er nahm ihn nicht. Verwirrt kauerte ich mich zusammen. Da erkannte ich, daß ich in meiner Verwirrung vergessen hatte, die Lippen an den Kelch zu pressen. Ich holte dieses Versäumnis nach, inbrünstig, liebevoll, mit geschlossenen Augen. Auf der Erde hatte ich keinen Mann mit der Hilflosigkeit und Leidenschaft geküßt, die ich dem Trinkkelch meines goreanischen Herrn zuteil werden ließ. Ich gehörte ihm. Ich liebte ihn! Ich spürte das Metall des Gefäßes auf meinen Lippen, öffnete die Augen und reichte ihm das Gefäß. Es war, als böte ich mich selbst ihm dar. Er nahm den Kelch und ließ mich gehen.

Später am Abend begaben sich die Männer zu ihren Zelten. Eta und ich verstauten die übriggebliebenen Nahrungsmittel, spülten die Kelche und räumten an der Feuerstelle auf. Dann reichte sie mir eine dünne Decke aus rauhem Reptuch. »Eta!« rief ein Mann. Sie ging zu ihm, verschwand unter seiner Zeltbahn, legte sich zu ihm auf seine Felle. Ich sah, wie sie die kurze Tunika hochzog, wie sie die Arme um den Mann schlang, der sich auf sie wälzte.

Plötzlich hatte ich Angst. Die winzige Decke um die Schultern geschlagen, ging ich zur Felswand und blickte an den steilen Klippen empor, die im Mondlicht schimmerten. Verzweifelt versuchte ich mit den Fingern Halt zu finden. Dann ging ich zu der mächtigen Dornenmauer, eine kleine, bleiche Gestalt in der Nacht, ein Stück Reptuch um den Schultern. Die Dornenbarriere war acht Fuß hoch. Vorsichtig streckte ich die Hand aus, zog sie aber sofort wieder zurück. Ich kehrte zu der Stelle zurück, wo Eta mir das Reptuch gegeben hatte, und legte mich zitternd auf den harten Boden, in dem Bewußtsein, daß ich jederzeit wie Eta in das Zelt eines Mannes gerufen werden konnte. Die Hauptpflichten eines Sklavenmädchens bestehen wohl nicht darin, zu kochen, zu nähen oder zu waschen, sondern dem Manne zu gefallen, ihn auf exquisite Weise zu erfreuen.

Bei diesem Gedanken wurde mir heiß. Mich erschreckte die Totalität meines Sklavendaseins. »Ich bin ein Erdenmädchen!« redete ich mir ein. »Ich bin keine Sklavin! Ich kann keine Sklavin sein!«

»Kajira!« rief in diesem Augenblick eine Stimme.

Entsetzt raffte ich meine Reptuchdecke um mich, hockte mich auf die Knie. Mein Herr stand vor seinem Zelt. Unter der Plane sah ich seine Felle im Schein einer kleinen Lampe.

Ich wollte nicht, daß er seinen Befehl wiederholen mußte.

Ich ging zu ihm. Er reichte mir einen Kelch, den ich in einem Schluck leerte. Die Flüssigkeit schmeckte übel, doch ich wagte keinen Widerspruch. Damals wußte ich noch nicht, daß es sich um Sklavenwein handelte, eine Mischung, die empfängnisverhütend wirkte.

Mein Herr nahm mir das Gefäß wieder ab, warf es ins Gras. Er hatte den Blick nicht von mir gewandt. Ich spürte seine Hände an meiner Schulter. Er öffnete die Decke, hob sie zur Seite, ließ sie fallen.