Der Schiedsrichter klatschte dem Mann auf die Schulter. Die anderen Männer traten zurück. Zu meinem Entsetzen sah ich, daß Eta, die noch immer gefesselt und verhüllt war, im Gras vor aller Augen von dem Mann bestiegen wurde. Die Umstehenden brüllten vor Vergnügen.
Als der junge Mann mit ihr fertig war, stand er auf und entfernte seine Augenbinde. Die anderen Männer hoben ihre Kelche und prosteten ihm lachend zu. Eta lag auf der Seite im Gras.
Sie wirkte klein und hilflos, doch niemand kümmerte sich um sie. Meine arme Geschlechtsgenossin tat mir fürchterlich leid.
Der Schiedsrichter nahm ihr die Haube ab. Sie warf den Kopf zurück, schüttelte ihr Haar und atmete tief ein. Ihr Gesicht war gerötet. Seltsamerweise schien sie sich zu schämen. Sie setzte sich ins Gras und löste die Glöckchen von Händen und Füßen. Dann sah sie mich an.
Zornig erwiderte ich ihren Blick.
Sie lächelte, eilte zu mir und gab mir einen Kuß. Ich ignorierte sie.
Dann holte sie das schlichte Gewand, das ihr der Schiedsrichter vor dem Spiel abgenommen hatte. Sie zog es nicht wieder an, sondern trug es nachlässig in der Hand und legte sich meinem Herrn zu Füßen. Ich dachte an den Blick, den sie mir zugeworfen hatte. Es war der Blick einer Frau, die um ihre Reize weiß. Ich war zornig auf sie, zugleich erfüllte mich Neid. Es war inzwischen völlig dunkel geworden. Zwei Männer hatten das Fleisch samt Spieß vom Feuer genommen und zum Schneiden ins Gras gelegt. Ich war froh, daß wir nun bald essen würden.
Zwei andere Männer kamen zu mir und packten mich an den Armen. Rücksichtslos zerrten sie mich zu dem abgebrochenen Baum, der sich ganz in der Nähe befand. Sie warfen mich rücklings auf den liegenden Stamm, fesselten mir die Hände zusammen und banden mich mit gestreckten Armen fest. »Was tut ihr da?« rief ich. Ich konnte mich kaum noch bewegen. »Nein! Nein! Nein!«
Mein Herr war zu dem Feuerbecken gegangen, nahm einen Lederhandschuh aus dem Gras und zog das weißglühende Eisen aus den Flammen. »Nein!« Zwei kräftige große Männer hielten meinen linken Schenkel fest.
Ich starrte meinen Herrn ungläubig an. »Bitte nein!« schluchzte ich.
Hilflos gefesselt, wurde ich zur goreanischen Sklavin gestempelt.
Das Branden dauerte vermutlich nur wenige Sekunden, doch ich hatte das Gefühl, als ob sich das Eisen stundenlang in mein Fleisch grub. Ich konnte gar nicht wieder aufhören zu schreien. Ich war allein mit dem Schmerz, mit der Erniedrigung, mit dem erbarmungslos zischenden Gebilde, das mir entsetzlich weh tat. Ein Geruch nach verbranntem Fleisch stieg mir in die Nase. Mein Körper wurde mißhandelt! Doch ich vermochte das Bein nicht zu bewegen. Sauber und tief wurde das Zeichen eingebrannt, dann löste sich das Eisen von mir.
Die psychologische Wirkung dieses Ereignisses war unbeschreiblich. Der Schmerz war schlimm, erschien mir aber relativ unwichtig im Vergleich zu der unvorstellbaren Erkenntnis, die sich in mir ausbreitete. Mein Bein würde mir tagelang weh tun, ein Umstand, der allerdings unwichtig und sogar trivial war. Dieses Zeichen in meinem Fleisch würde nicht wie der Schmerz verschwinden. Dieses Zeichen brandmarkte mich für alle Zeiten. Aber als was? Ich ahnte die Wahrheit. Die ses Zeichen, das wußte ich, trug eine durchgreifende Veränderung in mein Leben. Auf Gor begründete die ses Zeichen einen legalen Status. Wer dieses Zeichen trägt, ist ein Objekt ohne Rechte vor dem Gesetz, ganz zu schweigen von der zutiefst persönlichen und psychologischen Auswirkung auf das betroffene Mädchen. Ich war zwar noch an den Baum gefesselt und konnte mich kaum bewegen, doch ahnte ich schon in diesem Augenblick, daß die stärksten Fesseln auf Gor nicht die Lederschnüre an meinen Handgelenken und Füßen waren, sondern das frische Brandzeichen an meinem linken Oberschenkel.
