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«Schon gut«, sagte Indiana.»Das macht alles nichts.«

«Es macht doch etwas«, grollte Marcus.»Ich Idiot hätte sie gar nicht hereinlassen sollen. Schließlich hast du mir eingeschärft, niemandem die Tür aufzumachen. Aber ich Trottel — «

«Es ist gut«, sagte Indiana noch einmal.»Ich nehme es dir nicht übel, Marcus. Wahrscheinlich hätte ich an deiner Stelle nicht anders gehandelt.«

Ein leises Lachen irgendwo aus der Dunkelheit hinter ihnen hinderte Marcus daran zu widersprechen. Indiana setzte sich mühsam mit angezogenen Knien weiter auf und wandte den Kopf in die Richtung. Nach einigen Sekunden wiederholte sich das Lachen, und ein Schatten begann sich aus der grauen Dämmerung zu schälen. Er kam nicht nahe genug, daß sie ihn genau erkennen konnten, aber irgend etwas daran war … falsch.

«Wie edel, Dr. Jones«, sagte eine schnarrende, unangenehme Stimme.»Wenn ich an Ihrer Stelle wäre, hätte ich jetzt Lust, Mr. Brody den Hals herumzudrehen. Aber ich glaube fast, Sie meinen das wirklich so.«

«Wer sind Sie?«fragte Indiana.

Wieder lachte die Gestalt und machte ein paar schlurfende Schritte, und Indiana sah jetzt, daß der Mann humpelte. Obwohl er noch immer halb in den Schatten verborgen war, konnte Indiana jetzt erkennen, daß der Mann ein Krüppel war: Er zog das rechte, offensichtlich steife Bein nach, und seine Schultern waren unterschiedlich hoch. Der rechte Arm war in einer unnatürlichen Haltung angewinkelt und schien ebenfalls nutzlos zu sein.

«Wer sind Sie?«fragte Indiana noch einmal.

Er bekam auch jetzt keine Antwort, aber der Krüppel kam noch näher, und hinter ihm tauchten zwei weitere, schattenhafte Umrisse aus der Schwärze auf — einer davon war so groß, daß Indiana sofort wußte, wem er gegenüberstand. Und offensichtlich war der Verkrüppelte mit der unangenehmen Stimme ihr Auftraggeber.

«Mein Name ist Ramos«, sagte er schließlich mit seiner dünnen, unangenehmen Stimme.

«Interessant«, antwortete Indiana.»Und wer sind Sie?«

Wieder lachte Ramos und machte einen Schritt auf ihn zu.»Eine berechtigte Frage, Dr. Jones«, sagte er.»Ich glaube, wir hatten bisher noch nicht das Vergnügen. Um so mehr freut es mich, daß Sie meine Einladung nun doch angenommen haben. Ich hoffe, Sie entschuldigen die kleinen Unbequemlichkeiten.«

Indiana schenkte ihm einen bösen Blick.»Hören Sie auf mit dem Unsinn und sagen Sie endlich, was Sie von uns wollen«, schnappte er.

Ramos legte den Kopf schräg und blickte auf ihn herab.»Von Ihnen? Nichts. «Er schüttelte den Kopf.»Aber von Ihrer entzückenden Freundin, Mrs. Corda.«

«Ich weiß nicht einmal, wer Sie sind«, sagte Marian.

«Das glaube ich Ihnen sogar«, antwortete Ramos.»Dafür weiß Ihr Mann um so besser, wer ich bin. Er und ich hatten eine geschäftliche Transaktion verabredet. Ich habe meinen Teil eingehalten — aber Ihr Mann leider nicht.«

«Hören Sie, Ramos«, sagte Indiana.»Ich weiß nicht, welches krumme Geschäft Stanley mit Ihnen abgeschlossen hat, und es interessiert mich auch nicht. Aber was immer zwischen Ihnen gewesen ist — machen Sie es mit ihm aus und nicht mit seiner Frau. Marian weiß nichts von Stanleys Geschäften.«

«Ich bin beinahe geneigt, Ihnen zu glauben, Dr. Jones«, antwortete Ramos.»Sehen Sie, ich habe eine Weile mit Professor Corda gearbeitet und glaube, ihn ganz gut zu kennen. Aber was soll ich machen? Ich habe eine Menge Geld und Mühe investiert. Auch ich habe Verpflichtungen. Meine Geschäftspartner erwarten, daß ich denen nachkomme. Professor Corda besitzt etwas, das von Rechts wegen mir gehört.«

«Dann suchen Sie ihn, zum Teufel, und fragen ihn danach«, sagte Indiana.»Ich — «

«Ich«, unterbrach ihn Ramos betont,»habe ein Prinzip, Dr. Jones, von dem ich niemals abgehe. Ich bekomme immer, was ich haben will. Niemand betrügt mich. Verstehen Sie, was ich meine?«

Indiana glaubte es zumindest. Ein rascher, eisiger Schauer lief über seinen Rücken. Behutsam setzte er sich weiter auf und zerrte dabei probehalber an seinen Fesseln; allerdings nur ein einziges Mal. Ein scharfer Schmerz schnitt in seine Handgelenke, und er begriff auf einmal, daß man ihn nicht mit Strik-ken, sondern mit dünnem Draht gebunden hatte. Jeder Versuch, seine Fesseln zu sprengen, würde ihm nur Schmerzen oder Verletzungen einbringen.

