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Mein Herr warf den Stein auf eine bestimmte Stelle der Karte. Dort blieb er liegen, halb in den lockeren Grund gebohrt. Vermutlich sollte an dieser Stelle das Ereignis stattfinden, um das es bei diesem Gespräch ging. Die Männer brummten zustimmend. An der Stelle verlief ein Fluß, oder ein Fluß mündete in einen anderen; außerdem schien die Gegend bewaldet zu sein. Die Männer nickten. Mein Herr sah sich um. Nie mand hatte Fragen. Die Krieger schienen zufrieden zu sein. Sie sahen ihn mit blitzenden Augen an.

Die Männer standen auf und begaben sich zu ihren Fellen.

Mein Herr sah mich an und hob seinen Kelch. Ich eilte zu ihm und versorgte ihn. Dann kniete ich vor ihm nieder. Aus meinen Augen war zweifellos abzule sen, daß ich bereit war, daß mich nach ihm verlangte. Doch er wandte sich wortlos ab.

War ich denn eine dermaßen armselige Sklavin, daß er mich verachten, daß er mich zurückstoßen mußte?

Plötzlich wogten all der Zorn, die Erniedrigung eines mißachteten Erdenmädchens in mir auf. Ich begann zu würgen vor Wut. Ich sprang auf, schob Eta den Weinbeutel in die Hand und scheuchte sie fort. Sie versuchte mich zu beruhigen, doch ich ließ sie nicht an mich heran. »Verschwinde!« kreischte ich. Einige Männer blickten in meine Richtung. Eta nahm den Wein und hastete erschrocken davon. Ich stand neben dem Feuer, das bereits in sich zusammengefallen war und ballte die Fäuste. Tränen liefen mir über die Wangen.

»Ich hasse euch alle!« schrie ich. Dann stolperte ich zu der dünnen Decke, die mir Eta gegeben hatte. Ich riß sie hoch und bedeckte mich damit. Geschüttelt von lautem Schluchzen, stand ich da. Ich konnte diese Erniedrigung nicht länger ertragen. »Ich bin besser als ihr alle!« rief ich den Männern zu, die mich neugierig musterten. »Ich stamme von der Erde! Ihr seid Barbaren, ich aber kenne die Zivilisation. Eigentlich müßtet ihr euch vor mir beugen, nicht umgekehrt! Eigentlich müßte ich das Kommando führen!« Eta eilte an meine Seite und versuchte mich zum Schweigen zu bringen. Natürlich verstand niemand im Lager meine Worte, doch der Ton war klar genug – meine Hysterie, mein Zorn waren nicht zu verkennen. Eta schien Angst zu haben. Hätte ich in diesem Augenblick mehr über Gor gewußt, wäre ich wahrscheinlich sofort wieder verstummt. Mein einziger Schutz war meine Unkenntnis, die Ahnungslosigkeit eines dummen Mädchens. Ich schrie und keifte die Männer an. Plötzlich sah ich meinen Herrn vor mir stehen. Ich blickte zornig zu ihm auf. Er hatte mich bei einem Kampf gegen zwei Männer gewonnen, er hatte mir sein Brandzeichen aufgedrückt und mir die Jungfräulichkeit geraubt. »Ich hasse dich!« rief ich außer mir und raffte die dünne Decke um mich, die mir Mut verlieh. Dieser Mann hatte mich beispiellos erniedrigt und mich doch dazu gebracht, daß ich ihn liebte! Ich liebte ihn! Dabei bedeutete ich ihm gar nichts.

Im Mondlicht erblickte ich seine Hand. Sie war in meine Richtung gestreckt.

»Du darfst mich nicht schlecht behandeln«, sagte ich. »Du mußt mich gut behandeln. Ich habe meine Rechte. Und ich liebe dich. Ich bin eine freie Frau.«

Seine Hand rührte sich nicht. Ich ahnte nicht, wie groß seine Geduld war.

Ich gab ihm die Decke und stand nackt vor ihm. Nachdenklich betrachtete er den Stoff in seiner Hand.

Dann warf er ihn mir mit einer ruckhaften Bewegung über den Kopf und wand mir eine lockere Schnur um den Hals, so daß ich nichts mehr sehen konnte. Und so überließ er mich seinen Männern, die nacheinander über mich herfielen und mich vergewaltigten. Irgendwann verlor ich die Besinnung. Ich lag in meiner Decke. Ringsum schliefen die Männer, meine Herren. Ich lag mit angezogenen Knien in der kühlen Nachtluft. Wie spät es war, wußte ich nicht. Noch standen die Monde am Himmel.

Mühsam stemmte ich mich auf die Knie hoch, wobei ich die Decke eng um mich schlang. Mein ganzer Körper tat mir weh. Mir war speiübel.

