»Du wirst eine hübsche Sklavin abgeben«, sagte er.
Dann stieg er zu ihr in das Becken, wischte den Schaum zur Seite und begann die Wand des Beckens abzusuchen. Sehr schnell fand er den winzigen Dolch, der hinter einer Kachel versteckt war. Er entfernte das Gift von der Klinge, trocknete sie ab und warf sie auf den Mantel, ein gutes Stück vom Becken entfernt. Auch von dieser Waffe hatte ich nichts gewußt.
»Laß mich gehen!« flehte sie. »Ich kann dich fürstlich belohnen. Ich gebe dir soviel, daß du dir dafür zehn Sklavinnen kaufen könntest.«
»Aber keine davon wäre Elicia Nevins«, sagte er. »Du bist doch Elicia Nevins, oder?«
»Ja«, sagte sie leise. »Ich bin Elicia Nevins.«
»Ich werde dich jetzt fesseln«, sagte er. Er bückte sich, ergriff die Versklavungsanordnung und steckte sie wieder in seine Tunika. In diesem Augenblick hechtete sich Elicia zur Seite und griff nach dem kleinen Dolch auf dem weißen Mantel. Ich schrie auf. Sie fuhr herum, die Klinge hoch erhoben. In aller Ruhe schloß der Mann seine Tunika und musterte sie.
Elicia hatte offenbar noch gar nicht gemerkt, daß er bereits mit dem Training der neuen Sklavin begonnen hatte.
»Raus!« rief sie. »Ich habe ein Messer! Ich bringe dich um! Raus hier!«
»Du hast dein Bad beendet. Halte dich jetzt bereit für die Fesseln.«
»Raus!« brüllte sie.
»Du scheinst nicht recht gehorchen zu wollen«, bemerkte er. Sie wandte verzweifelt den Kopf. Ihr Blick fiel auf die offene Tür des Zimmers.
»Fliehen ist sinnlos«, sagte er. »Die Außentür ist durch eine Kette gesichert.«
Sie wandte sich trotzdem zur Flucht. Wir folgten ihr ins Nebenzimmer, wo Elicias Thronsessel stand.
Sie zerrte an der Kette, die den Riegel der Außentür sicherte, und stach hysterisch mit dem Messer auf das Holz ein. Dann wandte sie sich schweratmend um. Sie hastete an uns vorbei in den Baderaum, schloß die Tür hinter sich und verriegelte sie.
Der Krieger verließ den Thronsessel, in den er sich gesetzt hatte, und ging zur Tür. Er trat zweimal zu, bis die Türfüllung schief im Rahmen hing. Er hatte Türangeln und Schloß glatt aus der Wand gesprengt. Mit dem Fuß schob er die Tür zur Seite und trat ein. Neben dem Becken stand Elicia, das Messer erhoben.
»Zurück!« rief sie.
»Offenbar hast du eine tüchtige Tracht Prügel nötig«, sagte er und trat vor.
Sie hieb nach ihm, doch er packte ihr Handgelenk, drehte es ihr auf den Rücken und schob den Arm nach oben. Sie schrie vor Schmerz und stellte sich auf die Zehenspitzen. Das Messer polterte zu Boden und wurde vom rechten Fuß des Mannes zur Seite geschoben. Mit dem anderen Fuß trat er gegen ihre Beine und drückte sie vor sich auf den Boden. Energisch schob er sie zum Rand des Beckens, packte ihre Haare und drückte ihren Kopf unter Wasser.
»Ich will keine Sklavin sein!« keuchte sie, als er sie wieder hochriß. Wasser rann ihr aus dem Haar.
Wieder drückte er den Kopf unter Wasser, diesmal länger. Sie spuckte Wasser und röchelte, als er sie wie der hochkommen ließ.
Dann fesselte er sie grob mit der Lederschnur.
»Wessen Fesseln trage ich?« fragte sie erstickt.
»Bosk aus Port Kar ist dein Herr«, sagte er.
»Nicht er!« rief sie zitternd. Offenbar hatte sie von ihrem Feind gehört.
Der Mann deutete auf mich.
»Wo ist der Schlüssel zu ihrem Kragen?« fragte er.
»In der gelben Schublade dort drüben!«
»Hol ihn«, sagte Bosk aus Port Kar zu mir.
Ich eilte zu der Kommode und fand den Schlüssel. Er bedeutete mir, daß ich den Schlüssel Elicia geben und mit dem Rücken zu ihr niederknien solle. Ich gehorchte unverzüglich.
»Nimm ihr den Kragen ab«, sagte er zu Elicia.
Mit fliegenden Fingern öffnete sie das Schloß und legte Kragen und Schlüssel auf die Kacheln.
»Sag: ›Ich bin nic ht mehr deine Herrin‹«, befahl der Krieger.
»Ich bin nicht mehr deine Herrin«, flüsterte Elicia verängstigt.
Ich sprang auf und fuhr zu ihr herum. Sie zuckte unwillkürlich zurück und starrte angstvoll auf meine geballten Fäuste.
