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«Wozu?«fragte Indiana. Seine Stimme bebte.

Franklin stand auf. Er begann nervös in der kleinen Kabine auf und ab zu gehen.»Ich muß etwas weiter ausholen«, begann er.»Wie Sie vielleicht wissen, führt die deutsche Kriegsmarine schon seit geraumer Zeit einen brutalen Vernichtungsfeldzug gegen alle Schiffe, die unter alliierter Flagge laufen. Sie versenken alles, was ihnen vor die Rohre läuft: Kriegsschiffe, Tanker, Frachtschiffe …«

«Sie etwa nicht?«fragte Grisswald.

Franklin überging den Einwand.»Vor allem ihre U-Boote machen uns schwer zu schaffen. Unsere Jagdeinheiten sind zwar mittlerweile ganz gut darin, sie aufzuspüren und zu versenken, aber sie richten noch immer einen enormen Scha den an. Was Sie aber wahrscheinlich nicht wissen, ist folgen des: Die Deutschen planen, ihren Terror weltweit auszudehnen, das heißt, unsere Schiffe überall zu jagen und zu versenken, selbst vor unserer eigenen Haustür. Dazu benötigen sie nicht nur mehr Unterseeboote, als sie bisher haben, sondern vor allem ein Netz von geheimen Auftankstationen und U-Boot Häfen überall auf der Welt. Seit zwei Jahren sind sie dabei, dieses Netz aufzubauen.«

«Und Polynesien mit seinen zahllosen Inseln und Atollen bietet sich geradezu dafür an«, vermutete Indiana.

Franklin nickte.»Ja. Natürlich waren wir nicht untätig und haben gewisse Nachforschungen angestellt. Die Deutschen sind gefährliche Gegner, Dr. Jones, und leider Gottes alles andere als dumm. Trotzdem ist es uns vor einem guten Jahr gelungen, einen unserer Agenten in ihre Organisation einzu schleusen. Dieser Agent trägt den Decknamen Jonas

Indiana blinzelte, und in Franklins Augen erschien ein amü siertes Funkeln, aber er fuhr sofort wieder fort:»Jonas ist in den Besitz sehr wertvoller Unterlagen gelangt, die es uns ermöglicht hätten, den größten Teil der deutschen U-Boot Basen in Polynesien zu zerstören beziehungsweise zu verhin dern, daß sie überhaupt gebaut werden.«

«Hätten?«fragte Indiana.»Das heißt, das ist Ihnen nicht gelungen?«

«Leider nein«, gestand Franklin.

«Haben die Deutschen ihn erwischt?«

«Ich wollte, ich wüßte es«, sagte Franklin. Er seufzte tief.»Ich glaube es nicht, aber …«Er suchte einen Moment sichtlich nach Worten.»Unser Agent mußte ziemlich vorsich tig sein, wie Sie sich vielleicht vorstellen können. Er konnte ja schlecht bei uns anrufen und um ein Flugzeug bitten, das ihn abholt.«

Er lächelte auf eine Art, als erwarte er, daß Indiana und Grisswald dieses Lächeln erwiderten. Als sie ihm diesen Gefallen auch nach einigen Sekunden noch nicht taten, fuhr er stockend fort:»Wir mußten uns die Geschichte mühsam zusammenreimen, aber ich nehme an, daß sie sich ungefähr so abgespielt hat: Jonas hat versucht, sich irgendwie nach Austra lien durchzuschlagen. Wir haben seine Spur bis zu einem kleinen Atoll namens Pau-Pau zurückverfolgt. Dort hat er eine knappe Woche in einem Hotel verbracht und auf ein Flugzeug gewartet.

Schließlich ist er zusammen mit neun anderen Passagieren an Bord gegangen.«

«Aber das Flugzeug ist niemals angekommen«, vermutete Indiana.

Franklin nickte wortlos.

«Die Deutschen werden es abgeschossen haben«, sagte Grisswald.

«Das war auch unser erster Gedanke«, antwortete Franklin finster.»Aber wenn es so einfach wäre, wäre ich noch froh. Und Sie und ich wären jetzt nicht hier. Vor ungefähr drei Monaten nämlich tauchte das Flugzeug wieder auf, genauer gesagt: es stürzte eine halbe Meile vor dem Pau-Pau-Atoll ins Meer. An Bord befanden sich ein toter und ein sterbender Mann. Der Pilot und einer der Passagiere. Und ein Teil von Jonas’ Aufzeichnungen.«

Er griff in das Durcheinander auf dem Tisch, grub ein kleines, in schwarzes Leder gebundenes Notizbuch aus und reichte es Indiana. Grisswald beugte sich neugierig vor, um über dessen Schulter blicken zu können, als er es aufschlug.

