Выбрать главу

Der Neuankömmling kümmerte sich nicht um ihn. Er blickte an den beiden Männern vorbei auf mich.

In diesem Augenblick wurde mir eine seltsame emotionelle und physische Reaktion bewußt, die ich eben erlebt hatte, als ich die Männer anflehte, mein Leben zu schonen und mich dafür zu unterwerfen. Bei allen Gefühlen des Entsetzens hatte ich – wie mir jetzt erst aufging – die seltsame und fast hysterische Freigabe einer Spannung, einer aufgestauten Emotion empfunden. Ich hatte Dinge gesagt, von denen ich nie geglaubt hätte, daß sie mir je über die Lippen kommen würden. Daß ich voller Todesfurcht gewesen war und um jeden Preis hatte weiterleben wollen, war Anlaß und Rechtfertigung für mein Flehen – diese Angst war aber keine Erklärung für mein uneingeschränktes Nachgeben, für das Durchbrechen von Beschränkungen, die mir bisher auferlegt gewesen waren, für das sturzflutartige Entzücken, die Hingabe, die Kapitulation vor meiner Angst und vor meinen Instinkten. Es war, als hätte ich durch mein Flehen um Unterwerfung unsichtbare Ketten abgeworfen, die bisher verhindert hatten, daß ich zu mir selbst fand. Aber auf welche Weise? fragte ich mich erschrocken. Durch Preisgabe meiner selbst und meiner Selbstachtung. Meine Gefühle waren aber nicht nur von Entsetzen bestimmt gewesen; sie hatten auch Elemente der Freude, der Befreiung enthalten – und ich war seltsamerweise auch sexuell erregt gewesen. Nie zuvor hatte ich dermaßen erotisch reagiert wie in jenen unglaublichen Sekunden.

Ich betrachtete den Neuankömmling, der mich mit offensichtlichem Interesse musterte. Ich erschauderte. Nackt und angekettet stand ich vor ihm und spürte plötzlich die Hitze des Verlangens. Vielleicht hatte er die Körper vieler Frauen studiert. Jedenfalls grinste er mich wissend an. Zornig errötete ich unter seinem kühn-abschätzenden Blick und senkte den Kopf. Wofür hielt er mich? Für eine angekettete Sklavin, deren Schönheit dem Stärksten gehörte, dem Manne, der das schnellste Schwert führte?

Der Neuankömmling begann zu sprechen und deutete auf mich. Der Bärtige und sein Begleiter reagierten zornig. Der dritte Mann forderte mich! Er wollte mich haben! Er forderte die anderen auf, mich ihm zu überlassen! Welche Kühnheit! Wie sehr ich ihn in diesem Augenblick haßte, wie sehr ich mich zugleich freute! Die Männer lachten. Ich hatte Angst. Sie waren zu zweit! Er sollte fliehen! Er sollte um sein Leben rennen!

»Kajira canjellne!« sagte der Neuankömmling und deutete mit dem Speer auf mich. Sein Blick aber war auf die beiden Männer gerichtet. Dann trat er einige Schritte zurück, hockte sich hin, riß einen Grashalm aus und begann darauf herumzukauen.

Der bärtige Mann kam auf mich zu. Aus seiner Tunika nahm er zwei schwarze geflochtene Lederschnüre, mit denen er mir Hand- und Fußgelenke fesselte. Dann zerrte er mich am Haar empor und schob einen schweren Schlüssel in das Schloß des Kragens. Ich hörte es klicken, dann sprang das Metallband auf. Ich betrachtete das Gebilde. Wie vermutet paßte es zur Kette, ein schweres rundes Band aus schwarzem Eisen – wirksam, praktisch, beängstigend.

Ich war den Kragen los! Trotzdem konnte ich mich nicht rühren! Verzweifelt zerrte ich an meinen Fesseln.

»Kajira canjellne?« fragte der Bärtige. Es war, als wolle er dem Fremden Gelegenheit geben, es sich anders zu überlegen. Vielleicht hatte er sich geirrt? Vielleicht lag ein Mißverständnis vor?

Der Fremde hockte im Gras, den Schild neben sich, den Speerschaft in den Boden gestoßen, die Spitze zum Himmel zeigend. Man hatte ihn durchaus richtig verstanden. »Kajira canjellne«, sagte er.

Zornig zeichnete der andere mit der Speerspitze einen etwa drei Meter durchmessenden Kreis ins Gras und stieß mich hinein. Ich kniete im Kreis.

Dann begann ein Palaver, das wohl dazu dienen sollte, die Bedingungen festzulegen. Es dauerte nicht lange.

Der Fremde hatte sich ebenfalls aufgerichtet und setzte nun den Helm auf. Er befestigte seinen Schild, zog die kurze Klinge an seiner linken Hüfte ein Stück aus der Scheide und überzeugte sich auf diese Weise, ob die Waffe locker saß. Dann wog er den Speer in der rechten Hand. Das Ding hatte einen langen, schweren Schaft, etwa zwei Zoll dick und sieben Fuß lang; die Klinge war einschließlich Halterung zwanzig Zoll lang und beidseitig scharf geschliffen; sie bestand aus Bronze. Angesichts der Solidität der Waffe, der geringen Schwerkraft und der Stärke des Mannes traute ich der Spitze eine große Durchschlagskraft zu; die Schilde wirkten zwar widerstandsfähig, konnten aber einen mit voller Kraft geführten Stoß sicher nicht abwehren, davon war ich überzeugt.

