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«Das ist … unglaublich. Wie lange geht das schon so?«

«Eine gute halbe Stunde«, antwortete der Leutnant. Es klang sehr nervös; wie jemand, der das, was er sieht, einfach nicht glauben kann.»Zuerst hielt ich es für einen Zufall. Vielleicht ein … ein Vulkan oder ein Feuer. Aber dazu ist es zu regelmä ßig. «Er atmete plötzlich erschrocken ein.»Sehen Sie! Da ist es wieder! Immer wieder dasselbe Signaclass="underline" drei-vier-eins. Dann eine Minute Pause, und es beginnt erneut.«

«Ich sehe es«, murmelte der Kapitän. Auch seine Stimme klang fassungslos, beinahe erschüttert.

«Wie um alles in der Welt hat er das gemacht?«flüsterte der Leutnant.»Es sieht aus, als ob der ganze Himmel brennt!«

«Ich weiß es nicht«, antwortete der Kapitän.»Und ich fürch te, wir werden es auch nicht mehr erfahren, wenigstens nicht von Delano. «Er schwieg eine Sekunde, dann straffte er sich sichtbar.

«Sie wissen, was dieses Signal bedeutet. Schnell jetzt. Wir haben keine Sekunde mehr zu verlieren!«

Der Leutnant salutierte nun doch, dann ging er mit schnellen Schritten davon, während der Kapitän reglos stehenblieb und erschrocken und verwirrt zu dem Vulkankrater hinübersah, der Morsezeichen zum Himmel schickte.

Die Insel der Langohren Im selben Augenblick

Indiana bewegte vorsichtig die Finger und biß dabei die Zähne zusammen, um nicht vor Schmerz aufzustöhnen. Die Fesseln waren so eng angelegt gewesen, daß sie ihm das Blut abge schnürt hatten. Jetzt kehrte das Leben ganz allmählich in seine tauben Hände zurück; ein Vorgang, der ebenso langsam wie schmerzhaft war. Und er war nicht einmal sicher, ob es sich lohnte, die pochenden Schmerzen zu ertragen. Wahrscheinlich würde er bereits den Moment, in dem sie aufhörten, nicht mehr erleben.

Verstohlen wandte er den Kopf und sah aufs Meer hinaus.

Vom Kraterrand aus hatte er einen ungehinderten Blick bis zum Horizont — jedenfalls hätte er ihn gehabt, wäre es nicht so dunkel gewesen, daß er kaum hundert Meter weit sehen konnte, ehe sich sein Blick in vollkommener Finsternis verlor.

Irgendwo dort draußen in der Dunkelheit war die HENDERSON. Vielleicht. Irgendwo dort draußen stand ein Mann mit einem Fernglas, der das Notsignal, das die Langoh ren ohne ihr eigenes Wissen jetzt seit fast einer Stunde ab schickten, erkannt und darauf reagiert hatte. Vielleicht. Und vielleicht war jetzt schon ein Boot mit einer Rettungsmann schaft zu ihnen unterwegs.

Indiana seufzte tief auf. In ihrem» Plan «waren so viele Vielleichts, daß er ihn ebensogut vergessen konnte. Selbst wenn er aus allen Vielleichts ein »Ganz bestimmt!« machte, würden sie einfach zu spät kommen.

«Geben Sie sich keinen falschen Hoffnungen hin, Doktor Jones«, sagte Sandstein hinter ihm.

Indiana drehte sich erschrocken zu ihr herum, und Sandstein fuhr fort:»Selbst wenn Ihnen persönlich die Flucht gelänge, kämen Sie niemals von der Insel herunter. Und Ihre Kamera den müßten teuer dafür bezahlen. Also machen Sie lieber keine Dummheiten.«

Indiana blickte sie böse an, aber er hatte gleichzeitig auch Mühe, sich seine Erleichterung nicht allzu deutlich anmerken zu lassen. Für eine Sekunde war er fest davon überzeugt gewesen, daß sie alles wußte und das Spiel nur mitgespielt hatte, um ihn zu verhöhnen.

«Worauf warten Sie noch?«fragte er übertrieben zornig, um seine wahren Gefühle zu verbergen.»Bringen Sie mich doch endlich um!«

Sandstein lachte.»Sie haben es sehr eilig, zu sterben«, sagte sie.»Aber ich will großzügig sein, Dr. Jones. Ich gebe Ihnen die Chance, um Ihr Leben und das Ihrer Kameraden zu kämpfen.«

Sie gab ein Zeichen mit der Hand. Zwei Langohren kamen herbei, und gleichzeitig bewegte sich einer der großen Kräne knarrend in ihre Richtung. Einer der beiden Polynesier trug einen grellbunten Federmantel über den Armen; der andere schleppte ein ganzes Sammelsurium von Waffen mit sich: Speer, Keule, Axt, Messer. Ein ausgesprochen ungutes Gefühl begann sich in Indiana breitzumachen.

