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Trotzdem ergriff er seine Peitsche fester und sah den dreien entschlossen entgegen. Er wollte sein Leben so teuer verkaufen wie möglich.

Er brauchte es nicht.

Etwas wie ein weit entfernter, sonderbar trockener Donner schlag wehte vom Meer heran, dann war ein Pfeifen zu hören, hoch und schrill, das immer näher kam und dabei immer lauter wurde. Irgend etwas flog unsichtbar, aber mit einem höllischen Getöse über den Krater hinweg. Für eine Sekunde herrschte eine fast unnatürliche Stille, dann drang das Geräusch einer gewaltigen Explosion aus dem Dschungel. Roter Flammen schein erfüllte den Himmel, und Indiana glaubte zu spüren, wie die ganze Insel unter ihnen erzitterte.

Dem Donner der Explosion folgte eine fast unheimliche Stille. Das Dröhnen der Trommeln war verstummt, und selbst das Grollen des Vulkans schien für einen Moment auszusetzen.

Auch Indiana hielt unwillkürlich den Atem an. Er sah aus den Augenwinkeln, wie die drei Polynesier immer näher kamen; aber ihr Flug war jetzt kein Angriff mehr. Sie wirkten verwirrt und zu Tode erschrocken, und ihre Blicke waren nicht mehr auf ihn gerichtet, sondern in den Himmel.

Ein zweiter Donnerschlag wehte vom Meer heran, und noch bevor das schrille Heulen und Pfeifen wieder einsetzte, sanken die Langohren auf dem Kraterrand einer nach dem anderen auf die Knie und senkten demütig die Häupter, und endlich begriff Indiana, was da geschah. Für die Polynesier war das Donnern die Antwort ihres Gottes, den sie mit der Zeremonie angerufen hatten.

Der Irrtum hielt sich allerdings nur wenige Augenblicke, bis er auf grausame Weise richtiggestellt wurde. Das Heulen und Pfeifen setzte wieder ein und kam näher, und Indiana fand gerade noch Zeit, sich mit Armen und Beinen an das Tau zu klammern, ehe Make-Makes Antwort, die in Wirklichkeit aus einer 12-cm-Granate bestand, die Insel erreichte und inmitten der betenden Polynesier auf dem Kraterrand explodierte.

Ein rot-orangener Feuerball überstrahlte das Licht der Zere monienfeuer. Das Krachen der Explosion schien Indianas Trommelfelle zu zerreißen, und die Druckwelle fegte ihn von seinem lebenden Halt herunter und wirbelte die drei anderen Vogelmenschen haltlos durcheinander. Einer rutschte aus seinem Haltegeschirr und stürzte in die Lava hinab, die beiden anderen wurden gegen die Kraterwand geschleudert.Indiana klammerte sich mit verzweifelter Kraft an das Seil, das ebenfalls wild zu pendeln begonnen hatte. Flammen und glühende Gesteinssplitter regneten auf ihn nieder, und die Lava im Herzen des Vulkans antwortete mit einem wütenden Brodeln und meterhohen Stichflammen. Diesmal war er sicher, daß er sich das Schwanken des Bodens nicht nur einbildete. Der ganze Berg zitterte; und es war nicht nur die Antwort auf den Granateneinschlag.

Sekunden, ehe die Granate heulend heranraste, warnte ihn das Dröhnen eines dritten Kanonenschusses. Indiana begann verzweifelt in die Höhe zu klettern. Seine Hände waren nach Sekunden aufgeschürft und blutig, und sein Körpergewicht schien sich mit jedem Meter zu verdoppeln, den er in die Höhe kletterte. Trotzdem kletterte er verbissen weiter, und seine Entschlossenheit rettete ihm das Leben.

Die dritte Granate traf genau ihr Ziel.

Sie explodierte nicht auf dem Kraterrand, sondern raste weißglühend an Indiana vorbei und verschwand in der Lava.

Eine halbe Sekunde lang schien es, als würde gar nichts geschehen, doch dann hörte Indiana einen dumpfen, sonderbar gedämpften Knall, und plötzlich flammte der ganze Lavasee in greller Weißglut auf. Eine Woge unvorstellbarer Hitze stieg in die Höhe, und dann brachen an einem Dutzend Stellen gleich zeitig brodelnde Lavageysire aus. Glutflüssiges Gestein spritzte empor, setzte den Mantel des bewußtlosen Polynesiers unter Indiana in Brand und verschlang einen der anderen. Indiana kletterte mit verzweifelter Kraft weiter, ignorierte die mörderi sche Hitze, die seine Haut versengte und seine Kleider schwe len ließ, ebenso wie die grausamen Schmerzen in seinen Händen und Schultern. Jedes bißchen Kraft und Energie, das er noch in sich fand, verwandte er dafür, sich Meter für Meter in die Höhe zu ziehen.