Ich blickte auf. Hoch oben auf der Felswand hockte der Wächter. Er blickte nicht in meine Richtung. Nach goreanischem Recht war ich eine Sklavin, das verriet mir mein Brandzeichen; doch zugleich überlegte ich mir, ob ich mich nicht im Grunde meines Herzens selbst als Sklavin fühlte. Diese Frage beunruhigte mich sehr. Seit dem Branden war ich von widerstreitenden Gefühlen geplagt worden. Es war, als versuchte ich mich selbst zu ergründen, meine tiefsten Emotionen und Bedürfnisse. Zuweilen hatte ich das Gefühl gehabt, dicht davor zu sein, den Kampf aufzugeben und meinem entsetzten Bewußtsein verbotene Wahrheiten einzugestehen, lang abgestrittene Realitäten, Spuren eines lang unterdrückten urzeitlichen Wesens. Ich wußte nicht, welche Neigungen in meiner Erbmasse verborgen waren – Neigungen, die in der beengenden, künstlichen irdischen Gesellschaft fehl am Platze gewesen waren. Ich fragte mich, wie die wahre Natur des Mannes, wie die wahre Natur der Frau aussehen mochte.

Wahrscheinlich wäre ich nicht auf solche Gedanken gekommen, hätte mir nicht eine Erinnerung sehr zu schaffen gemacht, die mit dem gestrigen Abend zusammenhing. Mein Herr hatte mich seinen Männern überlassen, die sich nacheinander mit mir vergnügt und dann an den nächsten weitergegeben hatten, der schon begierig darauf wartete, bis die Reihe an ihm war. Dabei war ich mir bei einem Mann plötzlich eines unbeschreiblichen Gefühls bewußt geworden. Zuerst hatte ich mich heftig gesträubt, doch plötzlich überkam mich die Erkenntnis, daß ich den Mißbrauch, den mein Körper hier erfuhr, willkommen hieß – als eine gerechte Strafe dafür, mich dem Willen der Männer widersetzt zu haben. Dieser Gedanke gebar ein unglaubliches Hochgefühl, getragen von der Ergänzung zwischen Mann und Frau, von ihm, der nimmt, und ihr, die genommen wird, die besessen wird. Mit einem Freudenschrei umklammerte ich plötzlich den Mann, preßte mich an ihn, spürte, wie sich mein Körper in plötzlichem Erschaudern entkrampfte. Ich hatte keine Gewalt über die Reflexe, die in mir explodierten, stemmte mich ihm entgegen, ging auf seinen heftigen Rhythmus ein.

Männer lachten. »Kajira«, sagte einer bewundernd

Dann fiel der nächste über mich her.

Ich saß im stillen Lager, eingehüllt in meine dünne Decke, und überlegte.

Ich hatte mich einem der Männer mit Lust und Wonne hingegeben. Am liebsten hätte ich mir eingeredet, daß es gar nicht geschehen war. Doch kam ich nicht darum herum. Wie sehr ich mich schämte! Verzweifelt stellte ich mir die Frage, was das bedeuten mochte. Ich durfte mich nicht von der Schwäche verzehren lassen, die meine Persönlichkeit in ihren Grundfesten erschütterte. Ich durfte mich nicht wieder so gehen lassen. Ich dachte an Elicia Nevins, meine Rivalin vom College. Sie wäre sicher sehr belustigt gewesen, hätte sie Judy Thornton bei dieser Szene beobachten können, nicht mehr Herrin über sich selbst, einem Manne völlig ausgeliefert.

Da wurde mir klar, daß ich fliehen mußte. Keine leichte Aufgabe, wenn man ein Brandzeichen trägt.

Ich blickte zu dem Wächter empor. Er achtete nicht auf mich. Ich kroch zur Klippenwand und untersuchte sie im Mondlicht. Es gab keine Stelle, an der ich mehr als einen Meter hoch klettern konnte. Ich kratzte mir am harten Gestein die Fingernägel wund. Daraufhin wandte ich mich der Dornenhecke zu, vor der ich Angst hatte.

Der Wächter blickte in die andere Richtung. Das Lager ging ihn nichts an; er mußte darauf achten, daß sich niemand unbemerkt durch die Täler näherte.

Erschrocken schrie ich auf. Das Dornendickicht sank unter meinem Gewicht zusammen. Mein rechtes Bein steckte tief zwischen den Ästen, mein rechter Arm kam nicht mehr frei. Ich wandte den Kopf zur Seite und kniff die Augen zusammen. Die Dornen schmerzten höllisch. Sie schienen förmlich an mir zu reißen. Ich steckte mit dem halbem Körper im Dornendickicht. Ich hing fest und wagte es nicht mehr, mich zu bewegen. Verzweifelt begann ich zu schreien.