Выбрать главу

Brenner ignorierte ihn.»Wir müssen auftauchen, Dr. Jones.

Wenn wir das tun und wenn es zu einem Gefecht zwischen uns und diesem Schiff kommt — können Sie sich vorstellen, was geschieht?«

Das konnte Indiana in der Tat. Die HENDERSON war kein Kriegsschiff. Sie war nicht wehrlos, aber längst nicht schwer genug bewaffnet, um das Unterseeboot mit einer einzigen Salve zu versenken. Wenn es zu einem Gefecht zwischen den beiden Schiffen hier auf offener See kam, dann war nicht nur dessen Ausgang ungewiß, wahrscheinlich würde es auch unter den Polynesiern, die in ihren Schilfbooten dort oben auf dem Meer trieben, zahlreiche Opfer geben.

«Wir werden jetzt auftauchen, Dr. Jones«, sagte Jonas,»und Sie werden mit diesem Schiff und seinem Kapitän Kontakt aufnehmen und dafür sorgen, daß man uns in Ruhe läßt.«

«Wie kommen Sie auf die Idee, daß ich das könnte?«fragte Indiana.

«Sie werden es tun müssen«, antwortete Jonas gelassen.

«Denn wenn nicht, dann sind Ihre Freunde die ersten, die sterben müssen, darauf gebe ich Ihnen mein Wort.«

«Und wenn mir das gleich wäre?«

Jonas lachte nur.»Versuchen Sie nicht, mir etwas vorzuspie len, Dr. Jones«, sagte er.»Ich weiß zuviel über Sie. Sie sind nicht der Mann, der ein Menschenleben opfert, weil es zu seinem Vorteil sein könnte.«

Indiana widersprach nicht mehr. Es war auch sinnlos, denn Jonas hatte recht. Er hätte mit Sicherheit sein eigenes Leben riskiert, um den Kristall und die böse, uralte Macht, die ihm innewohnte, unschädlich zu machen. Aber es ging eben nicht um sein Leben.

Jonas wandte sich mit einer Geste an Brenner.»Tauchen Sie auf. Dr. Jones wird tun, was wir von ihm verlangen. Wenn nicht, lassen Sie einen der Gefangenen exekutieren. Am besten fangen Sie mit dem alten Mann an.«

Brenner maß ihn mit einem eisigen Blick, aber er widersprach nicht mehr, sondern sah schweigend und mit ausdruckslosem Gesicht zu, wie Jonas die schmale Eisenleiter zum Turm hinaufzuklettern begann.

Es war empfindlich kalt, als Indiana hinter Jonas auf den Turm hinaustrat. Vom Meer stieg ein eisiger Hauch empor, und die graue Dämmerung hatte sich aufgehellt, obwohl es noch nicht Tag war. Trotzdem konnte Indiana erkennen, daß Jonas mit seiner Vermutung recht gehabt hatte: Das Schiff, das sich ihnen näherte, war die HENDERSON. Auch das angebliche For schungsschiff hatte seine Fahrt gedrosselt und bewegte sich kaum wahrnehmbar von der Stelle, was aber wohl weniger am plötzlichen Auftauchen des U-Bootes lag als vielmehr an der Flotte der Schilfboote, die das Meer bedeckten, soweit das Auge reichte. Die Polynesier taten ihr Bestes, dem stählernen Giganten auszuweichen, aber die kleinen Boote, die nur von Paddeln angetrieben wurden, hatten alle Mühe, überhaupt von der Stelle zu kommen. Im nachhinein kam es Indiana immer mehr wie ein reines Wunder vor, daß es ihnen überhaupt gelungen war, mit dem Unterseeboot Schritt zu halten.

Aber vielleicht war das gar kein Zufall. Er hatte Jonas unauf fällig von der Seite beobachtet, seit sie auf den Turm hinausge stiegen waren. Jonas hatte der HENDERSON nur einen flüchtigen Blick gegönnt und seine Aufmerksamkeit dann voll und ganz der Polynesier-Flotte zugewandt. Und ob er nur von einem fremden Geist besessen war oder nicht — sein Mienen spiel und vor allem der Ausdruck seiner Augen blieben die eines Menschen. Was Indiana in seinen Augen sah, das war keine Furcht vor den Polynesiern. Auch kein Erstaunen, sie so weit draußen auf dem Meer und in so großer Zahl zu treffen. Es war etwas, wie … es fiel Indiana im ersten Moment schwer, seinen Eindruck in Worte zu fassen. War das Stolz? Nein. Die Art, wie Jonas die Langohren ansah, war die, wie ein Heerfüh rer seine Armee betrachten mochte. Eine Armee, die er im Grunde verachtete; die er einsetzen und bei Bedarf auch opfern würde wie ein Schachspieler seine Figuren, deren Macht er aber auch bewußt in sein Kalkül einbezog.