Ich hörte die Geräusche des Lagerlebens ringsum. Die Männer saßen in der Nähe des Feuers. Der Braten wurde aufgeteilt. Man unterhielt sich. Eta, wunderhübsch anzuschauen, bediente sie. Ich blickte in die goreanische Nacht hinauf, die durchsetzt war mit herrlich schimmernden Sternen. Wenn ich den Kopf wandte, konnte ich die drei Monde erkennen. Ich spürte die glatte, brüchige weiße Rinde des Baums unter mir. Ich hörte Insekten summen. Ich hatte viel geweint. Meine Wangen spannten sich unter den getrockneten salzigen Tränen.
Vom Feuer her näherte sich eine Gruppe Männer, gefolgt von Eta.
Mein Herr nahm meine Hände zwischen die seinen und zog sie empor, so daß ich ihn ansehen mußte. Ich erwartete in seinen Augen Mitleid zu sehen, doch das gab es nicht. Ich erschauderte in seinem Griff. »Kajira«, sagte er zu mir und ließ meine Hand los. »Kajira.« Ich starrte ihn an.
»Kajira«, wiederholte ich.
Ich erinnerte mich, daß ich dieses Wort schon mehrfach gehört hatte. Die Männer, die in der Wildnis als erste zu mir gekommen waren, hatten es gebraucht.
»La Kajira«, sagte Eta und deutete auf sich selbst. Gleichzeitig drehte sie sich zur Seite, zog den Rocksaum hoch und entblößte ihren linken Oberschenkel. Sie trug dort ebenfalls ein Brandzeichen.
Mir wurde klar, daß Eta und ich auf besondere Weise nun wieder auf gleicher Stufe standen; wir trugen beide das Brandzeichen. Ich war ihr in keiner Weise mehr überlegen. Ich war nicht mehr und nicht weniger als Eta; was immer sie sein mochte, durch das Brandzeichen war ich genau dasselbe.
Ihr Zeichen unterschied sich allerdings von dem meinen. Es war schmaler, sah wie ein Stengel mit blumenblattähnlichen Kringeln aus, etwa vier Zentimeter hoch und anderthalb breit; ich sollte später erfahren, daß es sich um den Anfangsbuchstaben des goreanischen Wortes ›Kajira‹ in Kursivschrift handelte; mein Zeichen dagegen war die ›Dina‹, eine kleine Blume mit zahlreichen Blütenblättern und kurzem Stiel, die gewöhnlich auf Hängen in den nördlichen gemäßigten Klimazonen Gors anzutreffen ist. Die Blüte erinnerte an eine Rose; es ist eine exotische, fremdartige Blume und wird im Norden ›Sklavenblume‹ genannt.
Dieses Zeichen war nun in mein Fleisch eingebrannt.
Im Süden, unterhalb des goreanischen Äquators, ist die Blume seltener und wird höher geschätzt; noch vor Jahren war es nicht ungewöhnlich, daß Eltern aus den unteren Kasten ihre Töchter ›Dina‹ nannten. Mit der Ausweitung des Handels ist der Name allerdings seltener geworden. Die wirtschaftlichen und kulturellen Kontakte zwischen Städten wie Ko-ro-ba und Ar einerseits und dem Riesen der südlichen Hemisphäre, Turia, andererseits haben in letzter Zeit sehr zugenommen. Beim Sturz Turias waren vor einigen Jahren viele tausend Bürger geflohen, darunter Kaufleute und ihre Familien, von denen viele nach der Wiederherstellung des Ubarats von Phanias Turmus zurückgekehrt waren. Inzwischen hatte es aber neue Kontakte gegeben, neue Produkte waren entdeckt worden, und selbst jene, die nicht in die alte Heimat zurückkehrten, betätigten sich nun als Agenten oder Importeure für turische Waren und die Lederprodukte der Wagenvölker, die durch Turia vertrieben wurden. Auf diese Weise hatte man im Süden auch mitbekommen, daß die Dina als Sklavenblume gilt, mit den entsprechenden Folgen. Die Abbildung der Dina-Blüte gehörte zu den am weitesten verbreiteten Brandzeichen für Skla ven auf Gor.
Lächelnd beugte sich Eta über mich. Sie deutete auf das Stahlband, das sich an ihren Hals schmiegte. Buchstaben waren in das Metall eingraviert, in einer Schrift, die ich nicht entziffern konnte. Nicht ohne Mühe drehte sie den Eisenkragen ein Stück.
Dann wandte sie sich meinem Herrn zu. »La Kajira«, sagte sie und neigte unterwürfig den Kopf vor ihm. Als Mann hätte ich ihren Tonfall vermutlich aufregend gefunden. Lachend sah mich Eta an und deutete auf meinen Mund. Ich begriff nicht, was sie wollte, und sie wiederholte das Wort, wobei sie zuerst auf ihren, dann auf meinen Mund deutete. Ich blickte in das Gesicht des Mannes, der mich beherrschte. »La Kajira«, sagte ich zu ihm und neigte weinend den Kopf. Er nickte, drehte sich um und kehrte mit den anderen zum Feuer zurück, um die Mahlzeit fortzusetzen.