Der Auktionator schien ebenfalls nicht zu wissen, was los war. Doch er ließ sich nicht beirren. »Hier scheint uns jemand etwas Besonderes geschickt zu haben«, sagte er gedehnt und deutete mit der Peitsche auf mich. »Du Umrisse lassen hoffen, daß sie hübsch gewachsen ist.« Er blickte in die Menge. »Wollen wir uns das mal ansehen?« fragte er.
Doch das Publikum forderte ihn nicht auf weiterzumachen. Vielmehr blieb es gespenstisch still. Seine Hand erbebte. Ich hatte Angst. Ich begriff nicht, was hier vorging.
»Wir wollen mal sehen«, fuhr der Auktionator krampfhaft lustig fort. Er hob einige Seidenbahnen hoch, die mein Gesicht verdeckten. Ein Murmeln der Bewunderung ging durch die Menge. Ich war eitel genug, mich darüber zu freuen. »Ein liebliches Gesicht«, verkündete er, »weiblich, weich, verwundbar, ausdrucksstark. Man kann darin lesen wie in einem Buch.« Er zuckte die Achseln. »Das Haar ist natürlich viel zu kurz, aber die Führung des Curuleum hat mir versichert, daß es nachwachsen wird.«
Niemand lachte.
Die Hand des Auktionators zitterte stärker. Er war nervös. Ich schob das rechte Bein vor, hob es an, spreizte die Zehen, drehte die Hüfte. Langsam nahm er mir eine Seidenbahn nach der anderen ab. »Ein hübsches Geschöpf«, sagte er.
Die Menge war seltsam ruhig und angespannt. Die Unruhe des Auktionators nahm zu.
»Wir wollen doch mal sehen, ob hier mehr Interessantes zu finden ist«, sagte er.
Ich hörte ein scharfes Atemholen in der Menge, doch es wurde nicht geboten.
Wir vollendeten die vorgesehene Vorstellung nicht, die ohnehin weitgehend vom Publikum abhängt. Seine Reaktion bestimmt die Ereignisse auf dem Block. Der Auktionator entfernte das letzte Stück Stoff von meinem Körper, doch ohne Schwung, ohne große Schau.
»Dies ist die Frau!« rief er. »Wie lautet das Gebot?«
Niemand meldete sich.
»Seht!« rief eine Stimme. Die Menge verdrehte die Köpfe, und ich und der Auktionator starrten ebenfalls empor. Oben am Portal zum Mittelgang stand ein Krie ger in voller Bewaffnung. Er sprach nicht. Er hatte Schild und Speer gehoben. Über seiner linken Schulter hing das Kurzschwert in seiner Scheide. Er hatte den Helm aufgesetzt.
»Herr?« fragte der Auktionator mit unsicherer Stimme.
Der Krieger schwieg.
Der Auktionator deutete auf mich und lenkte damit die allgemeine Aufmerksamkeit von der eindrucksvollen Gestalt des Kriegers ab. »Was wird geboten?« fragte er.
In diesem Augenblick begann der behelmte Krieger den Gang herabzusteigen. Wir sahen ihn näherkommen.
Sekunden später stand er ebenfalls auf dem Block, der Menge gegenüber. Er schlug mit dem Schaft des langen Speers auf den Holzboden. »Kajira canjellne!« rief er. »Ich erhebe Anspruch auf diese Sklavin!« Er drehte sich zu mir um, und ich kniete nieder. Ich konnte nicht sprechen vor Angst, das Bewußtsein zu verlieren.
Dann sprach er wieder zu der Menge. »Ich fordere diese Frau! Für sie kämpfe ich gegen ganz Ar, gegen die ganze Welt!«
»Ich liebe dich, Clitus Vitellius!« rief ich. Tränen Schossen mir in die Augen.
»Niemand hat dir erlaubt zu sprechen!« rief der Auktionator und hob die Peitsche, um mich zu strafen.
Doch schon richtete sich Clitus Vitellius’ Speer auf seinen Hals. »Du schlägst sie nicht!« befahl der Krieger.
»Nein, Herr!« sagte der Auktionator, wurde bleich und wich zurück.
»Kajira canjellne!« rief Clitus Vitellius ins Publikum. »Ich fordere dieses Mädchen!«
Es kam keine Antwort. Dann stand ein Mann auf und schlug sich mit der Faust gegen die rechte Schulter. Gleich darauf folgten ein zweiter und ein dritter und ein vierter. In Sekunden war die ganze Menge auf den Beinen und jubelte und schlug sich gegen die Schulter. Clitus Vitellius stand ruhig auf der großen Plattform, den großen runden Schild am linken Arm, den sieben Fuß langen Speer in der rechten Hand.
»Sie gehört dir, Herr«, sagte der Auktionator zu Clitus Vitellius. Voller Freude kniete ich zu Füßen meines Herrn. Er würde mich befreien und mich zur Gefährtin nehmen. Er legte Schild und Speer fort, um mich aufzuheben.
