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Mein Herr traf als erster bei mir ein. Er schien unmutig zu sein. Gleich darauf kam ein zweiter Mann mit einer Fackel, die er in der Glut des niedergebrannten Feuers entzündet hatte. Andere Männer eilten aus der Dunkelheit herbei, kehrten aber wieder zu ihren Fellen zurück, als sie sahen, daß es nur um eine Skla vin ging. Eta tauchte auf, wurde jedoch von meinem Herrn wieder fortgeschickt.

Dann zog er meinen Kopf am Haar zurück, damit mir die Dornen nicht die Augen ausstachen. Schließlich gelang es mir, den rechten Arm herauszuziehen, wobei ich mir lange, tiefe Kratzer holte. Mein Herr sah mich an. Ich begann zu fürchten, daß er mich in dieser Stellung zurücklassen würde. Ohne Hilfe bekam ich das Bein nicht frei. »Bitte hilf mir, Herr!« flehte ich.

Er nahm mich in die Arme und hob mich hoch, wodurch mein Bein freikam – wenn auch arg zerkratzt. Ich erschauderte in seinen Armen. Er hatte keine Mühe, mich zu halten. Ich liebte es, wie sich seine starken Arme anfühlten. Kühn legte ich den Kopf an die Schulter seiner Tunika. Im nächsten Augenblick stellte er mich wieder auf die Füße.

Ich wich seinem Blick aus. Ich kam mir klein und unbedeutend vor. Kein Zweifel, daß ich hatte fliehen wollen. Damals wußte ich noch nicht, welche Strafe ein Mädchen zu erwarten hat, das zu fliehen versucht und sich wieder einfangen läßt – wie es fast ausnahmslos geschieht.

Es kommt nur sehr selten vor, daß Sklavinnen ihren Herren entfliehen, was in erster Linie an dem Halskragen liegt, auf dem der Name des Herrn und seine Heimatstadt verzeichnet sind. Die Strafe für einen Fluchtversuch ist streng – nur beim erstenmal wird sie mild behandelt und kommt normalerweise mit einer Auspeitschung davon.

Ich wußte es damals noch nicht – doch schon der Gedanke an Flucht war töricht gewesen.

Hat ein Mädchen das Glück, ihrem Herrn zu entkommen und womöglich die Mauern der früheren Heimatstadt zu erreichen, kann es ihr passieren, daß sie gar nicht eingelassen wird. Ihr Status als Sklave hat sie aller Rechte beraubt und ihr sogar die Angehörigkeit zur Bürgerschaft genommen.

»Flieh oder komm in die Ketten!« heißt es dann. Meistens machen die Mädchen kehrt und eilen schluchzend davon.

Einige Mädchen versuchen die grünen Wälder des Nordens zu erreichen, in denen sich Banden aus freien Frauen zusammengefunden haben, die geschmeidigen und wilden Panthermädchen von Gor – diese Mädchen aber verachten alle, die nicht von dem gleichen wilden Freiheitsdrang besessen sind wie sie; einer Sklavin, die sich Männern unterworfen hatte, kann es passieren, daß sie gejagt und grausam gepeinigt wird, ehe die Panthermädchen sie an Sklavenhändler zurückverkaufen – wobei der Preis meist in Waffen oder Süßigkeiten gezahlt wird.

Mit einem Speer und einer Seilschlinge öffnete mein Herr einen Durchgang im Dornendickicht und deutete darauf. Mein Fluchtweg stand mir offen. Ich brauchte nur zu laufen.

Ich betrachtete meinen Herrn im Mondlicht. Mir war schwach in den Knien, und ich begann zu zittern. Angstvoll starrte ich auf den schmalen Durchgang, der sich zwischen den gefährlichen Dornenwänden gebildet hatte. Ich brauchte nur loszurennen.

Im nächsten Augenblic k kniete ich vor meinem Herrn und drückte zitternd meine Lippen gegen seine Füße. »Behalte mich, Herr!« flehte ich. »Behalte mich!«

Ich verharrte in meiner knieenden Stellung, während er sich von mir abwandte und die Öffnung im Dornengestrüpp wieder schloß. Dann kehrte er zurück und bedeutete mir, ihm zu folgen. Unterwürfig schritt ich hinter ihm durch das Lager, gefolgt von dem zweiten Mann, der die Fackel trug.

Vor den zusammengerollten Fellen eines Kriegers blieben wir stehen. Der Mann blinzelte in den Fackelschein und stemmte sich auf den Ellbogen. Mein Herr wechselte einige knappe Worte mit ihm. Ich betrachtete den Mann, den ich gut kannte. Ich hatte mir immer Mühe gegeben, ihm nicht zu nahe zu kommen. Er war der am wenigsten attraktive Lagerangehörige.

Mein Herr sagte etwas zu mir und deutete auf den liegenden Krieger. Den genauen Sinn seiner Worte verstand ich nicht, doch ahnte ich bestürzt, was er wollte. Ich sollte diesem Manne als Sklavin zu Gefallen sein.