Die beiden Männer, die mich in der Gewalt hatten, sprachen sich kurz ab. Der Mann ohne Bart trat schließlich mit erhobenen Waffen vor. Die Entfernung zum Fremden betrug etwa vierzig Fuß.

Ich war vergessen. Ich kniete im Gras und versuchte mich vergeblich zu befreien. Es dauerte eine Weile, bis sich die Männer zu rühren begannen. Der Fremde lachte laut, hob den Speer und schlug mit dem Schaft gegen den Boden. »Kajira canjellne!« rief er.

Ich traute meinen Augen nicht. Er schien sich förmlich zu freuen! Die Aussicht auf einen Kampf stimmte ihn heiter! Was für ein schrecklicher Mann! Wie stolz, wie großartig!

Vorsichtig begannen sich die Männer zu umkreisen. Ich wartete angstvoll. Plötzlich gingen sie wie auf ein Signal hin brüllend aufeinander los.

Das Ritual des Speerwerfens hatte begonnen.

Der Speer des Mannes ohne Bart schien nach oben zu springen; die Spitze prallte von dem schräggehaltenen Schild des Fremden ab und bohrte sich gut hundert Fuß entfernt ins Gras. Der Speer des Fremden dagegen hatte den Schild des Bartlosen durchbohrt. Der Fremde hebelte die Waffe herum und riß auf diese Weise seinen Gegner, der sich nicht rechtzeitig aus den Schildgurten befreien konnte, hilflos vor sich zu Boden. Der Fremde hatte blitzschnell die Klinge gezogen, die sich nun auf den Hals des Gegners richtete.

Der Fremde stach allerdings nicht zu. Er durchtrennte die Schildgurte des Wehrlosen und befreite seinen Arm. Dann warf er ebenfalls den Schild fort. Mit blankem Schwert wartete er auf den Angriff.

Der andere stemmte sich auf und sprang hoch. Er war außer sich vor Zorn. Sein Schwert zuckte aus der Scheide. Er attackierte den Fremden. Der Kampf begann.

Heftig, doch wohlberechnet waren die Hiebe. Vor und zurück wogte die Auseinandersetzung. Was für Männer waren dies? Warum flohen sie nicht entsetzt vor solchen Klingen? Doch sie hieben stur aufeinander ein, um Leben und Tod. Wie sehr ich solche Männer fürchtete und noch immer fürchte! Was bleibt einer Frau anderes übrig, als vor Wesen dieser Art zu verzagen?

Einer der Kämpfer zuckte ächzend zurück, drehte sich zur Seite, brach in die Knie , fiel auf die Seite. Zusammengekrümmt lag er da, die Hände gegen den Bauch gepreßt, die Klinge im Gras. Er begann zu bluten.

Der Fremde trat mit befleckter Klinge zurück. Sein Blick suchte den Bärtigen.

Dieser hob Schild und Speer. »Kajira canjellne!« sagte er und machte Anstalten, seinen Speer aus dem Schild des Verwundeten zu ziehen. Im gleichen Augenblick stieß der Bärtige einen lauten Schrei aus und stürzte sich mit erhobenem Speer auf den anderen.

Ehe ich aufschreien konnte, hatte der Fremde reagiert; aus seiner gebückten Stellung heraus ließ er sich zur Seite rollen, sprang im Bruchteil einer Sekunde hoch und erwartete den anderen. Als mein Schreckensschrei schließlich doch ertönte, war die Speerspitze des Bärtigen bereits links am Helm des Fremden vorbeigefahren. Der Fremde war zur Seite gesprungen; zum erstenmal schien er sich über etwas zu ärgern. Der Speer des Bärtigen bohrte sich tief ins Gras. Mit gezogenem Schwert stand er nun dem Fremden gegenüber. Kaum war der Stoß vorbeigegangen, da hatte er den Speer auch schon losgelassen und war herumgewirbelt, um sein Schwert zu ziehen. Der andere hatte die Gelegenheit aber nicht genutzt. Er wartete in Lauerposition und machte eine Geste mit seiner Klinge, zum Zeichen, daß der Kampf nun beginnen könne.

Mit einem Wutschrei sprang der Bärtige los, den Schild vorstoßend, das Schwert tief haltend. Der Fremde stand aber nicht mehr an Ort und Stelle. Noch zweimal griff der Bärtige an, und jedesmal wich der andere geschickt aus. Beim viertenmal huschte der Fremde sogar links hinter seinen Angreifer und richtete die Klinge auf seine Achselhöhle. Der Bärtige erstarrte. Das Schwert des Fremden bewegte sich, durchschnitt die Schildgurte des Bärtigen. Der Schild fiel zu Boden, kippte um, wackelte ein wenig und lag schließlich still, die konkave Innenseite nach oben gerichtet. Ich sah die durchtrennten Bänder.