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«Ja. Trotz allem, was Ihre Landsleute dagegen unternommen haben.«

Delano — oder wie immer er heißen mochte — lachte herzhaft, führte das Gespräch aber nicht weiter, sondern gab einem der Soldaten einen Wink, er solle auf Indiana und Ganty aufpassen, und trat wieder neben den Mann am Ruder.

Indiana setzte sich nun doch. Ganty rutschte demonstrativ so weit von ihm fort, wie es der Platz auf der schmalen Bank zuließ, und als Indiana versuchte, ihn anzusprechen, starrte er mit steinernem Gesicht an ihm vorbei ins Leere.

Er konnte Ganty verstehen. Und er machte sich schwere Vorwürfe, daß er sich so leicht hatte übertölpeln lassen. Ihm war schon auf der Fahrt hierher klar geworden, daß sie auf dieser Insel vielleicht alles mögliche finden würden, nur eines ganz bestimmt nicht: ein deutsches Geheimlabor, in dem die Nazis an einer Wunderwaffe bastelten. Wie hatte er nur so naiv sein können, sich wirklich einzubilden, daß niemand sie verfolgte.

Ganty hatte ihm doch sogar gesagt, daß Delano ein doppeltes Spiel spielte!

«Es tut mir leid, Dr. Ganty«, sagte er leise.»Das … wollte ich nicht.«

Zu seiner Überraschung sah Ganty ihn plötzlich doch an und antwortete:»Es muß Ihnen nicht leid tun, Dr. Jones. Es war genauso mein Fehler wie Ihrer. Keiner von diesen Narren wird es überleben. Sobald sich der Nebel lichtet, werden wir alle sterben.«

Indiana sah ihn gleichermaßen fragend wie erschrocken an, aber Ganty blickte weg und versank wieder in dumpfes Brüten, und Indiana wußte, daß er vorerst nicht mehr von ihm erfahren würde.

Gantys Worte erfüllten ihn mit einem Gefühl banger Vorah nung. Das war nicht nur das verzweifelte Aufbegehren eines alten Mannes. Plötzlich erinnerte er sich, daß auch Bell davon gesprochen hatte, daß sie die Insel verlassen müßten, ehe sich der Nebel verzog. Vielleicht hatte er damit gar nicht die Polynesier gemeint, die sie auf ihren Schilfbooten verfolg ten …

Unruhig stand er auf und trat neben Delano. Der SS-Offizier sah ihn flüchtig an, schien aber nichts dagegen einzuwenden zu haben, und so sah sich Indiana zum ersten Mal aufmerksam auf der Brücke um.

Er war noch nicht oft an Bord eines Kriegsschiffes gewesen, schon gar nicht eines deutschen Kriegsschiffes, aber irgendwie kam ihm dieses Boot hier ungewöhnlich vor. Es war sehr alt, das erkannte er auf den ersten Blick, und das Pult vor Delano bestand aus einem Sammelsurium zum Teil uralter, anderer seits aber auch wieder supermoderner Geräte und Anzeigen, die zum Teil in englisch, zu einem anderen in deutsch beschrif tet waren. Es kam Indiana einigermaßen verwunderlich vor, daß sich Delano auf einem uralten und ganz offensichtlich in aller Hast wiederhergerichteten Schiff auf eine so wichtige Mission begeben hatte.

Delano bemerkte seine forschenden, verwunderten Blicke, aber er sagte nichts dazu, sondern lächelte nur geheimnisvoll und fuhr fort, dem Mann am Ruder und den anderen Offizieren Anweisungen zu erteilen.

Draußen glühte plötzlich ein grelles Licht auf, und als Indiana den Blick hob, sah er, daß Gantys Yacht steuerlos brennend auf das Meer hinaustrieb. Delanos Männer mußten sie angezündet haben.

Der Nebel lichtete sich nur ganz allmählich. Der Himmel hellte sich mehr und mehr auf, und aus den unheimlichen grauen Wogen wurde ein beinahe noch unheimlicheres Weiß.

Die Sicht betrug aber trotzdem kaum zwanzig Meter. Um so überraschter war Indiana, als sich das Schiff plötzlich in Bewegung setzte.

«Keine Sorge«, sagte Delano. Indianas leichtes Zusammen zucken war ihm nicht entgangen.»Ich habe ein Boot vorausge schickt, daß die Fahrrinne auslotet.«

«Ich mache mir keine Sorgen«, antwortete Indiana.»Jeden falls nicht um die Riffe.«

In Delanos Augen glitzerte es amüsiert.»Sie fürchten sich doch nicht etwa vor diesen Wilden, Dr. Jones?«

«Ich fürchte mich vor etwas ganz anderem, Delano«, sagte Indiana leise.»Sie haben die Fotos doch gesehen, oder? Vor mir und länger als ich, nehme ich an. «Plötzlich wurde er doch noch zornig.»Verdammt, Delano, seid ihr Deutschen tatsäch lich so borniert, daß ihr euch für unbesiegbar haltet, oder sind nur Sie einfach dumm?«Er deutete erregt in den Nebel hinaus.»Kein Mensch weiß, was uns auf dieser Insel erwartet, und Sie — «

«Wir sind auf alle Eventualitäten vorbereitet, Dr. Jones«, unterbrach ihn Delano.

