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«So?«

«Denk an Marcus«, sagte Indiana.»Und an Stanley. Ohne ihn finden wir deinen Mann vielleicht nie.«

«Bitte, Mrs. Corda«, sagte auch Reuben.»Seien Sie vernünftig. Legen Sie die Waffe weg. Dr. Jones hat recht — er ist es wirklich nicht wert.«

Marians Blick flackerte. Sie sah Reuben an, dann Indiana und schließlich Henley, der in gespannter Haltung am Ruder stand, aber die Waffe in ihrer Hand blieb unverwandt weiter auf Ramos gerichtet — genauer gesagt: auf Indianas Brust.

«Geh zur Seite, Indy«, flüsterte sie.

Indiana schüttelte den Kopf.»Nein«, sagte er entschlossen.»Das werde ich ganz bestimmt nicht tun.«

«Bitte, Indy«, sagte Marian.»Ich möchte dich nicht verletzen. «Ihre Stimme schwankte, klang aber trotzdem fest und entschlossen. Und Indiana hörte auf, auf sie einzureden. Er begriff, daß Marian nicht in der Verfassung war, in der sie mit Worten zu beeindrucken war. Blitzschnell überschlug er seine Chancen, sich auf sie zu werfen und ihr die Waffe zu entreißen, verwarf diesen Gedanken aber sofort wieder.

«Das hat doch keinen Sinn, Mrs. Corda«, versuchte nun auch Henley, Marian zu beruhigen.»Was versprechen Sie sich denn davon, ihn zu erschießen? Ich gebe Ihnen mein Ehrenwort, daß er seine Strafe bekommen wird. Er wird den Rest seines Lebens im Gefängnis verbringen, das schwöre ich.«

«Das glaube ich eigentlich nicht«, sagte Ramos ruhig.

Beinahe gelassen trat er hinter Indiana hervor, ging auf Mari-an zu und blieb einen Schritt neben ihr stehen, als er ihre Nähe spürte. Indiana starrte ihn fassungslos an, und auch auf Reubens und Henleys Gesichtern erschien ein verblüffter, dann beinahe entsetzter Ausdruck.

«Was ist mit den Männern?«fragte Reuben.

Marian lächelte flüchtig.»Ich sagte doch — ich habe ihnen einen Kaffee gekocht. Ich schätze, daß sie noch mindestens zwei oder drei Stunden schlafen werden.«

«Marian …«, murmelte Indiana.»Was …«

«Das glaube ich einfach nicht«, flüsterte Reuben.»Das kann nicht Ihr Ernst sein!«

«Versuchen Sie lieber nicht, das herauszufinden«, sagte Ma-rian ruhig.

Reuben versuchte es auch gar nicht. Aber Henley. Blitzschnell und ohne jede Vorwarnung warf er sich vor und schlug nach Marians Arm. Sie wich dem Hieb aus, senkte ihre Waffe um eine Winzigkeit und jagte ihm eine Kugel in den Oberschenkel. Henley schrie auf, taumelte zurück und gegen das Ruder und brach mit schmerzverzerrtem Gesicht zusammen. Die Waffe in Marians Hand drehte sich blitzschnell herum und richtete sich auf Reuben, der nur einen Schritt auf sie zu gemacht hatte.

«Versuchen Sie es nicht«, sagte sie.»Bitte. Ich möchte niemanden verletzen. Aber ich werde es tun, wenn Sie mich dazu zwingen.«

Auch Reuben hob langsam die Hände und wich wieder ein Stück zurück. Auf seinem Gesicht mischten sich Schrecken und Verblüffung, aber es war ihm deutlich anzusehen, wie schwer es ihm fiel, wirklich zu glauben, was er da sah.

Marian deutete auf Henley.»Helfen Sie ihm.«

Während sich Reuben um seinen verwundeten Kollegen kümmerte, starrte Indiana Marian weiter fassungslos an. Sie hielt seinem Blick einen Moment lang stand, sah aber dann weg, wenn auch, ohne die Waffe zu senken. Indiana war nicht sicher, ob sie auf ihn schießen würde — aber er war auch nicht sicher, daß sie es nicht tat.

«Warum?«murmelte er.

«Warum?«wiederholte Marian, ohne ihn anzusehen. Sie lachte, sehr leise, sehr hart und sehr traurig.