Indianas Blick löste sich von Jonas’ Gesicht und glitt wieder auf das Meer hinaus. Den meisten Schilfbooten, die auf dem Kurs der HENDERSON lagen, war es mittlerweile gelungen, einen sicheren Abstand zu gewinnen. Aber nicht allen. Und nicht alle versuchten es überhaupt. Eine Anzahl der kleinen Schiffchen — nicht viele, aber doch genug, daß es auffiel — bewegte sich parallel zu dem hundertmal größeren Schiff, und eine noch kleiner Anzahl steuerte gar direkt darauf zu.

Und endlich erkannte Indiana die Absicht.

«Das wollen Sie doch nicht wirklich!«rief er erschrocken.

Jonas drehte sich ganz langsam zu ihm herum und lächelte.

«Was?«

«Sie … Sie wollen, daß sie dieses Schiff angreifen?« stieß er ungläubig hervor. Er wies mit einer Geste auf die HENDER-SON.»Die Soldaten dort drüben werden Ihre Krieger ab schlachten, Jonas! Sie haben nicht die gerinste Chance!«

Jonas’ Lächeln wurde noch eine Spur breiter.»Es liegt allein an Ihnen, ob es zu einem Blutband kommt oder nicht, Dr. Jones«, sagte er in einem Tonfall, der so freundlich war, daß Indiana ihm allein dafür alle Zähne hätte einschlagen mögen. Er wies zum Bug, wo zwei von Brenners Soldaten damit beschäftigt waren, ein Schlauchboot zu Wasser zu lassen.»Das Boot ist bereit. Fahren Sie hinüber und fordern Sie Kapitän Franklin auf, zu kapitulieren, und es wird kein Tropfen Blut fließen. Weder auf Ihrer noch auf unserer Seite.«

«Sie sind völlig verrückt!«erklärte Indiana.»Selbst wenn ich tue, was Sie verlangen, glauben Sie doch nicht wirklich, daß Franklin sich darauf einläßt.«

«Er wird es müssen«, antwortete Jonas im unverändert freundlichem Ton.»Und es wäre wirklich besser, wenn Sie ihn dazu brächten, es zu tun, Dr. Jones. Denn wenn er es nicht tut, dann bleibt mir keine andere Wahl, als sein Schiff und ihn und alle seine Männer zu vernichten. Sie wissen, wie einfach ich das kann

Indianas Blick wanderte nervös von Jonas zu den beiden Männern auf dem Vordeck und wieder zurück. Das Schlauch boot war fast einsatzbereit. Er hatte nur noch ein paar Sekun den, um eine Entscheidung zu treffen, deren Tragweite er nicht einmal abschätzen konnte.

Die Entscheidung wurde ihm abgenommen. Ein dumpfes Krachen wehte vom Bug der HENDERSON zu ihnen herüber, und eine Sekunde später schoß zehn Meter vor dem Bug des U-Bootes eine dreißig Meter hohe, weiße Wassersäule von der Meeresoberfläche empor. Jonas fuhr herum und starrte die langsam auseinanderstiebende Gischtwolke einige Augenblicke völlig fassungslos an, dann verzerrte sich sein Gesicht vor Wut. Mit einem Ruck trat er von der Turmverkleidung zurück und griff in die Tasche. Als seine Hand wieder erschien, lag der dunkelrote Feuerkristall darin.»Diese verdammten Narren!«sagte er gepreßt.»Aber gut — wenn sie eine Demonstration meiner Macht wollen, die können sie haben!«

Er hielt den Kristall in die Höhe. Das düstere rote Licht im Inneren des Steines begann schneller zu pulsieren und an Leuchtkraft zu gewinnen, und Indiana glaubte ein unheimliches elektrisches Knistern zu spüren, ein Gefühl wie während eines Gewitters, wenn der Blitz in unmittelbarer Nähe eingeschlagen hat.

«Nein!«rief er entsetzt.

Jonas starrte ihn an. In seinen Augen flackerte ein Feuer, das schlimmer war als das im Herzen des Kristalls.

«Tun Sie es nicht«, sagte Indiana.»Ich … ich werde tun, was Sie verlangen. Ich fahre hinüber und rede mit Franklin. Es wird mir bestimmt gelingen, ihn zu überzeugen.«

Jonas schwieg. Zu dem unstillbaren, unmenschlichen Haß in seinen Augen gesellte sich Mißtrauen. Der Kristall pulsierte, und Indiana konnte sehen, wie an Jonas’ Hals eine Ader zu zucken begann, schnell und hektisch und im gleichen Takt wie das unheimliche Feuer im Inneren des Steins.

«Sie haben gewonnen«, sagte er.»Ich gebe auf.«

Endlose, quälend lange Sekunden vergingen. Das glühende Licht im Herzen des Kristalls pulsierte weiter, und Indiana glaubte die unvorstellbare Kraft zu spüren, die sich darin sammelte, die hinaus wollte wie etwas Gieriges, etwas Leben diges.