»Knie nieder«, sagte Bosk aus Port Kar zu mir.
»Ja. Herr«, antwortete ich, war ich doch noch immer eine Sklavin.
Bosk stand vor Elicia und musterte sie. Ihre Unterlippe zitterte. »Du bist eine Agentin der Kurii«, sagte er, »zugleich aber ein wertvoller und schöner Fang für einen Sklavenherrn.«
»Wirst du mich zum Verhör nach Port Kar bringen?« fragte sie.
»Ja.«
»Ich werde alles sagen, was ich weiß.«
»Natürlich«, sagte er und blickte durch ein langes schmales Fenster auf die Türme Ars. Es war noch immer hell.
»Wir haben frühen Nachmittag. Es ist schwierig, dich bei hellem Tage aus der Stadt zu bringen«, sagte Bosk.
»Zweifellos wartest du auf den Einbruch der Nacht«, sagte sie.
»Keine Angst, wir werden uns die Zeit schon vertreiben.«
»Wie soll ich denn fortgeschafft werden?« fragte sie.«
»Nackt und gefesselt auf dem Sattel eines Tarn.«
Niedergeschlagen kniete sie vor ihm.
»Geh ins andere Zimmer«, sagte Bosk zu mir.« Unter meinen Sachen findest du ein Eisen. Zünde eine Feuerschale an und erhitze das Eisen.«
»Ja, Herr«, sagte ich.
Es war Spätnachmittag, als ich das glühende Feuerbecken auf seinem Gestell in das große Badezimmer schob. Ich hatte bis jetzt damit gewartet, damit es drüben nicht unangenehm heiß wurde.
»Wie hübsch du bist, Elicia«, sagte ich verblüfft. Das Mädchen hatte sich mit Make-up herausgeputzt.
»Judy!« schluchzte sie. »Was geschieht mit mir?«
»Er wird dir sein Brandzeichen aufdrücken«, sagte ich.
»Nein!«
»Niemand hat dich gezwungen, nach Gor zu kommen.«
Bosk aus Port Kar griff nach dem Brandeisen und bewegte es in den glühenden Kohlen hin und her. Bald war es soweit.
»Du bist ein Ungeheuer, ein Barbar!« rief Elicia ihm zu.
Er stützte sich mit dem Knie auf sie und klemmte sie zwischen Fliesen und Steincouch fest. Mit schnellen Bewegungen fesselte er ihr Hände und Füße. Ich mußte das Feuerbecken näher heranschieben.
Elicia Nevins lag gefesselt auf der rechten Seite am Fuße ihrer Couch. Bosks Gewicht hielt sie fest. Sie schloß die Augen.
Ich wandte mich zum Fenster um.
Sie schrie erbärmlich, als das Eisen sie berührte. Zischend tat das Brandeisen sein Werk. Bosk beeilte sich nicht. Er wollte gute Arbeit leisten.
Ich hörte das Mädchen schluchzen. Sie sah mich mit tränenfeuchten Augen an.
Als ich das Feuerbecken hinausgebracht und das Eisen zum Abkühlen an die Wand gestellt hatte, befahl mir mein Herr, zu seinen Sachen zu gehen und den Sklavenkragen zu holen, den ich dort finden würde.
Er nahm mir den Kragen ab, ein einfaches Stahlband.
»Lies vor«, sagte er zu Elicia.
»Ich bin die Sklavin Elicia«, las sie. »Ich gehöre Bosk aus Port Kar.«
Entsetzt sah sie mich an. Als Sklavin würde sie ihren alten Namen tragen.
Bosk legte ihr den Kragen um und verließ den Raum. Ich hörte, wie er die äußere Tür öffnete und dann auf das Dach hinaufstieg. Sicher wollte er seinen Abflug vorbereiten. Ich wußte nicht, ob der Tarn schon auf dem Dach auf ihn wartete oder mit dem Pfiff einer Tarnpfeife herbeigerufen werden mußte.
Die neue Sklavin kniete bekümmert vor mir auf den Fellen. Von ihrem linken Fuß führte eine Fessel zu dem Sklavenring, der am Fuße der Couch eingelassen war.
»Ich bin Sklavin«, sagte sie ungläubig. »Ich trage ein Brandzeichen und einen Kragen!«
»Der Kragen steht dir ausgesprochen gut.«
»Er ist nur ein einfaches Halsband«, sagte sie.
»Trotzdem«, meinte ich.
Elicia betrachtete sich im Spiegel auf der anderen Seite des Raums. Sie hob den Kopf und drehte ihn auf die Seite.
»Ist mein Brandzeichen hübsch anzuschauen?« fragte sie.
»Warum fragst du?«
»Ich wollte es eben wissen!«
»Du warst mal Studentin der Anthropologie«, sagte ich. »Du bist in der Lage, dich mit der Institution der Sklaverei leidenschaftslos und objektiv zu befassen, als interessantes kulturelles Phänomen, typisch für eine bestimmte Zivilisation.«