»Ich bin Sklavin!« jammerte sie. »Begreifst du nicht, was das bedeutet?«
»Das begreife ich durchaus«, antwortete ich und dachte an Clitus Vitellius. »Aber wo bleibt deine Nüchternheit? Wohin ist deine Objektivität verschwunden?«
»Ich hatte keine Ahnung, daß es so sein würde – ich bin Besitz eines Mannes!« Sie starrte mich aus weit aufgerissenen Augen an. »Unbegreiflich!«
»Du erlebst diese kulturelle Institution nun aus erster Hand.« Sie erschauderte. »Hab keine Angst, Elicia. Du brauchst nur zu lernen, den Männern zu gefallen.« Ich lachte.
»Aber ich mag Männer nicht!«
»Schau in den Spiegel«, sagte ich. »Was siehst du darin?«
»Eine Sklavin«, antwortete sie und lächelte scheu – eine untypische Geste für Elicia Nevins.
»Aber eine Sklavin, die noch viel zu lernen hat«, stellte ich fest.
Sie blickte mich fragend an.
»Hörst du nicht den Schritt deines Herrn, der draußen die Treppe herabkommt?!«
Sie horchte. »Ja«, sagte sie.
»Du wirst es lernen müssen, auf diesen Schritt zu achten.«
Sie sah mich erschrocken an.
Bosk trat ein. »Alles ist bereit«, sagte er zu uns. »Ich werde meine Sklavin um Mitternacht knebeln und auf den Sattel binden«, sagte er zu Elicia. »Dann verlasse ich Ar.«
»Der Herr muß sich vor den Patrouillen in acht nehmen«, sagte ich.
»Ich habe sie eben vom Dach aus gezählt«, sagte er. »Sie fliegen in regelmäßigen Abständen.«
»Ich verstehe, Herr.« Bosk war gründlich; er überließ nichts dem Zufall. Trotzdem war sein Vorgehen riskant. Und doch fürchtete ich nicht für ihn. Wäre ich ein Tarnwächter Ars gewesen, hätte ich ihn wohl ungern verfolgen müssen.
Er musterte Elicia, die in der Stellung einer Vergnügungssklavin vor ihm kniete; ich hatte ihr die Position in aller Eile beigebracht.
»Bring mir Wein, Sklavin«, sagte er zu mir. Ich hielt den Atem an.
Elicia starrte ihren Herrn entsetzt an. Sie wußte, welcher Wein gemeint war. Der Sklavenwein! Ich eilte, seinen Befehl auszuführen, und zog mich dann zurück. Sanft stieß mich Bosk aus Port Kar mit dem Fuß an und weckte mich. Ich lag im vorderen Zimmer auf dem Thronsessel.
»Es ist fast schon Mitternacht«, sagte er. »Ich muß fort!«
»Ja, Herr«, sagte ich und rieb mir die Augen.
Elicia kniete hinter ihm. Er wollte sie auf das Dach bringen und über den Sattel seines Tarn binden.
Das dunkle Haar hing ihr locker um die Schultern. Ihre Ohrringe schimmerten golden unter den Locken, ihr Halskragen war deutlich zu sehen. Die Sklavin strahlte etwas Verwundbares und Sinnliches aus. Sie war wunderschön.
»Darf ich etwas sagen?« fragte sie.
»Ja«, sagte er.
»In Port Kar, wenn ich meine Aussage gemacht habe, wenn ic h für deine weiteren Pläne nicht mehr gebraucht werde – was passiert dann mit mir? Werde ich den Urts in euren Kanälen zum Fraß vorgeworfen?«
»Kann sein.«
»Darf ich denn nicht hoffen?«
»O doch. Du bist schön.«
»Ich will mir größte Mühe geben«, versicherte sie.
Ich bezweifelte nicht, daß die schöne Elicia, sobald sie ihre Rolle im Konflikt zwischen den Welten gespielt hatte, der Freude der Männer dienen würde. Sie war nicht mehr die Agentin einer geheimnisvollen interpla netarischen Macht; im Augenblick war sie nichts weiter als eine hübsche goreanische Sklavin.
»Hoch mit dir, Sklavin«, befahl Bosk aus Port Kar.
Elicia richtete sich leichtfüßig auf.
In der Hand hielt er einen Knebel.
»Bitte, Herr, einen Augenblick noch«, sagte sie und ging zu mir. »Wir sind nun beide Sklavinnen«, sagte sie.
»Ja.«
»Die Erde ist weit weg.«
»Ja.«
»Ich wünsche dir alles Gute«, sagte sie, »Judy.«
»Ich dir auch, Sklavin«, antwortete ich.
Bosk aus Port Kar schob ihr den Knebel in den Mund und band ihn fest.
Dann wandte sich der Mann zu mir um. »Dein Hals ist für den Kragen eines anderen bestimmt. Knie nie der.« Ich gehorchte, und er fesselte mich an Händen und Füßen und knebelte mich ebenfalls.
