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Und der verschwendete keine Sekunde darauf, Indiana so verblüfft anzustarren wie der ihn, sondern stürmte mit einem zornigen Knurren auf ihn zu. Und plötzlich blitzte in seiner Hand das gewaltigste Messer, das Indiana je gesehen hatte.

Joana schrie gellend auf, und Indiana ließ sich instinktiv seitwärts aus dem Stuhl fallen, als die Machete des Indianers eine pfeifende Bahn durch die Luft schnitt und von der Lehne seines Stuhles die oberen zwanzig Zentimeter absäbelte.

Blitzschnell rollte er sich herum und versuchte, auf die Füße zu kommen. Aber so schnell er auch war, der andere war schneller. Er schlug abermals mit seiner Machete nach ihm. Indiana warf sich mitten in der Bewegung herum und verlor dadurch wieder das Gleichgewicht, und was sein eigener Schwung nicht schaffte, das holte der Riese mit einem Fußtritt nach, der zielsicher in Indianas Gesicht landete. Der Schlag schmetterte ihn mit furchtbarer Wucht zu Boden, ließ ihn hilflos über den gebohnerten Holzfußboden schlittern und mit solcher Wucht gegen den Schreibtisch prallen, daß bunte Sterne und Kreise vor seinen Augen erschienen. Für einen Moment wich alle Kraft aus seinen Gliedern. Er sackte zusammen, versuchte vergeblich, die Augen offenzuhalten, und spürte, wie dunkle Bewußtlosigkeit nach seinen Gedanken griff.

Doch dann hörte er Joana abermals schreien und Augenblicke später die polternden Geräusche eines verbissenen Zweikampfes. Und er begriff, daß gar nicht er, sondern sie es gewesen war, der der Angriff wirklich galt.

Mit aller Macht zwang er sich, die Augen zu öffnen, blinzelte die grellen Kreise und Punkte weg, die noch immer davor tanzten, und taumelte auf die Füße.

Der Riese hatte nun seine Machete auf den Schreibtisch geworfen und rang mit bloßen Händen mit Joana. Ihre Kräfte waren den seinen hoffnungslos unterlegen, aber sie wehrte sich mit der Kraft der Verzweiflung, und sie war erstaunlich geschickt. Der Indianer hielt sie unerbittlich gepackt, aber sie wand sich und zappelte mit aller Kraft in seinem Griff, und gleichzeitig versuchte sie, ihm die Augen auszukratzen. Mit einem ärgerlichen Knurren drehte er hastig den Kopf weg, aber Joanas Fingernägel hinterließen trotzdem tiefe, blutige Spuren auf seinen Wangen. Gleichzeitig trat sie ihn immer wieder abwechselnd mit dem rechten und dem linken Fuß vor das jeweilige Schienbein.

Indianas Hand glitt an seinen Gürtel — aber da war nichts, eben nur der Gürtel. Er hatte seine Peitsche in seinem Zimmer im Hotel zurückgelassen. Doch warum auch nicht? Schließlich war er nur aus dem Haus gegangen, um José und später den Rechtsanwalt zu treffen.

Er beschloß, sich später für dieses Versäumnis zu beschimpfen, war mit zwei Schritten um den Schreibtisch herum und sprang den riesigen Indianer an. Seine Hände schlossen sich von hinten um seinen Hals, während er ihn gleichzeitig mit den Beinen umklammerte und versuchte, ihn mit aller Gewalt aus dem Gleichgewicht zu zerren.

Es blieb bei dem Versuch.

Ebensogut hätte er versuchen können, einen Baum mit bloßen Händen aus dem Boden zu ziehen. Der Maya wankte nicht einmal. Er knurrte nur etwas wütender, versuchte, Indiana abzuschütteln und drehte sich schließlich mit einem Ruck herum, als es ihm nicht gelang. Mit aller Macht warf er sich nach hinten und quetschte Indianas Körper zwischen seinem eigenen und der Schreibtischkante ein.

Ein furchtbarer Schmerz schoß durch Indianas Rücken. Aber er ließ nicht los, sondern klammerte sich nur noch fester an den Riesen und versuchte, seinen Kopf in den Nacken zu ziehen. Gleichzeitig zerkratzte Joana weiter sein Gesicht — und auch Indianas Hände, die sich mit aller Kraft am Gesicht des Riesen festhielten.

Der Maya schüttelte sich, machte einen Schritt nach vorn und warf sich dann blitzschnell ein zweites Mal nach hinten. Diesmal versuchte er nicht, Indiana gegen die Schreibtischkante zu schleudern, sondern warf sich einfach rückwärts über den Tisch.