»Deine Peitsche«, sagte Clitus Vitellius zum Auktionator.
»Aber du wolltest doch nicht, daß sie ausgepeitscht wird!« rief dieser.
»Wenn sie gestraft werden muß, dann nur von mir!«
»Herr, willst du mich denn nicht zur freien Frau machen?« fragte ich.
»Nur ein Dummkopf befreit eine Sklavin!«
»Herr!« rief ich verzweifelt.
Mit gesenktem Kopf kniete ich vor ihm. Ich zitterte. Sollte ich weiter seine Sklavin sein? Meinte er das wirklich ernst?
»Ich möchte nicht, daß du an dem Mädchen Verlust machst«, sagte mein Herr zu dem Auktionator. »Hier ist etwas, das eure Kosten für die Sklavin deckt.«
Ich hörte einen schweren metallgefüllten Beutel auf die Dielen des Blocks fallen.
»Das Haus ist dir dankbar, Herr!« rief der Auktionator. Er öffnete die Schnur des Beutels und stieß einen Freudenschrei aus. Goldstücke ergossen sich über den Boden. Mit sicheren Fingern sortierte er die Münzen. »Hundert goldene Tarnscheiben!« rief er.
Die Menge brüllte begeistert.
Ich weinte. Diese Summe überstieg meinen Wert um ein Hundertfaches oder mehr. Erst in diesem Augenblick erkannte ich, was Clitus Vitellius für mich empfand. Ich weinte vor Freude. Ich hatte nicht geahnt, daß ein Mann sich so sehr nach einer Frau sehnen konnte. Trotzdem hielt er mich als seine Sklavin!
Vielleicht kann man nur als Sklavin so geliebt werden.
Als ich nun den Kopf drehte und in seine Augen blickte, durchfuhr mich Furcht. Ich erkannte, daß er trotz allem ein goreanischer Sklavenherr war. So sehr er mich auch begehren mochte – für ihn war ic h nichts weiter als eine Sklavin. Wie seine Gefühle für mich auch aussehen mochten, er wollte nichts weiter als mich versklavt zu seinen Füßen haben. Er würde der Herr sein, ich die Sklavin, uneingeschränkt.
28
Ich servierte ihm Wein. Auf sein Zeichen hin breitete ich die Felle aus. Im Raum brannte eine einzige kleine Lampe. Ich legte mich auf die Felle. Er zog die Tunika aus und hockte sich neben mir nieder. Ich sah, daß er sich kaum noch zurückhalten konnte.
»Ich gehöre dir«, flüsterte ich und hob die Arme. »Nimm mich.«
»Ich empfinde für dich«, sagte er zögernd.
»Sei stark, Herr«, flüsterte ich. »Ich möchte dich nicht herausfordern oder dich bekämpfen, ich möchte dich nur lieben. Ich möchte dir alles geben, ohne etwas zurückzuhalten.«
Er blickte mich an.
»Verstehst du nicht, Herr?« fragte ich. »Hätte ich die Wahl, würde ich mich dafür entscheiden, deine Sklavin zu sein.« Ich hatte erfahren, daß eine Frau immer wie der die Wahl zwischen Freiheit und Liebe hat. Beides sind löbliche Tugenden. Möge jede sich so entscheiden, wie sie es für gut hält.
»Aber ich lasse dir keine Wahl«, meinte er.
»Natürlich nicht, Herr. Du bist Goreaner.«
»Vielleicht verkaufe ich dich doch wieder.«
»Du tust, was dir beliebt, Herr.«
Mit zorniger Gebärde berührte er mich.
»Wie ich sehe, willst du streng sein, Herr«, sagte ich.
»Was für ein Dummkopf bin ich doch, daß ich für eine jämmerliche Sklavin von der Erde soviel empfinde!«
»Ich möchte nichts anders, als dich zu lieben und dir zu dienen.«
»Und doch bist du reizvoll.«
Er nahm mich, und ich explodierte in seinen Armen, erlebte die tiefsten und schönsten Ekstasen, die einer Frau nur vergönnt sein können.
»Wie könnte ich dich so sehr lieben, wenn du nicht zugleich voll und ganz mir gehörtest?« fragte er.
»Ich weiß nicht, Herr.« Clitus Vitellius hatte eingestanden, daß er seine Sklavin liebte!
Er griff mir ins Haar. »Ein Mann kann nur die Frau lieben, die ganz ihm gehört. Sonst wäre er nur eine Art Vertragspartner.«
»Und eine Frau kann nur den Mann lieben, dem sie voll und ganz gehört«, antwortete ich.
»So gehörst du mir.«
»Du begehrst mich sehr, Herr«, sagte ich, als er wie der in mich eindrang und mich nahm. Er tat es mit Bedacht und im Vollgefühl seiner Männlichkeit.