»Ja, Sklavin«, antwortete er.
Weinend vor Glück kniete sie vor ihm, nicht ohne mir einen Blick zuzuwerfen, der mich aufforderte, ihre wahre Identität nicht zu verraten. Vor langer Zeit war sie als Lady Sabina aus der Festung von Saphronicus Thandar aus Ti in die Gefährtenschaft versprochen worden. Derselbe Mann hatte sie jetzt als Sklavin gekauft.
»Kehren wir ins Gasthaus zurück«, sagte einer der Begleiter Thandars. »Ich glaube, wir haben hier eine Sklavin, die begierig ist, ihrem Herrn zu dienen.«
»Steh auf, Sklavin«, sagte Thandar aus Ti.
»Ein guter Kauf«, kommentierte einer seiner Begleiter.
»Ich glaube, ich nenne dich ›Sabina‹«, sagte der Unterhändler der Salerischen Konföderation.
Sie zuckte zusammen. »Herr?« fragte sie und sah mich an. Doch ich konnte nur die Achseln zucken. Ich hatte ihr Geheimnis nicht verraten.
»Ja, Sabina, mein kleiner Sleen!« sagte Thandar la chend. »Oder glaubst du etwa, ich wüßte nicht, wer du einmal gewesen bist? Sabina, Tochter des Kleomenes, mir als Gefährtin zugedacht!«
»Herr!« rief sie und starrte ihn entsetzt an.
»Jetzt bist du natürlich nur eine einfache Sklavin.«
»Ja, Herr. Aber wie ...?«
»Als die Gefährtenschaft im Rat der Konföderation besprochen wurde, bin ich nach Festung von Saphronicus gereist, um zu sehen, ob du mir auch gefielst. Ich hatte das Glück, dich im Bade beobachten zu können.«
»Herr?«
»Du erinnerst dich an deine Gemächer?« fragte er. »An das hohe Fenster? Man konnte sich mit einem Seil vom Dach herablassen.« Sie errötete. »Und ich gefiel dem Herrn schon damals?«
»Ja, sehr! Dasselbe galt auch für Maria und die anderen.«
»Ja«, sagte sie, »meine Dienstsklavinnen waren sehr schön. Wie hat mich mein Herr jetzt nur gefunden?«
»Unter Kriegern hilft man sich weiter«, antwortete Thandar, und Clitus Vitellius lächelte.
»Vielen Dank, Herr«, sagte Sklavenperle zu dem Mann aus Ar.
Dieser rückte nur.
Sabina wandte sich daraufhin strahlend an mich. »Ich bin seine Sklavin!« sagte sie.
Ich gab ihr einen Kuß. Ich konnte verstehen, wie ihr zumute war.
Einer von Thandars Männern begab sich zu Busebius, um die Rechnung zu begleichen.
»Ich wünsche dir alles Gute!« rief Sabina. »Euch allen wünsche ich alles Gute!«
»Ich dir auch!« gab ich zurück.
Die anderen Pagamädchen aus der Taverne schlossen sich den Wünschen an.
Thandars Männer gingen zum Ausgang. Sabina folgte ihnen. Wir sahen zu, wie die Gruppe die Taverne verließ.
»Es ist Zeit«, sagte Clitus Vitellius zu mir, »daß wir das Curuleum aufsuchen.«
Schüchtern berührte ich seinen Arm. »Bitte, Herr!« flehte ich ihn an.
Der Blick, mit dem er mich musterte, war beinahe zärtlich. Er schien bekümmert zu sein.
»Ja«, sagte er und bedeutete mir, ihm zu einer Nische zu folgen.
Ich kroch in die Nische und legte meine Straßentunika ab. Er schloß den Vorhang hinter uns.
»Oft«, sagte ich leichthin, »habe ich den Gästen des Busebius in dieser Nische gedient.« Er nahm mich in die Arme. Seine Zärtlichkeit erstaunte mich. »Du wirst mir fehlen, Dina«, sagte er.
»Es gibt viele Mädchen. Du wirst mich bald vergessen.«
Er fuhr mir übers Haar. »Dein Haar wird bis zum Frühling noch kurz sein.«
»Zweifellos wird das meinen Preis beeinträchtigen.«
Er küßte mich.
»Behalte mich!« sagte ich plötzlich.
»Nein!« sagte er entschlossen. »Es ist seltsam. Ich habe gegen wilde Sleen und gegen gefährliche Gegner gekämpft. Ich bin ein Krieger, ein führender Mann meines Standes. Trotzdem vermagst du, eine Sklavin, mich mit einem Lächeln und einer Träne zu erobern.«
»Nein, Herr«, sagte ich.
»Du verstehst, was ich meine!« sagte er.
