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«Wozu?«fragte Grisswald.

«Um meinen Anwalt anzurufen«, antwortete Indiana ruhig.

Reuben wollte abermals auffahren, aber Indiana bekam plötzlich Schützenhilfe von einer Seite, von der er sie am allerwenigsten erwartet hatte. Grisswald hob beruhigend die Hand und sagte:»Ich bitte Sie, Dr. Jones, das ist doch nicht nötig. Sie stehen hier nicht unter irgendeiner Anklage. Die beiden Herren wollen lediglich ein paar Informationen von Ihnen. «Er drehte sich im Stuhl herum und sah zu Reuben hoch.»Bei allen Meinungsverschiedenheiten, die zwischen Dr. Jones und mir herrschen, Mr. Reuben«, sagte er,»lege ich doch für seine Integrität meine Hand ins Feuer.«

«Verbrennen Sie sich nicht«, murmelte Reuben, aber Griss-wald fuhr unbeeindruckt fort:»Dr. Jones neigt vielleicht dazu, manche Dinge etwas unkonventionell anzugehen. Aber er würde niemals ein Gesetz übertreten.«

Er drehte sich wieder herum und wandte sich direkt an Indiana.»Es geht hier nicht um Sie, Jones. Es geht um Professor Corda. Er ist seit gestern morgen verschwunden. Nach seiner letzten Vorlesung hat ihn niemand mehr gesehen. Die beiden Herren wollten seiner Frau lediglich ein paar Fragen stellen, als Sie dazugekommen sind.«

«Für mich sah das anders aus«, murmelte Indiana, aber Grisswald ignorierte seinen Einwand einfach.

«Sie erinnern sich gewiß an das Amulett, das ich Ihnen gestern gezeigt habe?«fragte er und zog gleichzeitig eine Schublade in seinem Schreibtisch auf. Indiana nickte, und Grisswald zog den winzigen Goldkäfer hervor und stellte ihn mit spitzen Fingern vor sich auf die Tischplatte.»Bitte, denken Sie noch einmal in Ruhe nach, Jones«, sagte er.»Es ist wichtig. Möglicherweise nicht nur für Professor Corda, sondern auch für einige andere Leute — und auch für seine Frau; an der Ihnen ja eine Menge zu liegen scheint.«

Indiana überging die Spitze geflissentlich, bedachte den kleinen Goldkäfer aber nur mit einem flüchtigen Blick und schüttelte dann den Kopf.»Nein«, sagte er.»Aber worum geht es hier eigentlich?«

Wieder wollte Reuben auffahren, und wieder unterbrach ihn Grisswald mit einer raschen Geste.»In wenigen Worten erklärt, darum: In den letzten Wochen ist eine Anzahl solcher und ähnlicher Kunstgegenstände hier in der Stadt aufgetaucht. Jemand hat dieses Zeug in erstaunlicher Menge verkauft; zu überaus günstigen Preisen und so geschickt, daß er seine Identität bisher erfolgreich geheimhalten konnte.«

«Das haben Sie mir gestern schon gesagt«, sagte Indiana.»Aber ich verstehe nicht, was das FBI damit zu tun hat? Ich meine, selbst wenn es sich um gestohlene Kunstgegenstände handelt — «

«Das tut nichts zur Sache«, mischte sich Henley ein.»Wir wissen seit gestern morgen, daß diese Kunstgegenstände von Professor Corda stammen. Die Frage ist, wo er sie herhat.«

Jones tauschte einen raschen Blick mit Grisswald, den die beiden FBI-Agenten zwar bemerkten, aber wohl nicht deuten konnten. Natürlich waren die Gerüchte um Cordas etwas zwiespältiges Verhältnis zu seiner Berufsehre und gewissen Eigentumsauffassungen auch bis zu Grisswald durchgedrungen. Aber Indiana war der einzige, der wußte, woher Cordas Wohlstand stammte. Vermutlich wußte es Grisswald spätestens seit diesem Morgen auch. Aber sein Blick machte Indiana klar, daß er den beiden FBI-Männern gegenüber davon noch nichts erwähnt hatte, und so zog es auch Indiana vor, es weiter für sich zu behalten.»Ich weiß es nicht«, sagte er.

«Seltsam«, sagte Henley nachdenklich und mit einem Lächeln, das abstoßend unecht war.»Aber irgendwie glaube ich Ihnen nicht, Dr. Jones.«

Indiana zuckte nur mit den Achseln.

«Wo ist Mrs. Corda?«fragte Reuben.»Sie handeln sich eine Menge Ärger ein, wenn Sie uns nicht helfen, Jones.«

«Ich weiß es nicht«, sagte Indiana — was zumindest im Augenblick sogar der Wahrheit entsprach. Er hatte Marian zwar in seinem Haus zurückgelassen, aber er war davon überzeugt, daß sie nicht mehr dort war.