«Ja. Das haben Tressler und sein Copilot bestimmt auch gedacht.«

«Das hier ist ein Kriegsschiff, Dr. Jones, kein kleines Passa gierflugzeug aus Wellblech. «Delanos Stimme klang ein wenig schärfer, aber Indiana war nicht sicher, ob der vorherrschende Ton darin wirklich Überzeugung war.

«Mir ist aufgefallen, wie Sie sich umgesehen haben, Dr. Jones«, fuhr er fort.»Sie haben recht — dieses Schiff ist etwas ganz Besonderes.«

«Mir kommt es eigentlich nur besonders alt vor«, sagte Indiana.

«Das ist es auch«, bestätigte Delano.»Es stammt noch aus dem Ersten Weltkrieg, und ich glaube, es war selbst da schon nicht mehr ganz taufrisch. Plump, kaum zu manövrieren und nicht besonders schnell — aber es hat einen gewaltigen Vorteil.

Das Ding ist gepanzert wie ein Rhinozeros. «Er schlug de monstrativ mit den Fingerknöcheln gegen die eiserne Wand unter dem Fenster. Nicht der mindeste Laut war zu hören.»Acht Zentimeter dicker Stahl, Dr. Jones. So etwas wird heute gar nicht mehr gebaut. Es wäre wahrscheinlich auch sinnlos. Aber im Moment bin ich sehr froh, daß wir dieses uralte Schiff haben. Glauben Sie mir, wir sind hier drinnen sicher wie in Abrahams Schoß.«

Indiana sagte nichts dazu, aber er drehte sich zu Ganty um und fing einen Blick des alten Mannes auf, der ihm einen eisigen Schauer über den Rücken laufen ließ. Schweigend wandte er sich wieder um und sah aus dem Fenster.

Die Fregatte bewegte sich nur im Schrittempo. Der Motor brachte gerade genug Leistung, um den Sog der Ebbströmung auszugleichen und das Schiff praktisch zentimeterweise von der Stelle zu bewegen. Nach einer Weile sah er einen Schatten weit vor dem Schiff, und er hörte Stimmen, die sonderbar dumpf und verzerrt durch den Nebel über das Wasser hallten.

Die Lotsen, von denen Delano gesprochen hatte.

Indiana konnte sich eines Schauders nicht erwehren. Das alles wirkte so unheimlich, fast wie in einem Alptraum.

In diesem Punkt irrte sich Indiana Jones. Der Alptraum hatte noch nicht einmal angefangen. Aber er begann. Jetzt.

Sie brauchten zwanzig Minuten, um die Lücke in der Korallen barriere zu passieren, und es gab ein paar Augenblicke, in denen nicht nur Indiana daran zweifelte, daß sie es schaffen würden.

Mehr als einmal prallte der Rumpf des Schiffes knirschend gegen die Korallenriffe. Ein weniger stabil gebautes Boot hätte es vermutlich auch nicht geschafft, aber das uralte Panzerschiff brach sich schließlich seinen Weg durch die Barriere mit brutaler Gewalt.

Als sie in die Lagune einliefen, begann sich der Nebel zu lichten. Es war geradezu unheimlich, dachte Indiana, wie schnell sich die grauweißen Schwaden jetzt auflösten, nachdem sie sich vorher so beharrlich geweigert hatten, den wärmenden Strahlen der Sonne zu weichen. Als hätten sie mit den Riffen auch gleichsam den letzten Verteidigungswall der Insel überrannt, und als hätte der Nebel beschlossen, den Widerstand aufzugeben.

Er tauschte einen verwirrten Blick mit Ganty. Ganty lächelte, aber es war kein gutes Lächeln.

Das Schiff wurde langsamer und kam vollends zur Ruhe, und der Nebel zog sich weiter zurück. Wie in einem Film, der rückwärts abgespult wurde, wogten die grauweißen Schwaden vor ihnen über das Wasser, krochen den Strand hinauf und in den Dschungel hinein. Indiana mußte plötzlich wieder an die unheimliche Schlechtwetterfront denken, die ihnen den ganzen Weg von Pau-Pau bis hierher gefolgt war.

«Das gefällt mir nicht«, murmelte er.»Wir sollten hier ver schwinden, Delano. Irgend etwas stimmt hier nicht! Spüren Sie das denn nicht?«

«Ich spüre nur, daß wir ganz kurz davor sind, etwas Gewalti ges zu entdecken, Dr. Jones«, antwortete Delano.»Reizt Sie der Gedanke denn gar nicht? Vielleicht werden wir etwas sehen, was vor uns noch kein anderer Mensch zu Gesicht bekommen hat! Sie enttäuschen mich, Dr. Jones.«