»Was haben Sie, Dr. Jones«, erkundigte sich Faye. »Sie sehen plötzlich so blass aus.«
»Ich weiß nicht mehr, an welcher Position des Satzes wir im Augenblick sind«, stammelte er.
»Also, Dr. Jones«, sagte der Bankier freundlich. »Mein Name ist Mr. Hyde, ich werde die Überweisung aus Amerika beaufsichtigen. Eintausend amerikanische Dollar.«
Sie saßen in einem elegant eingerichteten Büro der Britischen Handelsbank, während Faye und Mystery draußen in der Eingangshalle warteten. Der Bankier schien ein wenig beunruhigt über Indys ungepflegtes Äußeres und hatte darauf bestanden, dass er Peitsche und Revolver bei Faye zurückließ.
»Großartig«, sagte Indy. »Sie glauben gar nicht, was für eine Hilfe das ist.«
»Unterschreiben Sie hier, bitte.«
Er schob ein Formular zu Indy herüber. Indy unterzeichnete und datierte es, dann reichte er es zurück.
»Das Datum«, meinte der Bankier.
»Was? Oh, Verzeihung. Ich bin nach dem Jahreswechsel immer ein wenig im Rückstand.«
»Sie sind wohl eher ein Vierteljahrhundert voraus«, bemerkte der Bankier.
»Dazu gibt es eine komische Geschichte«, sagte Indy.
»Davon bin ich überzeugt«, erwiderte der Bankier ohne jede Gefühlsregung. »Haben Sie irgendetwas bei sich, womit Sie sich ausweisen können? Ihr Pass würde genügen.«
»Tut mir Leid, nein«, sagte Indy.
»Sie reisen ohne Pass?«
»Der ging in dem Sturm verloren, der unser Schiff versenkt hat«, sagte Indy.
»Dann etwas anderes. Eine Geburtsurkunde?«
»Die gehört nicht zu den Dingen, die ich normalerweise bei mir trage.«
»Dann vielleicht ein Bibliotheksausweis?«
»Ich sagte Ihnen doch«, sagte Indy. Seine Augen funkelten, und seine Wangen begannen sich zu röten. »Ich habe alles während des Taifuns verloren. Wir befinden uns hier in einer verzweifelten Lage, sonst hätte ich meinen Freund Marcus Brody wohl kaum in einem Telegramm um Geld gebeten.«
»Also gut, Dr. Jones, kein Grund, sich zu ereifern«, sagte Hyde.
»Es besteht eine letzte Möglichkeit, zu der wir Zuflucht nehmen können. Ich muss lediglich Ihre Identität mittels des Kodewortes feststellen, das Mr. Brody uns angegeben hat.«
Indy grinste verlegen.
»Das ist wieder so eine komische Geschichte«, sagte er.
»Das glaube ich Ihnen aufs Wort«, versetzte der Bankier.
»Könnte ich Ihnen vielleicht den vollständigen Satz geben, aus dem -«
»Das Kodewort, Dr. Jones«, beharrte der Bankier. Indy murmelte etwas.
»Wie war das bitte?«
»Bursche«, sagte Indy.
»Nein, tut mir Leid.«
»Denkt.«
»Völlig falsch.«
»Fehlerfrei«, versuchte Indy es ein weiteres Mal.
»Tja«, meinte der Bankier.
»Das ist es«, sagte Indy. »Ich konnte mich nicht erinnern, welchen Ton wir beim letzten Mal verwendet haben. Ein Gerissener Bursche Denkt Fehlerfrei. Der Satz steht für die Linien des Notensystems, und beim letzten Mal haben wir D verwendet.«
Der Bankier musterte ihn argwöhnisch.
»Hören Sie, ich habe Ihnen soeben den Kode gegeben«, sagte er.
»Telegrafieren Sie Brody, wenn es nicht anders geht, und bitten Sie ihn um eine Bestätigung - wir müssen ihn jetzt ohnehin ändern.«
»Warten Sie hier, bitte«, sagte der Bankier. »Ich gehe das Geld für Sie holen.«
Der Bankier verließ das Büro, und Indy wartete nervös. Als der Mann zurückkehrte, wurde er von einem Sicherheitsbeamten der Bank begleitet.
»Etwas nicht in Ordnung?«, fragte Indy.
»Sie sind verhaftet wegen Betruges«, sagte Hyde. »Die korrekte Antwort lautete >Ein<.
»Sie machen einen großen Fehler«, protestierte Indy.