Dann machte er kehrt, packte Elicia am Arm und führte sie hinaus. Ich hörte, wie sie die Außentreppe zum Dach erstiegen.
Allein kniete ich auf den Kacheln vor der offenen Tür. Es war Mitternacht vorbei.
Nach einiger Zeit hörte ich Schritte näherkommen. Mein Herz machte einen Sprung. Diese Schritte kannte ich! Clitus Vitellius trat über die Schwelle. Zornig blickte er mich an. Ich begriff seine Stimmung nicht.
Er löste meine Fesseln und stieß mich vor sich auf die Kacheln. Er warf sich über mich, schob meine Tunika hoch und bediente sich rücksichtslos meines Körpers. Ich genoß jede Sekunde. Tränen standen in meinen Augen. Ich liebte ihn! Ich wollte ihm meine Liebe bekennen, doch der Knebel bannte meine Zunge. Er ließ sich Zeit. Als er fertig war, wälzte er sich von mir und erhob sich, warf mich über seine Schulter und brachte mic h fort.
26
Ich lag zu den Füßen meines Herrn Clitus Vitellius, der in seinem Thronsessel saß und mit düsterem Blick aus dem Fenster starrte, vor dem sich die Türme Ars erhoben.
Ich legte eine Hand auf seine Knie. Seine Finger spielten mit meinem Haar. Mir kamen die Tränen.
»Du beunruhigst mich«, sagte er.
»Es tut mir leid«, sagte ich, »wenn ich dir mißfalle.«
»Ich verstehe die Gefühle nicht, die ich dir entgegenbringe. Du bist doch nichts weiter als eine Sklavin!«
»Deine Sklavin«, sagte ich betont.
Er schob mich zurück und stand ärgerlich auf. »Ich habe sogar Angst vor dir«, sagte er. »Immer wieder versuche ich, dich als Sklavin besonders schonungslos zu behandeln. Warum habe ich das Gefühl, dies tun zu müssen?«
Verwirrt blickte ich ihn an.
»Ich habe Angst vor mir selbst. Angst vor dir und vor mir.« Mürrisch starrte er mich an. »Du machst mich schwach«, fuhr er zornig fort, »mich, einen Krie ger Ars!«
»Verzeih mir, Herr!«
»Sollte ich dich freilassen?« fragte er.
»Nein, Herr!« rief ich.
»Keine Angst«, sagte er. »Ich bin Clitus Vitellius aus Ar. Ich lasse keine Sklaven frei.« Auf dem Weg ins Curuleum machten wir im ›Glockenkragen‹ Station. Es war früher Nachmittag.
»Als Pagamädchen war ich ziemlich gut«, sagte ich.
»Daran zweifle ich nicht«, sagte er.
Mit Erlaubnis des Tavernenwirts Busebius waren mehrere Mädchen von früher, besonders natürlich Sklavenperle, an unseren Tisch gekommen, um sich mit mir zu unterhalten. Manche mochten mich um meinen Herrn beneiden, doch ich mußte leider allen sagen, daß ich zum Curuleum gebracht wurde, um dort verkauft zu werden.
Helen, das Tanzmädchen von der Erde, warf sich daraufhin meinem Herrn zu Füßen und bat, von ihm gekauft zu werden. Er aber stieß sie von sich.
Ich sah Bran Loort die Taverne betreten, einen Korb mit Gemüse im Arm. Als er mich erblickte, wandte er den Kopf ab und verschwand in der Küche. Er arbeitete noch immer im ›Glockenkragen‹.
»Wo ist Maria, Herr?« fragte ich. Bei Clitus Vitellius hatte ich dieses Mädchen stets für meine schärfste Rivalin gehalten.
»Ich habe sie an einen Sklavenhändler verkauft, der sich auf Tanzmädchen spezialisiert«, antwortete mein Herr. »Und Eta gehört jetzt Mirus, meinem Wächter.«
»Das freut mich, Herr.« Mirus war ein großer blonder Jüngling, der mir im Lager des Clitus Vitellius bereits aufgefallen war; ihn hielt ich für den attraktivsten Gefolgsmann meines Herrn.
»Und Sklavenperle, das weißt du«, fuhr Clitus Vitellius fort, »gehört jetzt Busebius.«
»Ja, Herr«, sagte ich.
»Und Lehna, Donna und Chanda habe ich an zwei meiner Männer verschenkt, für gute Dienste im Kriege.«
Ich nickte. »Gehen wir bald ins Curuleum, Herr?« fragte ich.
»Ja. Doch zuerst warten wir noch auf einen Freund. Du kennst ihn sogar.«
Neugierig sah ich Clitus Vitellius an, doch er hüllte sich in Schweigen.
Nach einiger Zeit ertönte lautes Singen. Mein früherer Sklavenherr war kein besonders guter Sänger.