«Lassen Sie uns wie vernünftige Männer miteinander reden, Mr. Ramos«, sagte er.

Ramos kam näher, gefolgt von seinen beiden Schatten. Indiana konnte endlich erkennen, daß er tatsächlich so verkrüppelt und mißgestaltet war, wie er vorher angenommen hatte. Sein Gesicht war das eines häßlichen, bösen Zwerges. Und seine Augen waren milchige, weiße Kugeln ohne Pupillen. Er war blind.»Ich höre, Dr. Jones«, sagte er.

«Ich weiß nicht, welche Art von Geschäft Stanley mit Ihnen geschlossen hat, und es interessiert mich auch nicht«, sagte Indiana.»Aber ich gebe Ihnen mein Wort, daß Marian nichts damit zu tun hat und nichts darüber weiß.«

«Wer sagt, daß ich das bezweifle?«

«Ihre Männer waren in Cordas Haus«, fuhr Indiana fort.»Sie haben es zweifellos gründlich durchsucht. Wenn sie nicht gefunden haben, was sie gesucht haben, dann kann Marian Ihnen auch nicht weiterhelfen. Es nutzt Ihnen also gar nichts, uns hier gefangenzuhalten.«

«Ich weiß«, sagte Ramos lächelnd.

Indiana blickte ihn verwirrt an.»Ich glaube, ich verstehe wirklich nicht ganz — «

«Ich glaube, Sie verstehen sehr wohl, Dr. Jones«, sagte Ra-mos.»Ich sagte bereits: Ich kenne Professor Corda. Ich glaube nicht, daß er zurückkäme, um seine Frau auszulösen. Nicht bei dem, was ich von ihm will.«

«Warum dann dieser Überfall?«fragte Marcus.

«Eine berechtigte Frage, Mr. Brody«, sagte Ramos.»Ich werde sie Ihnen gern beantworten. Sehen Sie, ich habe Erkundigungen eingezogen; nicht nur über Professor Corda, sondern auch über Sie und Dr. Jones hier. Was ich von Ihnen will, ist ganz einfach: Professor Corda ist seit gestern morgen verschwunden, und es war mir trotz aller Mühe nicht möglich, ihn aufzuspüren. Aber ich denke, es gibt jemanden unter uns, dem es gelingen wird.«

«Ich weiß nicht einmal, wo er ist«, sagte Marian.

Ramos schüttelte lächelnd den Kopf.»Ich rede nicht von Ihnen, meine Liebe«, sagte er. Dann drehte er sich wieder zu Indiana herum und blickte aus seinen unheimlichen, blinden Augen auf ihn herab.»Ich denke, wir haben uns verstanden.«

Indiana schwieg.

«Wovon reden Sie überhaupt?«fragte Marcus verwirrt.

Diesmal war es Indiana, der an Ramos’ Stelle antwortete:»Er will, daß ich Stanley finde«, sagte er.»Und ich schätze, er wird euch beide solange hierbehalten, bis ich zurück bin.«

Ramos klatschte spöttisch in die Hände.»Ich sehe, ich habe mich nicht in Ihnen getäuscht, Dr. Jones«, sagte er lächelnd.»Und ich bin ziemlich sicher, daß Sie mich auch weiterhin nicht enttäuschen werden. Zumal ich Ihnen genau drei Tage gebe, Professor Corda zu finden, bevor ich damit beginne, Ihrem Freund zuerst die Finger und dann die Zehen abzuschneiden. Jeden Tag ein Stück.«

Marcus sog scharf die Luft ein, und Marian stieß einen leisen Schrei aus. Indiana blickte den blinden Verbrecher durchdringend an. Ramos lächelte noch immer, aber es war das kälteste, böseste Lächeln, das Indiana jemals gesehen hatte. Drohungen wie diese hatte er oft gehört, sogar noch schlimmere. Aber er wußte, daß Ramos seine Worte ernst meinte.

«Drei Tage sind zu wenig«, sagte er.»Ich — «

«Drei Tage«, unterbrach ihn Ramos.»Und den Rest von heute — ich will ja nicht kleinlich sein. Und falls es Sie noch ein wenig anspornt, lassen Sie sich gesagt sein, daß ich mit Mrs. Corda weitermachen werde, wenn ich Ihren Freund in Stücke geschnitten habe und Sie nicht zurück sind.«