Ich unterdrückte ein Schluchzen und beugte mich über den Liegenden. Später fesselte mich mein Herr an den Hand- und Fußgelenken, stieß mich neben seinem Zelt zu Boden, warf die dünne Decke über mich und ließ mich liegen.

Kurze Zeit später näherte sich Eta. Ich starrte sie mit tränenlosen Augen an. Sie machte keinen Versuch, mich loszubinden. Sie wagte es nicht, gegen den Willen des Herrn zu verstoßen. Ich drehte mich von Eta fort.

Ich überlegte, warum mein Herr mir den Pfad durch das Dornendickicht geöffnet hatte; bedeutete ich ihm wirklich gar nichts; war es ihm gleichgültig, ob ich im Lager blieb oder in die Dunkelheit hinauslief, ob ich hungerte oder von Ungeheuern zerrissen wurde oder anderen Männern in die Hände fiel? In letzter Konsequenz war ihm das alles wohl gleichgültig. Und doch errötete ich bei dem Gedanken. Er hatte den Fluchtweg für mich geöffnet. Er hatte seine Skla vin besser verstanden als sie sich selbst; zweifellos hatte er schon bei vielen Frauen Erfahrungen gesammelt; vielleicht hatte er schon vor mir Erdenmädchen besessen. Jedenfalls hatte er mich durch und durch ergründet, meine Emotionen, meine Natur richtig gedeutet, die ich vor ihm nicht hatte verbergen können. Ich war erfreut und verängstigt zugleich bei dem Gedanken, daß dieser Mann mich verstand. Erfreut, weil ich im tiefsten Innern Verständnis suchte, und erschrocken, weil ich die Macht spürte, die dieses Verständnis ihm über mich gab. Ich hatte wenig Zweifel, daß er ein Mann war, der seine Macht auch ausüben würde – so selbstverständlich, so unschuldig, so wild, so schnell, wie ein Eber seine Hauer oder ein Löwe seine Klauen einsetzt. Er verstand mich durch und durch, ich war sein – hätte ich noch hilfloser sein können?

Ich ballte die gefesselten Hände.

Mein Herr hatte gewußt, daß seine Sklavin nicht flie hen würde – eine Erkenntnis, die ihr erst in dem Augenblick kam, da sie darum flehte, bei ihrem Herrn bleiben zu dürfen. Und das war der eigentliche Zweck der kleinen Demonstration gewesen: sie – nicht er – sollte am eigenen Leibe erfahren, daß sie gar nicht flie hen wollte, daß sie vor ihm niederknien und ihn anfle hen würde, nicht verstoßen zu werden. Und dann hatte er mich zu dem Mann geführt, der für mich der abstoßendste im Lager war.

Ich hatte ein Schluchzen unterdrückt und mir Mühe gegeben, dem freien Mann zu gefallen. Ich versuchte auf seine Hinweise zu reagieren, spürte aber, daß ich nicht gut war – ein ungeschicktes, ahnungsloses, ängstliches Geschöpf. Doch nach einiger Zeit hatte er mich unter sich geworfen und mich sicher nicht ohne Vergnügen durch die Phasen sexueller Erregung geführt. Dabei war ich entschlossen gewesen, mich ihm zu widersetzen und nüchtern und unbewegt zu bleiben, ein Vorsatz, den ich nicht hatte halten können. Schließlich hatte ich den Kopf auf die Seite gedreht und mich stöhnend hingegeben.

Gefesselt und nackt, so lag ich nun unter meiner dünnen Decke. Ich fragte mich, warum mein Herr mich gefesselt hatte – doch wohl nicht, um meine Flucht zu verhindern. Dazu reichten die Felswände und das Dornendickicht nun völlig aus. Handelte es sich um eine psychologisch gedachte zusätzliche Strafe? Das erschien mir nicht wahrscheinlich, denn mein Herr hatte nicht unzufrieden gewirkt.

Ich hatte mich nicht gerade großartig geschlagen, doch hatte ich mir größte Mühe gegeben, dem Mann zu gefallen. Ich schämte mich nur, daß ich mich ihm so total hingegeben hatte.

Doch sofort kam die Frage auf, weshalb ich mich eigentlich schämte. War es falsch, wenn eine Frau ihrer Natur folgte? War es falsch, wenn das Herz schlug, wenn die Lungen atmeten? Die Sklaverei öffnete mir die Freiheit, eine Frau zu sein. Abhängig zwar, aber auch frei jeder Verantwortung und Entscheidung. Und ich hatte keine andere Wahl. Mich überkam das unstillbare Verlangen, zu den Männern zu kriechen, ihnen zu gefallen, ihnen meine Schönheit zu zeigen, damit sie sich dazu bewegen ließen, mich in die Arme zu nehmen. Ich wollte geben, ohne Forderung einer Gegenleistung. In meinem bisherigen Leben war ich stets auf meinen Vorteil bedacht gewesen. Jetzt wollte ich aus ganzem Herzen geben – ich wollte Sklavin sein!