Eine weitere Granate raste heran und explodierte an der Innenseite des Kraters. Der Einschlag lag so weit entfernt, daß er Indiana nicht gefährdete, aber er zertrümmerte fast ein Drittel des Kraterrandes. Es war, wie Ganty gesagt hatte: Die Langohren hatten ein Jahrtausend Zeit gehabt, den Berg auszuhöhlen, und er zerbarst unter der Explosion wie ein Ameisenbau unter dem Fußtritt eines Elefanten. Tonnen von Gestein polterten in einer gewaltigen Lawine in die Lava hinab. Der Berg klaffte auseinander. Für Sekunden sah Indiana Stollen und Säle, die noch niemals ein Sonnenstrahl berührt hatte, ehe auch sie zusammenbrachen und sich der Felslawine anschlossen, die in die Lava hinunterstürzte. Indiana hielt jedoch keine Sekunde inne, sondern kletterte weiter, und irgendwie gelang es ihm, den Rand der Felsplattform zu erreichen, ehe ein weiteres Geschoß heranjagte, das diesmal wieder genau sein Ziel traf und eine weitere, brüllende Säule aus geschmolzenem Gestein in die Höhe steigen ließ.

Auf dem steinernen Viereck herrschte ein heilloses Chaos.

Kleine Pfützen aus allmählich abkühlender Lava bildeten ein fast regelmäßiges Muster aus dunkelrotem Licht auf dem Felsen. Einige Langohren lagen verletzt oder auch tot am Boden, und die anderen waren in ein verbissenes Handgemen ge mit Jonas und den anderen verwickelt.

Indiana zog sich mit letzter Kraft über den Rand des Felsens, brach zusammen und vermochte für endlose Sekunden nichts anderes, als keuchend ein- und auszuatmen und darauf zu warten, daß die grausame Hitze nachließ.

Als er die Augen wieder aufschlug, war der Kampf so gut wie entschieden. Der Großteil der Vogelmenschen hatte wohl die Flucht ergriffen, als das Bombardement begann, und auch von Sandstein und ihrem Feuerkristall war nichts mehr zu sehen.

Indiana hoffe inständig, daß sie mitsamt dem verfluchten Kristall in den Krater hinabgestürzt wäre, aber irgend etwas sagte ihm, daß die Lösung nicht so leicht sein würde.

Eine Gestalt kam auf ihn zu, aber Indiana erkannte erst, wer es war, als der andere sprach und er die Stimme identifizieren konnte. Es war Jonas.»Jonas! Um Gottes willen, sind Sie in Ordnung?«

Indiana fand, daß das die mit Abstand dümmste Frage war, die er seit Wochen gehört hatte, aber alles, was er als Antwort zustande brachte, war ein kaum erkennbares Nicken. Er versuchte aufzustehen, aber es gelang ihm erst, als Jonas ihm dabei half.

«Wo … ist Sandstein?«stieß er mühsam hervor. Er konnte immer noch nicht richtig sehen. Seine Augen tränten ununter brochen, und sein Gesicht fühlte sich an, als hätte jemand versucht, ihm bei lebendigem Leibe die Haut abzuziehen. Jonas’ Blick nach zu schließen, schien er auch ungefähr so auszusehen.

«Verschwunden«, antwortete Jonas. Er machte ein abfälliges Geräusch.»Sie war weg wie der Blitz, als die erste Granate im Dschungel einschlug. Eine feine Göttin haben sich diese Wilden da angelacht!«

Indiana schüttelte ein paarmal den Kopf, um ihn wieder klar zu bekommen, aber Jonas’ Worte weigerten sich einfach, einen Sinn zu ergeben.»Was … ist passiert?«murmelte er.

Jonas lachte.»Ich schätze, Ihr Nazi-Freund hat Sie am Ende doch noch aufs Kreuz gelegt.«

«Wie?«murmelte Indiana.

«Delano hat Sie reingelegt«, sagte Jonas. Es klang beinahe fröhlich.»Verstehen Sie immer noch nicht? Ihr Signal ist angekommen, aber Sie haben nicht um ein Rettungskommando gebeten, sondern einen Feuerbefehl gegeben. Ganty hat mir erzählt, was Sie getan haben. Ganz schön clever, Sie und Ihr Nazi-Freund.«

«Ja«, murmelte Indiana.»Wenn er nicht schon tot wäre, dann würde ich ihn jetzt mit Freuden erwürgen.«

Jonas wurde übergangslos ernst.»Ich schätze, die Mühe können Sie sich sparen, Indy. Sieht nicht so aus, als ob wir lebend hier herauskommen.«

Indiana sah ihn verwirrt an. Während dieser wenigen Worte hatte der Kampf ein Ende gefunden; die wenigen Polynesier, die nicht verletzt oder geflüchtet waren, waren von den anderen Gefangenen überwältigt und mit ihren eigenen Gürteln gefes selt worden.