»Ich fürchte, nein, Dr. Jones - oder wer immer Sie sein mögen«, versetzte Hyde. »Unsere Beschreibung von Dr. Jones bezieht sich auf einen Mann, der beträchtlich jünger ist als Sie. Ganz sicher hätte er kein grau meliertes Haar. Darüber hinaus teilte Mr. Brody uns mit, dass Sie sich seiner Ansicht nach in Südamerika aufhalten. Also müssen wir zwangsläufig zu der Schlussfolgerung gelangen, dass Sie ein Hochstapler sind, der versucht, Dr. Jones' Identität anzunehmen, um über Mr. Brodys Museum schnell an Geld zu kommen.«
»Holen Sie mir Marcus ans Telefon«, sagte Indy. »Lassen Sie mich mit ihm sprechen.«
»Das ist völlig ausgeschlossen«, sagte Mr. Hyde.
»Bitte«, sagte Indy. »Sie verstehen nicht.«
»Ich fürchte, leider doch«, erwiderte Hyde. »Die Polizei Kalkuttas wird Sie festhalten, bis wir die Angelegenheit geklärt haben.«
»Und benehmen Sie sich«, riet ihm der Wachmann, während er ihm die Hände hinter dem Rücken in Handschellen legte. »So ist es recht. Widerstand ist zwecklos. Als Indy durch die Eingangshalle abgeführt wurde, rief Faye ihm etwas zu.
»Wo bringen die Sie hin?«, wollte sie wissen.
»Ins Gefängnis von Kalkutta.«, rief Indy zurück. »Sie sind der Meinung, ich wolle sie berauben. Sie glauben mir nicht, dass ich bin, wer ich bin.«
»Sie machen einen Fehler«, wandte sich Faye an sie. »Das ist Dr. Jones.«
»Offenbar hat dieser Mann Sie ebenfalls zum Narren gehalten«, meinte der Wachmann. »Woher wissen Sie, dass dies Dr. Jones ist?«
»Er hat es uns gesagt.«
»Wie lange kennen Sie ihn?«
»Einige Tage«, sagte sie.
»Haben Sie uns etwa angelogen?«, fragte Mystery.
»Unsinn«, gab Indy zurück.
»Haben Sie sonst irgendeinen Beweis?«, fragte der Wachmann.
»Naja, das nicht gerade«, meinte Faye, »aber ich vertraue ihm.«
»Ich bitte um Verzeihung«, meinte der Wachmann. »Aber das war Ihr erster Fehler, Madam. Tut mir Leid, aber ich werde Sie und das Mädchen ebenfalls zum Verhör mitnehmen müssen. Geben Sie mir die Waffe, bitte.«
»Indy«, sagte Faye. »Was soll ich Ihrer Meinung nach tun?«
»Geben Sie sie ihm«, riet Indy ihr.
Sie gab dem Wachmann den im Halfter steckenden Webley. Der klemmte ihn sich unter den Arm, dann zog er ein zweites und ein drittes Handschellenpaar aus seiner Gesäßtasche.
»Weil ich alleine bin und Sie zu dritt«, entschuldigte er sich, während er die zusätzlichen Handschellenpaare in die Höhe hielt, um sie ihnen zu zeigen. »Der Mann hier wandert ins Gefängnis, Sie beide wird man jedoch freilassen, sobald die Polizeiinspektoren Gelegenheit hatten, Sie zu verhören.«
»Lassen Sie sie gehen«, sagte Indy.
»Tut mir Leid, Kumpel.«
Der Wachmann fesselte Mystery mit Handschellen die Hände auf den Rücken, dann wandte er sich ihrer Mutter zu. Mystery hatte sich nach wenigen Sekunden von den Handschellen befreit und schnappte sich den Webley unter seinem Arm.
»Mir reicht's«, sagte Mystery, zog den Revolver aus dem Halfter und richtete ihn auf den Wachmann der Bank.
»Ich bitte Sie, Miss«, meinte der Wachmann. »Sie könnten jemanden damit verletzen.«
»Genau darum geht es«, erwiderte sie. »Ich werde nicht zulassen, dass Sie Dr. Jones verhaften. Wissen Sie überhaupt, wie man das Gefängnis hier nennt? Das schwarze Loch. Die Menschen wandern hinein und kommen nie wieder raus. Lassen Sie ihn laufen.«
»Also gut«, sagte der Wachmann und ließ Indy los.
»Verschwinden wir von hier«, sagte Mystery.
Indy nahm die Waffe aus dem Halfter des Wachmanns an sich.
»Noch nicht«, sagte Indy. »Ich werde jetzt das Geld an mich nehmen, Mr. Hyde.«
»Sie rauben mich aus?«
»Keineswegs«, sagte Indy. »Diese eintausend Dollar sind tatsächlich für mich bestimmt. Das Geld gehört nicht Ihnen, sondern Marcus Brody - oder zumindest seinem Museum.«
»Ganz wie Sie wollen«, meinte Hyde. »Es wird allerdings einen Augenblick dauern.«