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«Nichts«, antwortete Indiana unsicher. Er versuchte zu lächeln, spürte aber selbst, daß es zur Grimasse geriet.»Mir ist nur … gerade etwas eingefallen.«

«Was?«hakte Reuben nach.

«Wahrscheinlich ist es nicht von Bedeutung«, murmelte Indiana ausweichend.

«Vielleicht überlassen Sie es uns, das zu beurteilen«, sagte Henley.

«Als ich … mit Marian gestern in ihrem Haus war«, sagte er,»da ist uns ein Mann aufgefallen.«

«Was für ein Mann? Was hat er getan? Wie sah er aus?«

«Ein Mann eben«, antwortete Indiana.»Er stand auf der anderen Straßenseite, und ich hatte das Gefühl, er beobachtet das Haus. Er war sehr groß, bestimmt an die zwei Meter, und sehr muskulös. Ein ziemlich häßlicher Kerl. Aber wie gesagt — wahrscheinlich hat es nichts zu bedeuten.«

Der Blick, den Henley mit seinem Kollegen tauschte, überzeugte Indiana davon, daß es sehr wohl etwas zu bedeuten hatte. Und daß den beiden der Mann, den Indiana ihnen beschrieben hatte, keineswegs fremd war.

«Ist das alles?«fragte Reuben mißtrauisch.

Indiana nickte.»Ja. Es tut mir leid, daß ich Ihnen nicht weiterhelfen kann.«

«Es wäre aber besser für Sie, wenn Sie es könnten«, sagte Reuben. Nachdenklich tastete er mit den Fingerspitzen über sein zerschrammtes, aufgeschürftes Gesicht und fügte hinzu:»Wissen Sie, mein Gedächtnis wird schlechter, je besser Ihres wird.«

«Ich werde nachdenken«, versprach Indiana.»Falls mir noch etwas einfällt, sage ich es Ihnen.«

Er wandte sich an Grisswald.»Kann ich jetzt gehen? Ich habe noch eine Menge zu tun.«

«Sicher«, antwortete Grisswald. Indiana wollte gehen, aber Henley rief ihn noch einmal zurück.»Noch etwas, Dr. Jones.«

Indiana bewegte den Kopf, wandte sich aber nicht mehr ganz zu ihm um.»Ja?«

«Es hat nichts mit dieser Geschichte zu tun«, sagte Henley,»aber — haben Sie jemals den Begriff Manhattan-Projekt gehört?«

Indiana überlegte einen Moment und verneinte dann.»Was soll das sein?«

«Oder hat Professor Corda etwas davon erwähnt?«fuhr Henley unbeirrt fort.

Indiana verneinte abermals.»Wir sprechen nicht sehr viel miteinander«, sagte er.

Henley schien eher erleichtert als enttäuscht und machte eine Handbewegung, daß er gehen könne.

Indiana verließ mit gemessenen Schritten Grisswalds Büro, ging mit etwas weniger gemessenen Schritten durch das Vorzimmer und begann zu rennen, kaum daß er wieder draußen auf dem Flur war. Seine Kollegen und etliche Hundert Studenten warfen ihm irritierte Blicke nach, als er im Laufschritt durch die langen Korridore des Universitätsgebäudes hetzte, aber er achtete nicht darauf, sondern legte die Entfernung zu dem Museum im Westflügel in wenigen Minuten zurück und stürmte dort in Marcus Brodys winziges mit in Bücherregalen und großen Kisten und Kartons gesammelten Fundstücken bis zum Bersten vollgestopftes Büro, ohne anzuklopfen.

Marcus saß an seinem Schreibtisch und verpestete die Luft mit blauen Qualmwolken. Er sah überrascht auf, als Indiana hereingeplatzt kam, kam aber nicht einmal dazu, etwas zu sagen, denn Indiana stieß atemlos hervor:

«Marcus! Wir waren Idioten! Ich weiß jetzt, was Corda entdeckt hat!«

«Was?«fragte Marcus und nahm die Pfeife aus dem Mund.

Indiana atmete zweimal hintereinander tief ein und aus, damit sich seine rasenden Lungen wieder halbwegs beruhigen konnten, ehe er antwortete.»Ich glaube, er hat El Dorado gefunden.«

Es war alles da. Marcus und er hatten auf der Stelle die Universität verlassen und waren zu Indianas Haus zurückgerast, und sie fragten sich beide erneut und mehr als einmal, wieso es ihnen nicht schon gestern abend klargeworden war. Jetzt, wo sie wußten, wonach sie zu suchen hatten, erwiesen sich Cordas Aufzeichnungen als nahezu unerschöpfliche Quelle von Informationen. So fantastisch der Gedanke auch schien: Stanley Corda war überzeugt gewesen, das sagenhafte Goldland El Dorado entdeckt zu haben.

