Er blickte mich an. Ich stand dicht vor ihm. Dann umfaßte er meinen linken Arm und schob mich in die niedrige Öffnung seines Zelts. Unter der Plane konnte man nicht stehen. Ich kniete auf den Fellen, die den Boden bedeckten. Ihre Weichheit und meine ärmliche Reptuchdecke ließen sich nicht miteinander vergleichen. Der Zeltstoff war auf der Innenseite gestreift; die kleine Lampe kunstvoll verziert. Außen war das Zelt interessanterweise dunkelbraun, eine Farbe, die zwischen Bäumen und im Unterholz kaum auszumachen ist. Der Mann folgte mir ins Zelt, hockte sich neben mir hin. Er löste seinen Schwertgürtel und legte ihn zur Seite. Dann sah er mich an. Er hob die Lampe, um das Brandzeichen an meinem Schenkel zu untersuchen. Seine Hand, die meinen Schenkel berührte, ängstigte mich. Sie war stark und doch zärtlich. Das Zeichen war sauber ausgefallen, ein feminin-liebliches, anmutig geschwungenes Zeichen. Ich starrte in die Augen meines Herrn. Noch nie hatte ich mich so schwach, so verwundbar, so hilflos gefühlt – und so sehr als Frau. In meinen Augen standen Tränen. Ich wußte, daß ich diesem Kämpfer gehörte, bedingungslos. Ich sah, wie er die Lampe zur Seite stellte. Ich hob meine Lippen den seinen entgegen. Ich spürte seine Arme, die mich umschlossen.
Hingebungsvoll ließ ich mich auf die Felle sinken. Ich spürte, wie meine Beine auseinandergedrängt wurden und zog die Knie an.
»Ich liebe dich«, flüsterte ich, hilflos in seinen Armen liegend, » – Herr.«
4
Ich erwachte in der goreanischen Dämmerstunde zu seinen Füßen. Vorsichtig legte ich die Hände auf seine Fußgelenke. Behutsam berührte ich seine Waden mit den Lippen, ganz sanft, damit er den Kuß nicht spürte und sich über die Kühnheit seiner Sklavin nicht entrüstete. Dann lag ich neben ihm. Glücksschauer durchströmten mich. Die gestreiften Zeltbahnen bewegten sich sanft in der Morgenbrise. Der Tag kündigte sich mit einem ersten grauen Schimmer an. Vor dem Zelt funkelte Tau auf den Grashalmen. Vögel riefen einander zu. Ich lag geschützt in den Fellen. Nun ließ ich mich auf den Bauch rollen und betrachtete den Mann, dessen Eigentum ich war. Es war für mich überwältigend gewesen, doch ließ die Reaktion seiner Sklavin sicher nichts zu wünschen übrig. Wie erregt ich gewesen war! Wie glücklich ich war, ihm ergeben, seiner Gnade ausgeliefert. Ein Mädchen, das von seinem Herrn nicht besessen wurde, versteht wahrscheinlich nicht die Gefühle einer Sklavin, die ihrem Herrn wahrhaft gehört. Ich selbst hätte so etwas niemals für möglich gehalten, wäre es mir nicht jetzt widerfahren.
Sanft senkte ich den Kopf und küßte ihn, ganz vorsichtig, damit er nicht erwachte.
Während der Nacht hatte er einmal leise aufgelacht, mich hilflos an sich pressend in meine Augen geblickt, erfreut über seine Herrschaft über dieses Mädchen. Und wie dankbar und entzückt war ich gewesen!
Ich lauschte auf die Vogelstimmen des frühen Morgens.
Wie weit entfernt kam mir in diesem Augenblick die Erde vor, mit ihren Menschenmassen, ihrem Schmutz, ihrer Verstellung. Vorsichtig berührte ich mein Brandzeichen, zuckte aber zusammen. Die Stelle war geschwollen. Schorf bildete sich.
Im nächsten Augenblick berührte mich Etas Gerte. »Kajira«, flüsterte sie.
Es war noch sehr früh. Mein Herr schlief. Im Lager war nur Eta auf den Beinen. Ich kroch aus dem Zelt.
Eta wollte mir meine Arbeit zuweisen. Als Sklavin würde ich viele Pflichten haben.
Ich betrachtete die schlafenden Männer in ihren Fellen. Sie waren die Herren. Wir Frauen mußten jetzt das Lager vorbereiten. Es gab viel zu tun. Wasser mußte geholt, Holz herbeigetragen werden, das Feuer mußte angezündet werden, das Frühstück war zu machen. Sobald die Männer aufstanden, mußten die Mädchen alles fertig haben.
Ich summte während der Arbeit leise vor mich hin. Eta schien ebenfalls gut gelaunt zu sein. Einmal küßte sie mich.
