Выбрать главу

Ich begann zu schluchzen.

Plötzlich stieß ich einen Angstschrei aus. Eine lange Schnauze voller winziger Zähne hatte sich um mein Bein gelegt und zerrte mich in die Tiefe! Ich schrie und klammerte mich an meiner Holzplanke fest. Ich spürte das Gewicht des Ungeheuers, das mich mit sich reißen wollte. Mit dem anderen Fuß versuchte ich das unheimliche Wesen abzustreifen. Mir wurde schwarz vor Augen. Ich war plötzlich unter der Wasseroberfläche. Da veränderte sich auf einmal der Zug des Wesens. Ich spürte, wie es herumschnellte, wie sich der Griff um mein Bein lockerte. Ich wurde zur Seite gestoßen. Ich sah, wie das Wesen langsam neben mir aufstieg – reglos. Da wurde ich am Arm gepackt und in die Höhe gezerrt. Keuchend und hustend sog ich frische Luft in meine Lungen. Ich erschauderte und verlor das Bewußtsein.

Vermutlich war ich nur wenige Sekunden ohnmächtig. Als ich erwachte, wurde ich gerade auf ein riesiges, unregelmäßiges Wrackteil gezogen, das wie ein Holzfaß aussah.

Vorsichtig stemmte ich mich hoch. Dann erbrach ich mich ins Meer.

Wenige Fuß vom Floß entfernt lag ein grotesker Meeressaurier reglos im Wasser, fischähnlich, doch eindeutig ein Reptil, ein abstoßendes Wesen von gut zwanzig Fuß Länge.

Plötzlich tauchte daneben die Flosse eines Hais auf, der sich über die leichte Beute hermachte.

Ein Mann stand neben mir.

Er packte mich an den Armen und drehte mich auf dem großen floßähnlichen Gebilde herum. Hilflos lag ich vor ihm und blickte auf.

»Herr!« rief ich und rappelte mich hoch. Das Herz wollte mir überfließen vor Wonne. »Ich liebe dich!« rief ich und warf mich vor ihm nieder.

Clitus Vitellius zerrte mich hoch. »Sleen!« sagte er drohend. »Dich den Haien zum Fraß vorzuwerfen, wäre eine zu gelinde Rache für einen Krieger.«

»Ich liebe dich, Herr!«

Er versetzte mir einen zornigen Tritt. »Lügnerin!« sagte er.

Er zog ein blutiges Messer aus dem Gürtel; mit dieser Klinge hatte er offenbar das Meeresungeheuer besiegt. Nachdenklich wog er die Klinge in der Hand. »Nein«, sagte er. »Das Messer, die Haie – das ist alles viel zu gut für dich.«

»Hab Mitleid mit einer armen Sklavin!«

»Ich habe dich verfolgt«, sagte er. »Die Leute im ›Chatka und Curla‹ sagten mir, daß du auf der Juwel von Jad abgereist wärest. Wir brachten eine kleine Rudergaleere in unsere Gewalt und stießen zur Flotte von Port Kar. Während des Kampfes habe ich dich gesucht - keine leichte Aufgabe. Gefangene mußten zum Reden gebracht werden. Danach wurden Überlebende der Juwel von Jad von einem Rammschiff an Bord genommen, das Luciana aus Telnus hieß. Dieses Schiff mußten wir suchen. Wir fanden es und griffen an, dabei wurde unsere Galeere vernichtet. Meine Männer schwammen zu einem Schiff aus Port Kar. Ich aber setzte die Suche fort.«

»Und hast mich nun gefunden, Herr«, sagte ich. »Du hast mich gefangen.«

»Ja«, sagte er, »die boshafte kleine Lügnerin, der kleine Sleen, die Verräterin ist in meiner Gewalt! Sie ist mir ausgeliefert!«

»Ja, Herr«, sagte ich.

»Du sollst die Rache eines Kriegers zu spüren bekommen!«

»Ich gehöre dir, Herr«, flüsterte ich.

23

Ich lag in den Armen Clitus Vitellius’, meines Herrn, unter den hellen Sternen Gors, unter den bleichen Monden und dem schwarzen Himmel. Unter uns bewegte sich das riesige Holzfloß. Ringsum die Weite des Meeres.

Mein Kopf lag auf seinem harten Bauch, meine Arme wärmten ihn. Er lag auf dem Rücken.

