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Aber das war gar nicht die Gefahr, von der Jonas gesprochen hatte, und es dauerte nur einige Sekunden, bis Indiana das begriff. Die Langohren waren wahrscheinlich das kleinere Problem für sie.

Der Beschuß von See aus hatte aufgehört. Indiana registrierte erst jetzt, im nachhinein, daß keine weiteren Granaten mehr vom Himmel gestürzt waren, seit er das Plateau erreicht hatte.

Aber der Boden hatte trotzdem nicht aufgehört zu zittern. Ganz im Gegenteil.

Der Fels unter ihren Füßen wankte und zitterte immer stärker, und der Krater spie mehr und heißere Flammen und Glut aus denn je. Die Feuer auf dem Kraterrand waren zum größten Teil erloschen, aber der Himmel glühte noch immer blutrot.

Ein unablässiges Grollen und Dröhnen drang an sein Ohr, durchdrungen von einem Geräusch, als stürzten unter ihren Füßen gewaltige Hohlräume zusammen.

Und ganz genau das war es auch.

«Großer Gott!«flüsterte Indiana.

«Stimmt«, sagte Jonas trocken.»Diese ganze verdammte Insel fällt auseinander. Ich schätze, in zwei Stunden ist hier nichts mehr als unbewegte See.«

Indiana streifte vorsichtig Jonas’ Hand ab und versuchte aus eigener Kraft zu stehen. Es gelang ihm nicht. Der Boden schwankte und zitterte mittlerweile so heftig, daß es selbst Jonas und den anderen schwerfiel, sich auf den Füßen zu halten.

Und er selbst hatte sich in der letzten halben Stunde aber auch alles abverlangt. Jonas mußte ihn stützen, als sie zu den anderen hinüberschwankten.

«Jones!«rief Ganty erschrocken.»Sind Sie verletzt?«

«Nein«, antwortete Indiana automatisch. Er versuchte zu lächeln und verbesserte sich:»Jedenfalls nicht schlimm. Wir müssen weg hier, Ganty. Wohin sind Sandstein und die anderen verschwunden?«

Ganty deutete schweigend auf das zweiflügelige Tor aus schwarzem Basalt am Ende des Plateaus. Es war geschlossen.

Indiana machte sich nicht einmal die Mühe, sein Gewicht zu schätzen. Es spielte auch keine Rolle. Ohne Werkzeug oder besser noch einige Kisten Dynamit hatten sie keine Chance, es zu öffnen.

«Dann müssen wir klettern«, sagte er schweren Herzens.

«Klettern?«Ganty klang eindeutig entsetzt. Indiana blickte an der Felswand in die Höhe und verstand plötzlich den schrillen Klang in der Stimme des Alten. Die Wand war allerhöchstens noch zwanzig Meter hoch, aber sie stieg vollkommen senkrecht in die Höhe, und die Lava war so glatt wie sorgsam poliertes Glas. Kein Wesen, das nicht über Flügel verfügte, kam da hinauf.

Indiana blickte nachdenklich auf einen der bewußtlosen Polynesier hinab. Der Eingeborene trug einen der grünen Federmäntel; vielleicht war er einer von Sandsteins» allerbe sten «Männern, die sich schon einmal bereitgemacht hatten — nur für den unwahrscheinlichen Fall, daß er auch mit den drei nächsten Vogelmenschen fertig geworden wäre. Er war schwer verwundet, vielleicht tot. Ein Lavasplitter hatte seinen Hals getroffen und sich tief in sein Fleisch gebrannt. Aber sein Mantel war unversehrt …

Indiana kniete neben dem Polynesier nieder und begann mit zitternden Fingern, das komplizierte Geschirr aus ledernen Riemen und Stangen zu lösen, das den Polynesier mit seinen künstlichen Flügeln verband.

«Was tun Sie da, Indy?«fragte Ganty.

Indiana antwortete nicht. Schon der bloße Gedanke an das, was er zu tun beabsichtigte, trieb ihm den Angstschweiß auf die Stirn. Aber es war vermutlich die einzige Chance, die sie überhaupt noch hatten. Er arbeitete schneller, schälte den Polynesier aus seinem Mantel und schlüpfte selbst hinein.

«Sind Sie verrückt, Indy?«keuchte Jonas.»Das schaffen Sie nicht mehr! Sie sind völlig am Ende!«Diese Feststellung hinderte ihn jedoch nicht daran, Indiana dabei zu helfen, den Mantel sicher und fest zu verzurren. Gleichzeitig fuhr er fort:»Seien Sie vernünftig, Indy! Sie können ja kaum noch aus eigener Kraft stehen!«

«Das habe ich auch nicht vor«, antwortete Indiana. Er lächelte matt und bewegte die Arme, als schlüge er probehalber mit den Flügeln. Jonas wollte antworten, aber Indiana ließ ihn nicht zu Wort kommen, sondern deutete mit einer Kopfbewegung zum Kraterrand.»Wir müssen dort hinauf, und ich sehe keinen anderen Weg. Wollen Sie es versuchen?«

Er wartete Jonas’ Antwort nicht ab, sondern trat an den Rand des Plateaus und sah in die Tiefe.