Die Männer ließen sich Zeit, und Eta schickte mich zum Bach, wo ich Tuniken waschen mußte. Ich arbeitete mit schnellen Bewegungen. Die Luft war frisch und klar. Nach kurzer Zeit wehte der Geruch von gebratenen Vuloeiern zu mir herüber, gefolgt von angenehmen Kaffeedüften. Auf Gor wächst der Kaffee in erster Linie an den Hängen der Thentis-Berge. Die Frucht, die hier Schwarzer Wein genannt wird, stammte vermutlich, wie so manches goreanische Produkt, von der Erde. Vielleicht war es aber auch gerade umgekehrt; vielleicht war der Schwarze Wein auf Gor entstanden, während die irdischen Kaffeebohnen von Gor hinübergebracht worden waren. Ich halte das aber für unwahrscheinlich, ist der Kaffee auf der Erde doch weit mehr verbreitet als auf Gor, wo er außer in Thentis, einer reichen Stadt, die für ihre Tarnscharen berühmt ist, als Luxusartikel gilt. Hätte ich damals schon besser über Gor Bescheid gewußt, hätte ich vielleicht vermutet, daß die Männer im Lager der Verteidigung von Thentis verpflichtet waren, daß sie aus die ser Stadt stammten; doch ich sollte später erfahren, daß ihre Heimat eine andere Stadt war, die Ar genannt wurde.
Als der erste Mann gähnend zum Feuer kam, waren wir bereit. Eta servierte ihm gebratene Eier auf einem kleinen Teller und reichte ihm dazu getoastetes Brot, während ich einen Becher mit heißem schwarzem Kaffee füllte.
Dann folgte ich Etas Beispiel und füllte einen Teller und einen Napf für mich. Wir aßen, während wir auf die anderen Männer warteten. Sobald ein Mann den ersten Bissen und den ersten Schluck zu sich genommen hatte, konnten wir uns offenbar ebenfalls gütlich tun. Wir griffen hungrig zu.
Bald kamen auch die anderen Männer ans Feuer und wurden versorgt. Als schließlich mein Herr aus dem Zelt trat, eilte ich mit solchem Eifer zu ihm und kniete vor ihm nieder, daß die Männer zu lachen begannen.
»He«, rief einer der Männer, »er muß es dir aber ordentlich besorgt haben.«
Ich dachte an die vergangene Nacht. Er hatte mir gezeigt, was mein Brandzeichen bedeutete. Und ich liebte ihn.
Er bedeutete mir aufzustehen, und ich sprang hoch und stand voller Stolz vor ihm. Mein Herr beugte sich vor und untersuchte das Brandmal an meinem Schenkel. Ich wagte es nicht, ihn zu berühren. Als er sich wieder aufrichtete, schien er einigermaßen zufrieden zu sein, was mich doch sehr erleichterte. Er sollte bei guter Laune sein, nicht nur mit seinem Mädchen zufrieden, sondern auch mit dessen Brandzeichen. Eta betrachtete die winzige Sklavenblume ebenfalls und lä chelte und umarmte mich. Das Zeichen war offenbar gut ausgefallen. Sie gestattete mir, meinen Herrn zu bedienen. Ich bemühte mich, ihm auch den geringsten Wunsch von den Augen abzulesen.
Einer der Männer stellte ihm eine Frage, die anscheinend mich betraf; jedenfalls deuteten sein Blick und seine Geste darauf hin. Mein Herr antwortete grinsend. Die Männer sahen mich an. Offenbar sprachen sie über mich. Obwohl ich die goreanische Sprache nicht verstand, errötete ich und senkte den Kopf. Goreanische Sklavenherren finden nichts dabei, die Qualität ihrer Mädchen offen zu diskutieren, auch wenn die Sklavinnen dabei sind. So wurden nun mein Gesicht, meine Figur und meine Fähigkeiten offen besprochen. Dabei wurde mir klar, daß ich in mancher Hinsicht wohl noch zu wünschen übrig ließ. Ich kam mir klein und hilflos vor.
Mein Herr hob seinen Becher. Dankbar füllte ich ihn mit dampfendem Schwarzen Wein.
Er war freundlich zu mir. Er gestattete mir, ihn zu bedienen. Ich sah ihn an. Sollte es denn gar kein Geheimnis zwischen uns geben? Mußten meine Mängel, meine Hilflosigkeit, die Absolutheit meiner Unterwerfung in aller Öffentlichkeit besprochen werden? Seine Augen verrieten mir, daß solche Fragen fehl am Platze waren. Seine Augen verrieten mir, daß ich seine Skla vin war, weiter nichts.
Ich senkte den Blick und zog mich zurück.
Voller Freude nahm ich später am Tage von meinem Herrn eine kurze, kaum ausreichende braune Tunika entgegen, einen Fetzen Reptuch. Ich freute mich über das Kleidungsstück, als handelte es sich um ein Abendkleid aus Paris. Stolz über meine neue Errungenschaft, drehte ich mich vor meinem Herrn. Er zeigte Eta, wo das Gewand noch ein wenig gerafft werden mußte, die beiden Schließhaken mußten versetzt werden. Jedenfalls war mir die Tunika zu groß; sie hatte früher Eta gehört, die stärker gebaut war als ich.