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»Viel Glück«, schnaubte Indy, als die Soldaten begannen, unter den Waggon zu kriechen. Die Maskelynes waren in der Mandschurei ein voller Erfolg. Die Menge johlte, klatschte und stampfte kollektiv mit den Füßen. Faye fasste Mystery bei der Hand, und gemeinsam machten sie eine tiefe Verbeugung. Dann verfiel die Menge abermals in erstaunte Ohs und Ahs, als Indy aus der magischen Kiste kletterte, gefolgt von den Köpfen zweier verstört dreinblickender Soldaten.

»Verzeihung«, meinte Indy mit einem Blick über seine Schulter, als er den Deckel krachend zuschlug und sich auf die Kiste setzte.

»Nicht der Rede wert«, erwiderte Faye über das Gelächter der Menge hinweg. »Die Leute hier haben offensichtlich Sinn für derben Humor. Im Übrigen scheinen Sie zu bluten. Sind Sie schwer verletzt?«

»Ich werde es überleben«, erwiderte Indy, der kämpfen musste, um den Deckel unten zu halten. Dann fügte er hinzu: »Hoffe ich jedenfalls.«

»Ruhe!«, schrie Leutnant Musashi von der Haube des Lastwagens. »Haltet den Amerikaner. Er ist ein Verbrecher. Sie da, auf der Bühne!«

»Meinen Sie uns?«, fragte Faye.

»Halten Sie ihn fest!«

»Was wollen Sie, dass wir tun?«

»Packen Sie ihn, halten Sie ihn fest.«

»Das können wir nicht«, erwiderte Faye. »Er gehört nicht zu unserer Nummer.«

»Dann werden Sie mit ihm zusammen im Gefängnis sitzen«, rief Musashi, während sie vom Lastwagen herunterkletterte. Die Menge teilte sich für sie und ihr erhobenes Schwert. Indy kämpfte einen aussichtslosen Kampf mit dem Kistendeckel, denn mittlerweile drückten fünf Soldaten von unten dagegen.

»Das Seil«, sagte Mystery im Flüsterton. »Es hängt an einem Draht, der an den Dächern der Gebäude zu beiden Seiten befestigt ist.«

»Ich glaube nicht, dass ich im Stande bin zu klettern.«

»Sie täten aber gut daran, es zu versuchen«, erwiderte Faye lächelnd, während sie sich abermals verbeugte. »Mystery, warum hilfst du ihm nicht hinauf?«

In die Menge lächelnd ging Mystery gemächlich zu Indy hinüber, stellte sich neben ihn auf den Kistendeckel, dann langte sie nach unten und legte das Schloss vor. »Es ist ein Trick dabei«, erklärte sie. »Am anderen Ende befindet sich ein Gegengewicht. Wenn ich das Kabel auslöse, werden Sie sich wie ein Vogel in die Luft erheben.« Sie ergriff das Ende des Seils und befestigte es unter Indys Achseln.

»Und was wird aus Ihnen beiden?«

»Machen Sie sich um uns keine Sorgen«, sagte Mystery.

»Ich werde hier bleiben und kämpfen«, erbot sich Indy. »Lassen Sie mich nur -«

»Wie viel wiegen Sie?«

»Hundertsiebzig Pfund«, antwortete er.

»Das ist Pech«, meinte sie.

»Wieso«, fragte Indy, »ist das Pech?«

»Weil das Seil nur für hundertfünfzig ausgelegt ist«, erwiderte Mystery und trat auf den Hebel hinter der Kiste, um das Kabel auszulösen. Indy erhob sich elegant und unerreichbar für den Schein der Lampions in die Lüfte.

»Schießt auf ihn!«, kreischte Leutnant Musashi.

Die verwirrten Soldaten richteten ihre Gewehre in die Dunkelheit, schössen aber nicht. Es war kein Ziel zu sehen, und sie brachten  es nicht über sich, wahllos in ein Wohngebiet zu feuern.

»Worauf warten Sie?«, fragte Musashi, als sie auf die Bühne sprang. »Durchsieben Sie die Luft mit Kugeln.« »Aber Leutnant«, stammelte ein Sergeant. »Wir haben kein Licht. Der Platz ist voller Menschen. Die umliegenden Gebäude sind ebenfalls bewohnt.«

»Sie haben zu lange gezögert«, sagte Musashi mit zusammengebissenen Zähnen. »Der Amerikaner hatte genügend Zeit zu entkommen. Rufen Sie Ihre Männer zusammen und suchen Sie die Dächer ab. Und, Sergeant - danach erstatten Sie mir Bericht, damit ich disziplinarische Maßnahmen ergreifen kann.« »Jawohl, Leutnant.«

»Sie dort, und Sie«, rief Musashi zweien der am nächsten stehenden Soldaten zu. »Verhaften Sie diese Frau und ihr abgerichtetes Äffchen. Schneiden Sie ein Stück von diesem Strick ab und fesseln Sie ihnen die Handgelenke. Sie wer- l den ins Provinzgefängnis verbracht und der Beihilfe zur Flucht eines Feindes des Kaiserreiches angeklagt.« Mystery streckte ihre Hände vor den Körper, doch die Soldaten bogen sie ihr auf den Rücken und banden sie mit einem drei Fuß langen Seilstück zusammen. Mystery kicherte.