«Das ist unfaßbar«, murmelte Marcus immer und immer wieder.»Er hat es wirklich gefunden! Es existiert, Indiana! Und wir alle waren davon überzeugt, daß es sich nur um eine Legende handelt!«

«Die Spanier nicht«, sagte Indiana.»Sie wußten, daß es existiert. Wahrscheinlich«, fügte er nach sekundenlangem Zögern hinzu,»haben einige von ihnen es auch gefunden.«

«Aber keiner ist zurückgekommen«, sagte Marcus.

«Dann hätten sie auch nicht davon erzählen können«, korrigierte Indiana mit sanftem Tadel.»Nein, nein. Da muß noch mehr sein. «Er blickte nachdenklich auf die Blätter hinab, die er vor sich auf dem Tisch ausgebreitet hatte. Sie enthielten die Antworten auf fast alle Fragen, die jemals im Zusammenhang mit dem sagenhaften Goldland gestellt worden waren. Bis auf eine Kleinigkeit — der Ort, an dem es lag.»Ich muß immer daran denken, was Grisswald gesagt hat«, fuhr er nachdenklich fort.»Ein paar von denen, denen Corda das Zeug verkauft hat, sind krank geworden. Zwei sind sogar schon gestorben.«

Marcus’ Gesicht verdüsterte sich.»Dieser Kerl ist eine Schande für uns alle«, sagte er.»Er gehört ins Gefängnis. Das muß man sich einmal vorstellen! Er findet El Dorado und hat nichts Besseres zu tun, als sich die Taschen vollzustopfen!«

«Ich fürchte, ganz so einfach ist es nicht!«murmelte Indiana.»Irgend etwas stimmt mit diesem Gold nicht.«

Marcus sah ihn eine Sekunde lang erschrocken an, dann versuchte er zu lachen, aber es gelang ihm nicht ganz.»Gleich wirst du auch noch erzählen, daß ein Fluch auf diesem Gold liegt.«

Indiana nickte ernst.»Ganz genau das hatte ich vor.«

«So etwas wie einen todbringenden Fluch gibt es nicht«, behauptete Marcus — obwohl er es eigentlich besser wissen mußte.

Trotzdem nickte Indiana.»Wahrscheinlich hast du recht«, sagte er.»Aber vielleicht gibt es etwas, das in der Wirkung auf dasselbe hinausläuft. «Er fuhr sich nachdenklich mit dem Zeigefinger am Kinn entlang.»Ich frage mich nur, was dieser FBIMann gemeint hat, als er vom Manhattan-Projekt sprach.«

Er sah Marcus dabei nicht an, aber er bemerkte sogar aus den Augenwinkeln, wie Brody zusammenfuhr.»Was hast du?«fragte er.

«Nichts«, antwortete Marcus, viel zu hastig, um überzeugend zu wirken.

«Du weißt, was das ist«, stellte Indiana fest.

Marcus druckste eine Weile herum. Schließlich nickte er.»Es gibt Gerüchte«, sagte er.»Ich habe davon gehört, ja. Aber ich dürfte es gar nicht wissen. Und ich dürfte es dir schon gar nicht erzählen.«

«Dann tu es auch nicht«, riet ihm Indiana.»Erzähl es dem Kamin oder der Standuhr. Ich verspreche dir, nicht hinzuhören.«

Marcus zog eine Grimasse, griff in die Jackentasche und förderte Tabaksbeutel und Pfeife zutage.»Wie gesagt«, begann er, während er sich mit kleinen, fahrigen Bewegungen seine Pfeife zu stopfen begann,»es sind nur Gerüchte. Aber angeblich sind sie dabei, oben in Nevada eine neue Waffe zu konstruieren.«

«Und?«fragte Indiana verwundert.

«Eine Kernspaltungswaffe«, sagte Marcus mit besonderer Betonung.

Jetzt war es Indiana, der erschrocken zusammenfuhr und seinen Freund ungläubig anstarrte.»Wie bitte?«

Brody setzte seine Pfeife in Brand und nahm einen tiefen Zug. Er hustete ein paarmal, ehe er antwortete.»Eine Atombombe, ja. Washington fürchtet schon seit einer Weile, daß die Deutschen dabei sind, eine solche Waffe zu konstruieren. Sie setzen alles in Bewegung, um ihnen zuvorzukommen. Sie basteln seit einem Jahr an diesem Ding herum. Der Codename für das Projekt ist — «

«Manhattan«, murmelte Indiana.

Brody nickte und zog abermals nervös an seiner Pfeife, so daß der Tabak in ihrem Kopf hellrot aufglühte.

«Aber was hat das mit Stanley und El Dorado zu tun?«fragte Indiana verwirrt.

Brody hob die Schultern.»Keine Ahnung«, sagte er.