Henley blickte ihn an, als könne er seine Gedanken auf seiner Stirn ablesen. Aber zu Indianas Überraschung sagte er nichts mehr, sondern schüttelte nur noch den Kopf und seufzte hörbar.

«So kommen wir nicht weiter«, sagte Reuben.»Was gestern passiert ist, war sicherlich nur die Folge eines Mißverständnisses. Ich bin bereit, darüber hinwegzusehen und es zu vergessen — wenn Sie mit uns zusammenarbeiten. Es ist auch in Mrs. Cordas Interesse.«

«Wieso?«

«Weil wir glauben, daß sie sich in Gefahr befindet«, sagte Henley.»Ebenso wie ihr Mann.«

Er deutete mit einer flatternden Handbewegung auf den goldenen Käfer auf der Tischplatte.»Wir müssen wissen, wo diese Dinge herkommen, Dr. Jones. Verstehen Sie mich richtig — es interessiert mich nicht, ob Ihr Kollege das Grab eines Pharaos ausgeräubert hat oder nicht. Es ist uns völlig egal, wie er in den Besitz dieser Schmuckstücke gekommen ist.«

«Ich fürchte, jetzt verstehe ich gar nichts mehr«, sagte Indiana. Und in diesem Moment war es die Wahrheit.»Zuerst wollen Sie wissen, wo das Zeug herkommt, und dann — «

«Es ist gefährlich, Jones«, unterbrach ihn Grisswald. Reuben sah ihn fast erschrocken an, aber Grisswald deutete ein Kopfschütteln zur Antwort an und fuhr fort:»Irgend etwas stimmt mit diesen Dingern nicht. Einige der Leute, denen Corda sie verkauft hat, sind krank geworden. Es hat bereits zwei Tote gegeben.«

«Wie bitte?«fragte Indiana erschrocken.

Grisswald nickte und rückte instinktiv ein kleines Stück von dem kleinen Goldkäfer vor sich fort.»Ich weiß, es hört sich albern an«, sagte er mit einem unsicheren Lächeln,»aber es sieht so aus, als verfüge Professor Corda seit einiger Zeit über einen nahezu unbegrenzten Goldschatz. Ich will jetzt gar nicht darüber reden, ob er ihm gehört oder nicht. Aber etwas ist mit diesem Gold nicht richtig. Es ist, als — «

«— als läge ein Fluch darauf«, murmelte Indiana, als Griss-wald nicht weitersprach.

Der Dekan sah ihn schweigend mit weiten Augen an. Er lächelte noch immer. Aber es wirkte gequält; es war eher eine Grimasse als ein wirkliches Lächeln.»Es klingt verrückt, ich weiß«, sagte er nach einer Weile.»Aber für verrückte Dinge sind Sie ja hier der Spezialist, nicht wahr?«

«Das reicht«, sagte Reuben grob.»Ich frage Sie zum letzten Mal, Dr. Jones. Wo ist Marian Corda?«

«Ich weiß es nicht«, antwortete Indiana.»Sie war gestern bei mir, das ist richtig. Ich habe darauf bestanden, daß sie in meinem Haus übernachtet.«

«Wieso?«fragte Henley.

«Wieso?«Indiana lachte abfällig.»Sie haben ihr Haus gesehen, nicht wahr?«

«Und Sie dachten, daß wir dafür verantwortlich wären«, fügte Henley hinzu.

Diese Einsicht überraschte Indiana nur im ersten Moment, bis er begriff, daß Henley das nur sagte, um sein Vertrauen zu gewinnen.»Ich habe mich geirrt«, gestand er mit einem Achselzucken.»Und?«

«Und Mrs. Corda hat nichts erzählt?«fragte Reuben.»Nichts von dem, was ihr Mann mitgebracht hat?«Er machte ein abfälliges Geräusch.»Sie können mir nicht erzählen, daß jemand König Midas’ Schatz gefunden hat und nicht darüber spricht.«

«Unsinn!«antwortete Indiana.»Ich — «

Etwas machte deutlich hörbar klick hinter Indianas Stirn, und er brach mitten im Wort ab und starrte Reuben aus weit aufgerissenen Augen an. Plötzlich glaubte er noch einmal, Marians Worte vom vergangenen Abend zu hören: Es ist alles wahr! Was waren die Spanier doch für Narren!

Und dann wußte er es. Die Erkenntnis blitzte so plötzlich in seinen Gedanken auf, daß er sich am liebsten selbst geohrfeigt hätte. Marcus und er hatten die Lösung die ganze Zeit in Händen gehalten. Es stand alles in Stans Papieren, so deutlich, daß man nur hinzusehen brauchte. Er verstand einfach nicht, warum er es nicht sofort gesehen hatte.

«Was haben Sie, Jones?«fragte Grisswald, dem Indianas veränderter Gesichtsausdruck ebensowenig entgangen war wie den beiden FBI-Männern.