Mit Ausnahme des Einbandes, der deutliche Brandspuren aufwies, enthielt es nur noch wenige Seiten, der Rest war herausgerisser oder verkohlt. Und auch die übriggebliebenen Seiten schienen auf den ersten Blick eine Enttäuschung zu sein.

Die Tinte war zerlaufen, denn zu allem Überfluß hatte das Büchlein offensichtlich auch noch eine geraume Weile im Wasser zugebracht. Und was leserlich war, war dennoch unverständlich, denn es schien sich um das sinnlose Gekrakel eines kleinen Kindes zu handeln. Oder zumindest um eine Handschrift, die dem nahekam.

«Verderben Sie sich nicht die Augen«, sagte Franklin seuf zend.»Wir haben die Seiten von den besten Kryptologen des Landes untersuchen lassen. Es ist das sinnlose Gekrakel eines Wahnsinnigen. Blättern Sie zur letzten Seite.«

Indiana tat es — und sog im selben Moment ebenso wie Grisswald überrascht die Luft ein. Wahnsinnig oder nicht, der Besitzer dieses Buches war ein ganz passabler Zeichner gewesen. Die beiden letzten Seiten zeigten einen Meeresstrand, auf dem ein halbes Dutzend menschlicher Gestalten stand. Vor ihnen im Wasser, von der offenbar zurückweichenden Flut nur zum Teil freigegeben, erhoben sich zwei kolossale Statuen.

«Erkennen Sie sie wieder?«fragte Franklin.

Indiana schwieg, aber Grisswald sagte unsicher:»Ich habe … Bilder von den Figuren auf den Osterinseln gesehen, und — «

Er sprach nicht weiter, als Franklin eines der Fotos auf dem Tisch herumdrehte und in seine Richtung schob. Indiana sah ohne große Überraschung, daß es eine der gewaltigen Kopfsta tuen zeigte, wie sie auf den Osterinseln entdeckt worden waren. Nachdenklich betrachtete er eine Weile abwechselnd das Foto und die Zeichnung.

«Die Ähnlichkeit ist verblüffend«, sagte er schließlich.

«Ähnlichkeit?«Franklin lachte.»Sie sind völlig identisch, Jones. Sehen Sie sich die übergroßen Köpfe an, und die langgezogenen Ohren. Ich habe diese Bilder von einem Dutzend Fachleuten vergleichen lassen, und sie sind alle zu demselben Ergebnis gekommen. Wer immer diese Zeichnung angefertigt hat, hat das da als Vorbild gehabt. «Sein ausge streckter Zeigefinger schien das Foto aufspießen zu wollen.

«Warum ist Ihr Dutzend Fachleute dann nicht hier, an unserer Stelle?«fragte Grisswald.

Franklin ignorierte seine Bemerkung, und Indiana sagte langsam:»Das bedeutet, Jonas ist auf den Osterinseln.«

«Nein«, antwortete Franklin.»Er war niemals dort, das wissen wir genau. Und die Reichweite des Flugzeuges war nicht annähernd groß genug. Es muß noch eine zweite Insel geben, auf der solche Statuen stehen. Und sie befindet sich irgendwo im Umkreis von dreihundert Seemeilen um Pau-Pau. Und wir sind hier, um sie zu finden.«

«Sie nehmen an, daß Jonas und die anderen noch am Leben sind und sich dort aufhalten«, vermutete Indiana. Etwas schärfer fügte er hinzu:»Und Sie haben uns praktisch entführt, damit wir Ihnen helfen, Ihren kostbaren Agenten wiederzufin den — samt den Plänen, die er bei sich hat!«

«Ich wollte, es wäre so«, sagte Franklin leise. Er seufzte, schüttelte ein paarmal den Kopf und sah Indiana sehr ernst an.

«Wenn das, was wir befürchten, zutrifft, Dr. Jones, dann brauchen die Deutschen keine geheimen Unterseehäfen mehr in Polynesien. Ich fürchte, dann brauchen sie nicht einmal mehr U-Boote.«

Indiana starrte ihn an. Er hatte plötzlich unerklärliche Angst.

«Wie … wie meinen Sie das?«fragte Grisswald. Auch seine Stimme zitterte.

«Ich habe Ihnen noch nicht erzählt, in welchem Zustand das Flugzeug auf Pau-Pau angekommen ist«, sagte Franklin. Er reichte Indiana zwei weitere Fotos. Sie zeigten das Wrack einer Junkers JU80, das in einer gewaltigen Flugzeughalle auf einem komplizierten hölzernen Gestell aufgebaut worden war.»Sie sehen, daß die Maschine sehr stark beschädigt worden ist«, fuhr er fort.»Das Wrack lag in zwanzig Metern Tiefe auf dem Meeresgrund. Wir haben es geborgen und so gut wieder zusammengesetzt, wie es uns möglich war. Unsere Techniker haben allein dafür zwei Wochen gebraucht, und leider haben wir nicht alle Teile bergen können.«