«Was hat er dir versprochen?«fragte Indiana.»Dich zu Stan zu bringen? Das wird er nicht tun. Und wenn, dann wird er euch beide umbringen.«

«Stan?«Marian sah mit einem Ruck auf und blickte ihn nun doch an. Und plötzlich war in ihren Augen eine Härte, die Indiana erschreckte.»Stan?«wiederholte sie.»Stanley ist mir egal, Indy. Es ist mir gleich, ob Ramos ihn tötet oder am Leben läßt, ob er mit ihm teilt oder ihn davonjagt. Was weißt du schon!«

«Ich — «

«Nichts!«fiel ihm Marian ins Wort.»Du weißt wahrhaftig nicht, wie Stanley wirklich ist. Keiner von euch weiß das! Die letzten zehn Jahre mit ihm waren die Hölle! Oh, du denkst, du wüßtest alles über uns?«Wieder lachte sie.»Du weißt nichts, ebensowenig wie alle anderen. Ich habe die Blicke bemerkt, die sie mir zugeworfen haben, und ich habe gehört, wie sie hinter meinem Rücken getuschelt haben, wenn sie glaubten, ich merke es nicht. Aber es war nicht so schlimm, wie ihr alle dachtet. Es war schlimmer. Er hat mir alles gestohlen. Meine Familie. Meine Freiheit. Meine Jugend. Ich habe ihm die besten Jahre meines Lebens geopfert, und zum Dank hat er mich geschlagen und schlimmer behandelt als seinen Hund.«

«Und du glaubst jetzt, Ramos wäre besser?«

Marian machte ein abfälliges Geräusch.»Was interessiert mich Ramos. Wir sind Geschäftspartner, mehr nicht.«

«So wie Stan und er?«

«Stan hat ihn betrogen«, antwortete Marian so heftig, daß es fast wie ein Schrei klang.»Ich betrüge ihn nicht. Ich halte meinen Teil der Abmachung, und er wird seinen Teil halten. Es ist nicht viel, was ich will. Nicht genug jedenfalls, daß es sich lohnen würde, mich deswegen zu töten. Aber genug für mich.«

«Bitte, Marian«, sagte Indiana in fast flehendem Tonfall.»Komm zur Vernunft. Du weißt ganz genau, daß du Unsinn redest.«

«Unsinn?! Weil ich für die letzten zehn Jahre auch etwas haben will? Weil ich auch einmal etwas abkriegen möchte?«

«Und du glaubst, Geld könnte wiedergutmachen, was Stan dir angetan hat?«

«Nein«, antwortete Marian.»Aber ich kann ein neues Leben beginnen. Ein Leben ohne Angst und Demütigungen.«

«Mit Geld, das dir nicht gehört? Dann bist du nicht besser als Stanley.«

«Dann bin ich eben nicht besser als er«, antwortete Marian trotzig.»Warum sollte ich? Schließlich hat er Erfolg gehabt. Ihr habt doch alle gewußt, wie er ist. Ihr habt gewußt, woher sein Reichtum kam. Und ihr habt auch gewußt, wie er mich behandelt. Aber ihr habt mich verachtet, nicht ihn.«

«Aber das stimmt doch nicht«, rief Indiana.

«Genug!«mischte sich Ramos ein.»Sie werden später noch Gelegenheit genug haben, mit Mrs. Corda zu reden, Dr. Jones.«

«So?«fragte Indiana böse.»Haben Sie etwa vor, uns gemeinsam zu beerdigen?«

«Sie sollten Ihren Freunden glauben, Dr. Jones«, erwiderte Ramos spöttisch.»Ich habe wirklich nicht vor, Ihnen etwas zuleide zu tun. Nicht, solange Sie mich nicht dazu zwingen. Aber Sie werden uns begleiten. «Er lächelte.»Erinnern Sie sich an gestern abend, Dr. Jones? Sie fragten mich, warum ich zurückgekommen bin. Nun, jetzt werde ich Ihnen diese Frage beantworten. Ich bin eigens zurückgekommen, um Mrs. Corda zu holen. Und Sie.«

«Mich?«

«Ich brauche Sie, Jones«, sagte Ramos.»Ich gestehe es nur ungern ein, aber ich fürchte, ich bin an einem Punkt angelangt, an dem ich auf Ihre Hilfe angewiesen bin.«

«Sie sind ja verrückt«, sagte Indiana.

«Möglich«, antwortete Ramos gelassen.»Das hat man mir schon öfter nachgesagt. Aber ich lebe immer noch, während die meisten von denen, die diese kühne Behauptung aufgestellt haben, nicht mehr unter uns weilen. Das sollte Ihnen zu denken geben. Und bevor Sie weitere kostbare Zeit damit verschwenden, mir zu versichern, daß Sie mir ganz bestimmt nicht helfen werden, bedenken Sie bitte, daß sich Mr. Brody noch immer in meiner Gewalt befindet. Ganz egal aber, was Sie von mir halten — ich stehe zu meinem Wort. Helfen Sie mir, und ich lasse Mr. Brody und Sie gehen.«

«Und Reuben und seine Männer?«

Ramos zuckte mit den Achseln.»Für sie gilt dasselbe, was Mr. Reuben vorhin so treffend formulierte: Es wäre sehr unpraktisch, mit einem Dutzend Gefangener durch den Dschungel zu marschieren, nicht wahr?«