»Das ist viel zu locker«, sagte sie. »Der Strick wird von alleine abfallen. Besser, Sie ziehen die Knoten fester an.« Die Dolmetscherin, die noch immer in Habt-Acht-Stellung auf einer Bühnenseite stand, übersetzte. Die Soldaten machten kein Hehl aus ihrem Unglauben, banden die Knoten jedoch neu. Beide setzten eine grimmige Miene auf, als sie sie fester zurrten, und während sie sich zu ihrer Kraft beglückwünschten, schob Faye die Hände in ihre geräumigen Taschen und ließ zwei Rauchbomben in jeder Hand verschwinden.

Die Soldaten gingen hinüber zu Faye, doch Mystery stieß einen Pfiff aus, bevor sie sie erreicht hatten.

»He, Jungs«, rief sie, das schlaffe Seil in ihrer rechten Hand.

»Wollt ihr es vielleicht noch mal versuchen? Ihr schafft es einfach nicht. Ich sagte doch, es würde sich wieder lösen.«

Die Soldaten murrten etwas und wandten sich wütend um zu Mystery. Für den spöttischen Unterton in ihrer Bemerkung brauchten sie die Dolmetscherin nicht. Faye warf die Rauchbomben. Die Bühne wurde in Rauch gehüllt. Als er sich lichtete, waren Faye und Mystery verschwunden. Das Gleiche galt für den Korb mit Geld, die Fotografie sowie die meisten ihrer Requisiten. Der einzige Gegenstand, den sie zurückgelassen hatten, war der übergroße Zaubererkoffer - sowie die zwei japanischen Soldaten, die an den Händen gefesselt waren. Musashi wedelte sich den Rauch aus dem Gesicht. Dann starrte sie den Koffer an, legte einen Finger an die Lippen und schlich auf Zehenspitzen zu ihm hin. Sokais Schwert mit beiden Händen haltend, stieß sie die Klinge durch den Deckel. Als sie sie herauszog, war die Klinge rot verschmiert.

»Aha!«, machte sie.

Sie fuhr mit dem Daumen an der Klinge entlang, dann probierte sie die rote Flüssigkeit. Sie schmeckte süß, mit einem würzigen Beigeschmack.

Sie riss den Koffer auf. Er war leer. Das Schwert hatte eine mit Ketchup gefüllte Gummiblase durchbohrt, die in einer Tasche im Kofferdeckel versteckt gewesen war, und die die Maskelynes bei ihrer Nummer mit dem menschlichen Nadelkissen verwendeten. Musashi fluchte in drei Sprachen.

Musashi und ihre Soldaten waren noch mit der Durchsuchung des Platzes und der umliegenden Dächer beschäftigt, als die Maskelynes bereits eine halbe Meile entfernt an Bord eines Frachters gingen. Indy hing kraftlos zwischen ihnen, als sie sich die Laufplanke hinauf schleppten.

»In welcher Stadt sind wir überhaupt?«

»In Luchow«, antwortete Faye.

»Hafenstadt«, sagte Indy. »Ehemals eine französische Kolonie.«

»Wenigstens in Geografie kennt er sich aus«, meinte Mystery.

»Nehmen Sie Abschied von Luchow, Mister«, sagte Faye, als sie auf dem Deck des Frachters anlangten.

»Wo fahren wir denn hin?«, wollte Indy wissen.

»Wollen Sie das wirklich wissen?«, fragte Faye.

»Allerdings«, murmelte Indy. »Jeder Ort ist besser als dieser hier.«

»Er hat eine Menge Blut verloren«, sagte Faye an Mystery gewandt. »Wir müssen jemanden finden, der ihm hilft.«

Der Kapitän der Divine Wind stand, die Ellbogen aufgestützt, an der Reling und rauchte eine Zigarette. Er hatte zugesehen, wie die drei sich die Laufplanke hinaufschleppten.

»Gibt es Ärger?«, erkundigte er sich seelenruhig.

»Wonach sieht das Ihrer Ansicht nach wohl aus, Snark?«, versetzte Faye.

»Ich hoffe, er folgt Ihnen nicht hierher«, gab Snark zurück.

»Sie haben gesagt, wenn wir jemals jemanden brauchen, der uns einen Gefallen tut, könnten wir auf Sie zählen«, sagte Faye. »Also schön, heute Abend brauchen wir jemanden. Wo steckt dieser alte Säufer, den Sie einen Schiffsarzt nennen?«