«Ich nehme an, Sie haben lange genug zugesehen, um die Regeln zu kennen«, sagte Sandstein.»Sind Sie bereit?«

«Ich … ich soll dort hinunter?«fragte Indiana mit einer ungläubigen Geste in den Vulkan hinab. Erst jetzt fiel ihm auf, daß der zeremonielle Kampf der Langohren zu Ende war. Die letzten Polynesier kletterten in diesem Moment geschickt wie große Affen an den Seilen nach oben.

«Sie haben die Wahl«, sagte Sandstein lächelnd.»Den siche ren Tod für sich und Ihre Begleiter — oder mein Versprechen, in Frieden gehen zu dürfen, wenn Sie den Kampf gegen drei meiner besten Krieger bestehen.«

«Oh«, sagte Indiana.»Nur drei.«

«Niemand soll mir nachsagen, ich wäre unfair«, erwiderte Sandstein spöttisch.»Wählen Sie Ihre Waffen.«

«Ganz gleich welche?«

«Sicher.«

«Dann hätte ich gern eine Maschinenpistole«, sagte Indiana.

«Und wenn es geht, einen Flammenwerfer.«

Sandsteins Gesicht verfinsterte sich.»Strapazieren Sie meine Geduld nicht zu sehr, Jones.«

Indiana verbiß sich die Antwort, die ihm auf den Lippen lag, und wandte sich dem Polynesier zu. Er überlegte ein paar Augenblicke, dann nahm er das Messer, schob es unter seinen Gürtel und streckte die Hand nach der Axt aus. Aber er führte die Bewegung nicht zu Ende, sondern drehte sich plötzlich zu Sandstein um.»Könnte ich meine Peitsche haben?«

Sandstein schien die Bitte erwartet zu haben, denn sie winkte nur herrisch, und der Polynesier reichte Indiana die zusam mengerollte Lederschnur. Er befestigte sie neben dem Dolch am Gürtel. Dann wollte er nach dem Umhang greifen, aber der Polynesier schlug grob seinen Arm beiseite und machte sich allein daran, Dr. Indiana Jones in einen Vogelmenschen zu verwandeln — was im übrigen nicht halb so einfach war, wie es im ersten Moment den Anschein hatte. Die beiden Langohren benötigten eine gute Viertelstunde, um den Mantel mit einem komplizierten System aus Stangen und Lederriemen an seinen Schultern und Armen zu befestigen. Das Kleidungsstück erwies sich als erstaunlich schwer und erstaunlich unbequem.

Möglicherweise konnte man darin fliegen, dachte Indiana verärgert, aber man konnte kaum darin gehen.

Sandstein machte eine einladende Geste auf das Tau zu, das neben ihm hing.»Bitte, Dr. Jones.«

Indiana sah sich mit übertriebener Geste um.»Und meine … Partner?«

«Sie haben fünf Minuten zum Üben«, antwortete Sandstein spöttisch.»Es ist nicht leicht, wie ein Vogel zu fliegen, Dr. Jones.«

Wortlos drehte sich Indiana um und streckte Kopf und Schul tern durch die Seilschlaufe. Während die Polynesier das Tau fester zogen und sich von dessen korrektem Sitz überzeugten, sah Indiana noch einmal zu den anderen zurück. Die Blicke der anderen Gefangenen waren gebannt auf ihn gerichtet. Er las Furcht und Resignation und Hoffnung darin, aber auch Zorn. Er verstand dieses Gefühl nur zu gut. Für sie alle mußte es so ausgesehen haben, als hielte er die Rettung in Händen. Sie hatten nicht gefühlt, was er gefühlt hatte. Der einzige, in dessen Augen er so etwas wie Verständnis zu lesen glaubte, war Ganty.

«Eine Minute ist bereits um, Dr. Jones«, drang Sandsteins Stimme durch seine Gedanken.»Beeilen Sie sich lieber. Die Hoffnungen all Ihrer Freunde ruhen auf Ihnen.«

Mit einem entschlossenen Schritt trat er an den Kraterrand.

Ein Schwall kochender Luft schlug ihm ins Gesicht, als ihm der Vulkan ein glühendes Willkommen entgegenfauchte. Die Glut war so grell, daß sie ihm die Tränen in die Augen trieb. Für einen Moment verließ ihn der Mut. Vielleicht war es wirklich besser, hierzubleiben und einen schnellen Tod unter den Messern der Polynesier in Kauf zu nehmen, als dort unten bei lebendigem Leibe langsam gegrillt zu werden. Aber dann blickte er noch einmal in Sandsteins Gesicht, und er las in ihren Augen, daß es für ihn keinen schnellen Tod geben würde, und schon gar keinen schmerzlosen, und er stieß sich ohne zu zögern ab.