Indiana hatte das Gefühl, unter einem zusammenbrechenden Berg begraben zu werden. Der Aufprall trieb ihm die Luft aus den Lungen, so daß er nicht einmal schreien konnte, und lähmte ihn fast völlig. Seine Arme erschlafften. Er spürte, wie seine Hände vom Gesicht des Riesen herunterglitten, dann traf ein wütender Ellbogenstoß des gigantischen Maya seine Rippen und ließ sie knacken, und vor seinen Augen entstanden abermals bunte Kreise und Sterne. Mit einem Ruck richtete der Indio sich auf, fuhr mit einem wütenden Knurren herum und ballte eine seiner gewaltigen Fäuste, um sie Indiana ins Gesicht zu schlagen.

Joana kreischte, warf sich ihm in den Arm und wurde kurzerhand mitgerissen. Aber ihre Bewegung nahm dem Hieb des Riesen immerhin so viel Schwung, daß Indiana es fertigbrachte, im letzten Moment den Kopf zur Seite zu drehen, so daß der Schlag nicht sein Gesicht, sondern nur die Tischplatte neben diesem zerschmetterte.

Der Indio wich mit ein paar wütenden Schritten zurück, wobei er Joana, die sich immer noch an seinen Arm klammerte, einfach mit sich zerrte, griff auch mit der zweiten Hand zu und schüttelte sie so heftig, daß Indiana ihre Zähne aufeinanderklappern hören konnte. Dann holte er aus und versetzte ihr eine fürchterliche Ohrfeige.

Joana hörte auf zu kreischen. Haltlos taumelte sie zurück, prallte gegen Martens Ledersessel und riß ihn mit sich zu Boden, als sie bewußtlos zusammenbrach.

Irgendwie brachte Indiana das Kunststück fertig, sich noch einmal in die Höhe zu arbeiten, obwohl er das Gefühl hatte, im ganzen Körper keinen einzigen Knochen zu haben, der nicht gebrochen war. Aber die Angst um Joana gab ihm noch einmal Kraft. Als sich der Indio herumdrehte und sich dem bewußtlosen Mädchen näherte, sprang er vor, packte ihn an der Schulter und riß ihn herum. Gleichzeitig schlug er mit aller Kraft zu, die er aufbringen konnte.

Der Hieb traf genau. Aber er hatte nicht die mindeste Wirkung — sah man von der neuerlichen Explosion greller Schmerzen ab, die durch Indianas Faust ins Ellbogengelenk und dann bis in die Schulter hinaufschoß. Der Indio blinzelte, blickte ihn einen Moment lang mit unbewegtem Gesicht an — und versetzte ihm dann eine ebensolche Ohrfeige, wie sie Augenblicke zuvor noch Joana einstecken mußte.

Und wie sie taumelte Indiana hilflos drei, vier, fünf Schritte zurück durch das Zimmer, bis er über irgend etwas stolperte und der Länge nach hinschlug. Er verlor auch jetzt nicht das Bewußtsein, aber er blieb benommen liegen und war unfähig, sich zu rühren. Er konnte hören, wie der Riese wieder um den Schreibtisch herumging, Martens schweren Sessel einfach zur Seite fegte, so daß er gegen die Wand prallte und krachend zerbrach, und sich dann neben Joana auf die Knie fallen ließ. Ein schleifendes Geräusch erklang. Stoff zerriß.

Was weiter geschah, konnte Indiana hinterher nicht mehr sagen, denn ihm schwanden nun doch die Sinne. Er verlor nicht wirklich das Bewußtsein, aber minutenlang balancierte er auf dem schmalen Grat zwischen Ohnmacht und Wachsein entlang und nahm nichts von dem wahr, was rings um ihn herum vorging.

Als die grauen Spinnweben über seinen Gedanken endlich wieder zerrissen, hörte er ein leises Schluchzen.

Seufzend öffnete er die Augen, stemmte sich in die Höhe und verbarg für einen Moment ächzend das Gesicht zwischen den Händen. Er fühlte sich, als wären Attilas Hunnenreiter über ihn hinweggaloppiert. Zwölfmal. Aus zwölf verschiedenen Richtungen. Er wollte nichts anderes, als sich auf die Seite legen und leiden. Aber da war noch immer dieses Stöhnen, und er begriff plötzlich, daß es Joana war, die vielleicht verletzt war und seine Hilfe brauchte.

Mühsam stemmte er sich hoch, machte einen unsicheren Schritt und mußte sich an der Schreibtischkante festhalten, weil ihm schwindelig wurde. Schritt für Schritt schleppte er sich weiter, bis er das Möbelstück umkreist hatte und Joana auf dem Boden liegen sah.

Sie wimmerte leise. Ihr Gesicht war rot und würde wahrscheinlich in einer Stunde blau sein, und ihr linkes Auge begann sich zu schließen. Ihre Bluse war zerrissen, und um ihren Hals lief eine dünne, rote Linie. Mehr taumelnd als gehend schleppte sich Indiana zu ihr, fiel neben ihr auf die Knie und hob ihren Kopf an.