Die Hitze war jetzt selbst hier oben schlimmer als vorhin, als er über die Lava geglitten war. Das glühende Gestein war deutlich höher emporgestiegen, und die Luft kochte. Er konnte nicht atmen. Ein glühender Sturmwind peitschte ihm ins Gesicht und trieb ihm die Tränen in die Augen. Hastig trat er wieder einen Schritt vom Rand zurück und sah sich um.»Ich brauche ein Seil.«

Gantys Lippen wurden zu einem schmalen, blutleeren Strich. Indiana konnte regelrecht sehen, wie es hinter seiner Stirn arbeitete. Aber er sprach nichts von alledem aus, was in ihm vorgehen mochte, sondern wandte sich schweigend um und kam nach wenigen Augenblicken mit einem zusammengeroll ten Tau zurück, das er Indiana reichte. Indiana band sich das eine Ende um die Hüfte und reichte Jonas das andere.

«Versuchen Sie nicht, mich zu halten, wenn ich stürzen sollte«, sagte er, ehe er wieder an die Felskante trat.

Er hatte entsetzliche Angst. Die Lava war weiter gestiegen und schien ihm jetzt näher als vorhin, als er unten im Krater um sein Leben gekämpft hatte. Der Berg zitterte immer stärker.

Von der gegenüberliegenden Seite lösten sich immer wieder kleine und große Felstrümmer und rutschten in die Lava hinab.

Jonas hatte recht, dachte Indiana entsetzt. Die ganze Insel brach auseinander.

Er verscheuchte sowohl diesen als auch alle anderen uner freulichen Gedanken, breitete die Arme aus und stieß sich mit aller Kraft ab. Fast sofort ergriff ihn der glühende Sturmwind und trug ihn in die Höhe; viel schneller, als er erwartet hatte, und vor allem in eine völlig andere Richtung.

Indiana unterdrückte im letzten Moment den Impuls, sich herumzuwerfen und die Arme zu bewegen, was zweifellos sein Ende bedeutet hätte, denn er wäre ins Trudeln geraten und wie ein Stein in die Tiefe gestürzt. Statt dessen versuchte er, mit weit ausgebreiteten, reglosen Armen auf der Thermik zu schwimmen, um wieder zu seinem Ausgangspunkt zurückzu kommen.

Es ging nicht. Das Fliegen selbst war leichter, als er zu hoffen gewagt hatte, denn der kochende Sturm aus der Tiefe hatte eine Geschwindigkeit erreicht, die selbst einen Menschen ohne seine besondere Ausrüstung von den Füßen gerissen hätte.

Aber es war völlig ausgeschlossen, diesen Flug in irgendeiner Weise zu steuern. Statt auf den Kraterrand zu wurde Indiana weiter in seine Mitte hineingesogen.

Plötzlich spürte er einen harten Ruck. Indiana unterdrückte auch jetzt den Impuls, die Arme zu bewegen, aber er sah an sich hinunter und entdeckte, daß sich das Seil an seiner Taille gespannt hatte. An seinem anderen Ende, winzig klein und absurd tief unter ihm, zappelten Ganty, Jonas und zwei der SS-Soldaten, die sich mit aller Kraft gegen den Boden stemmten und ihn hielten wie einen übergroßen, bizarren Spielzeugdra chen.

Ganz langsam begannen sie ihn zurückzuziehen. Der heiße Wind schlug wie mit unsichtbaren Krallen nach ihm. Sein Federmantel begann zu schwelen, und als versuche der Vulkan mit aller Gewalt, sein schon sicher geglaubtes Opfer doch noch zurückzuholen, stieg eine dreißig Meter hohe Lavasäule aus der brodelnden Masse empor. Sie verfehlte ihn, aber die Hitze ließ ihn gequält aufschreien und setzte den Saum seines Federmantels in Brand. Er überschlug sich in der Luft, stürzte ein paar Meter weit und fand in einen trudelnden Sturzflug zurück, als Ganty und die anderen mit aller Kraft am Seil zogen. Langsam glitt er wieder auf den Kraterrand zu und verlor dabei allmählich an Höhe. Sein Mantel brannte weiter. Die Flammen fanden in den Vogelfedern reichlich Nahrung, so daß er eine Schleppe aus Funken und Rauch und brennenden Federn hinter sich herzog, während er sich wie ein brennendes