»Glaub nicht, daß du meine gelie bte Sklavin bist«, sagte er. »Du bist eine Lügnerin, eine Verräterin, der ich es noch heimzahlen werde!«

»Ich weiß, Herr«, sagte ich und drückte meine Lippen auf die seinen.

»Ich an deiner Stelle hätte jetzt Angst.«

Ich küßte ihn.

»Du scheinst aber keine Angst zu haben«, stellte er fest.

»Ich habe dich stets gefürchtet, Herr«, antwortete ich. »Deine Launen, deine Kraft, deinen Willen. Aber zugleich liebe ich dich.«

»Du würdest jeden Mann lieben.«

»Ich bin ein Mädchen von der Erde. In den Armen eines Mannes von Gor kann ich nicht anders. Aber dich liebe ich am meisten, am wahrhaftigsten.«

»Lügnerin!«

»Ich verriet dich, Herr, weil ich dich so sehr liebte. Hätte ich dich nicht so sehr geliebt, wäre mein Haß nicht so stark gewesen. Lange hatte ich für den Augenblick gelebt, da ich mich an dir rächen konnte – und als es dann soweit war, beging ich den Verrat. Schon als man dich abführte, erfüllte mich ein Gefühl des Leids, das ich dir nicht beschreiben kann. Ich schluchzte vor Kummer. Ich hatte den Mann verraten, den ich liebte! Von diesem Moment an war das Leben nicht mehr le benswert für mich. Als ich von deiner Flucht erfuhr, war ich voller Freude. Es genügte mir zu wissen, daß du am Leben und in Freiheit warst.« Er starrte zum Himmel empor und antwortete nicht. »Wach auf, Sklavin«, sagte Clitus Vitellius und gab mir einen Tritt. Ich fuhr hoch.

Ein Schiff näherte sich, eine mittelgroße Galeere mit zwanzig Rudern auf jeder Seite. Das Lateinersegel hing schlaff herab. Clitus Vitellius stand abwartend auf unserem Floß.

Am Mast wehten zwei Flaggen, die Flagge Port Kars und die andere mit dem Boskkopf. Es war die Flagge Bosks aus Port Kar, der vor zwei Tagen der Juwel von Jad übel mitgespielt hatte.

Die Galeere schwang herum und näherte sich unserem Floß. An der Reling stand ein großer, breitschultriger Mann mit mächtigen Händen, einem breiten Gesicht, graublauen Augen und zerzaustem, rötlichem Haar. Ihn umgab eine animalische Aura, etwas Unberechenbares, Intelligentes, Grausames. Auf den ersten Blick war zu erkennen, daß dieser Mann der Kriegerkaste angehörte, obwohl er sich hier auf dem Deck eines Schiffes befand.

Clitus Vitellius hob die Hand zum Kriegergruß. Der Mann erwiderte die Geste.

»Ich bin Clitus Vitellius aus Ar«, sagte er. »Bin ich dein Gefangener?«

»Wir haben keinen Händel mit Ar«, sagte der Fremde. »Ihr besitzt nicht viele Schiffe.«

Clitus Vitellius lachte.

»Samos aus Kar, Angehöriger des Kapitänsrates von Port Kar, hat mir berichtet, daß ein gewisser Clitus Vitellius und seine Männer sich vorgestern gut geschla gen haben, auf der Seite des Juwels des Thassa!« sagte der Fremde.

Die Bürger Port Kars nennen ihre Stadt das Juwel des Thassa; andere halten sie eher für ein Piratennest. Die Stadt wird von einem Kapitänsrat regiert.

»Wir haben getan, was wir konnten«, antwortete Clitus Vitellius. »Wie du weißt, steht Cos im Krieg mit Ar. Aber was ist mit meinen Männern?«

»Ihnen geht es gut. Sie befinden sich auf Samos’ Thassa Ubara.«

»Sehr gut«, sagte Clitus Vitellius.

Der Mann grinste. »Dein Schiff scheint mir recht seetüchtig zu sein, läßt aber an Eleganz vermissen.«

»Ich erbitte Passage für zwei«, antwortete Clitus Vitellius.

»Einverstanden«, sagte der Mann auf dem Schiff lä chelnd.

Und schon wurde ich emporgehoben und einem Seemann zugereicht, der mich über die Reling zog. Gleich darauf sprang auch Clitus Vitellius an Bord.

»Wenden!« rief der Fremde zum Heck hinauf.

Der Rudergänger gab seine Befehle, und die Galeere begann gemächlich zu drehen. Der Mann, der uns an Bord willkommen geheißen hatte, musterte mich.