»Eine Sklavin bedarf keiner Erklärungen. Ihre Aufgabe ist es, zu gehorchen.«
»Siehst du!« sagte er ärgerlich. »Du machst mich schwach! Du bist so anders als alle anderen!«
»Dabei bin ich nur eine Sklavin. Behandle mich auch so!«
»Ein Krieger muß hart durchgreifen können.«
»Dann tu’s!«
»Du möchtest erobert und unterdrückt werden, nicht wahr?«
»Ja«, antwortete ich.
Er richtete sich neben mir auf. »Wie sehr du meine Schwäche verachten mußt!«
»Ja, ich verachte deine Schwäche.«
Er blickte mich zornig an.
»Ich liebe dich!« sagte ich.
»Lügnerin!« rief er und warf sich auf mich. Er machte es ohne jeden Funken Zärtlichkeit, ließ seinen Zorn an mir aus.
Als er fertig war, sagte er: »Zieh dich an. Wir müssen zum Curuleum.« Ich zog mir die Tunika über den Kopf und machte den Gürtel fest. Dann verließen wir die Taverne und begaben uns zum Hintereingang des Curuleum. Ich betrachtete die dicke Eisentür, hinter der ich verkauft werden sollte.
»Wir müssen eintreten«, sagte er.
»Tu mit mir, was du willst.«
»Ja. Ich bin ein Krieger. Ich darf nicht schwach sein.«
»Trotzdem bist du schwach!«
»Inwiefern?«
»Du willst mich ja gar nicht verkaufen«, sagte ich. »Trotzdem tust du es.«
»Ich will dich verkaufen!«
»Sieh mich an! Was willst du wirklich mit mir tun?«
»Dich verkaufen!«
»Nein!« widersprach ich. »Du willst mich bei dir haben. Ich soll zu deinen Füßen sitzen. Du willst mich nicht verkaufen. Warum hättest du sonst in Ar nach mir gesucht oder mich sogar bis nach Cos verfolgt? Nur um mich zu verkaufen?«
Er sah mich stirnrunzelnd an.
»Nein, du wolltest mich als Sklavin besitzen!« rief ich.
»Ja!« sagte er zornig.
»Dann nimm mich an deine Kette!«
»Nein.«
»Dann verkauf mich«, sagte ich resigniert. »Die Entscheidung liegt bei dir.«
Er hämmerte an die Eisentür.
»Ich hatte Clitus Vitellius für stark gehalten!« klagte ich. »Ich hatte gedacht, er wäre ein wahrer Krieger. Ich hatte angenommen, er besitze die Kraft, einer Frau zu widerstehen – aber er schafft es nicht, mit einer Sklavin wirklich das zu machen, was er will.«
Von der anderen Seite näherten sich Schritte, und gleich darauf wurde eine kleine Gittertür geöffnet.
»Ich möchte ein Mädchen verkaufen«, sagte Clitus Vitellius.
Das Gitter wurde geschlossen. Gleich darauf ging die große Tür auf.
Wir traten ein und befanden uns in einem großen Raum mit Zementboden. Ein gelber Kreis war auf die Fläche gemalt. Hinter einem kleinen Tisch saß ein Mann.
»Gebt mir für sie, was sie wert ist«, sagte mein Herr, »und schickt das Geld in die Wohnung von Clitus Vitellius im Turm der Krieger.«
»Ja, Herr«, sagte der Mann am Tisch.
Clitus Vitellius machte kehrt und verließ das Curuleum. Ich kniete allein im gelben Kreis.
27
Beim ersten Verkauf ist es immer am schlimmsten. Doch bleibt auch beim zweiten- oder drittenmal ein Rest von Unbehagen und Nervosität. Das Schlimmste ist vermutlich die Ungewißheit, wer von den zahlreichen Besuchern des Auktionshauses die Sklavin befreien wird. Man wird angestrahlt, vorgeführt und von der besten Seite gezeigt. Neben der Sklavin steht der Auktionator mit seiner Peitsche. Man gibt sich größte Mühe. Der Block ist glatt. Viele Mädchen sind hier schon verkauft worden. Man ist nichts Besonderes, man ist nur eine von vielen Sklavinnen, ein bißchen mehr oder weniger hübsch als andere. Man spürt die Sägespäne unter den Füßen. Man hebt den Kopf im Fackellicht. Das erste Gebot kommt, und man versucht an der Stimme zu erkennen, was für ein Mann sich da um die Sklavin bemüht. Dann kommt das nächste Gebot. Man lächelt, wendet sich, geht ein paar Schritte, hebt die Arme, kniet nieder und befolgt die Anordnungen des Auktionators, die darauf abzielen, die Vorteile des Mädchens vorzuführen. Das Mädchen schwitzt. Das Sägemehl klebt ihr am Körper und in den Haaren. Die Furcht vor der Peitsche des Auktionators beflügelt die Sinne. Endlich steht sie schweratmend und nackt vor der Menge. Das letzte Gebot kommt, die Faust des Auktionators zuckt herab und besiegelt das Geschäft. Die Sklavin ist verkauft.